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GRASNELKEN UND KLIPPEN

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Loop Head, County Clare, Irland | 26. Mai | 20.55 Uhr

Dieses Bild zeigt das gleiche Motiv wie »Wintereinbruch« auf der vorherigen Seite. Der größte Unterschied zwischen den beiden Bildern ist (abgesehen von den Witterungsverhältnissen) mein Standpunkt. Der ungewöhnlich windstille Frühlingstag erlaubte es mir, mich sehr nahe am Klippenrand zu positionieren. Ein mulmiges Gefühl blieb trotzdem. Instabile Klippenränder und plötzliche Aufwinde haben schon so manches Opfer gefordert.

Ein Standpunkt nahe am Klippenrand war aber notwendig, um sicherzustellen, dass die farbenfrohen Blumen den Vordergrund und damit das Bild dominieren. Die Strand-Grasnelke ist weitverbreitet und findet sich nicht nur in Irland, sondern in vielen euro päischen Küstenregionen. Die Blume, die meist in kissenartigen Gruppen auftritt, blüht im späten Frühjahr in diversen Rosa-Schattierungen und verwandelt viele Küstenab schnitte in ein Blumenmeer.


Nikon D810 mit NIKKOR PC 24/3,5 | 24mm | ISO 64 | f/16 | 15s | Polfilter, Grauverlauffilter

Die eher trüben – typisch irischen – Wetterbedingungen sind hier von Vorteil: Der dunkle Himmel und das daraus resultierende ebenso dunkle Wasser heben die Farben der Blumen hervor und bringen diese regelrecht zum Leuchten. Blauer Himmel und Sonnenschein würden die Aufmerksamkeit von den kräftigen Farbtönen der Blumen ablenken und dem Bild eine komplett andere Botschaft verleihen.

Eine lange Belichtungszeit unterstützt die erwünschte Bildaussage. Die 15 Sekunden Belichtung geben dem aufgewühlten Wasser eine etwas weichere Erscheinung und bilden damit einen Kontrast zu den scharfen Konturen der Klippen und dem Vordergrund. Ein Nebeneffekt der Langzeitbelichtung ist außerdem, dass Wasser und Himmel eine ähnliche Struktur annehmen, was das Bild in zwei klar definierte Teile aufteilt: Klippen und Blumen auf der einen und Ozean und Himmel auf der anderen Seite.

Der Rest der Komposition ähnelt der in »Wintereinbruch«: Die Strand-Grasnelken leiten den Blick in das Bild, und die dahinter liegenden Klippen führen ihn weiter Richtung Horizont. Die Klippenwand auf der rechten Seite ist Geschmackssache. Ich hätte sie durch eine kleine Veränderung meines Standpunktes ausschließen können, aber so bildet sie den Teil eines Rahmens, der dem Bild ein abgeschlossenes, heimeliges Gefühl verleiht. Ohne die Klippenwand würde die Weite des Atlantiks in den Vordergrund treten und dem Bild eine offenere Atmosphäre verleihen.

Dies ist eines der Bilder, die sich nur durch Planen und Warten verwirklichen lassen: Die Strand-Grasnelke blüht jedes Jahr nur für einige Wochen. In dieser Zeit benötige ich einen windstillen Tag, um eine lange Belichtungszeit einsetzen zu können, ohne dass der Wind die Blumen verwackelt. Zu guter Letzt wäre da noch der Himmel, der bedeckt sein, aber dennoch ein wenig Struktur in der Wolkendecke aufweisen sollte. In diesem Falle bekam ich all das und als Bonus sogar noch den Ansatz eines Sonnenuntergangs am rechten oberen Bildrand, der ganz sanft die Farben der Blumen am gegenüberliegenden Bildrand imitiert.

Dieses Bild ist eines der wenigen, an denen ich nichts ändern würde. Es ist eine der Aufnahmen, bei denen alles – Licht, Farbe und Form – einfach passt.

Licht, Farbe und Form in der Landschaft

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