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WINTEREINBRUCH

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Loop Head, County Clare, Irland | 2. März | 12.04 Uhr

Verschneite Landschaften sind ein beliebtes Thema für Landschaftsbilder. Leider gibt es an der Westküste Irlands nur sehr wenige Möglichkeiten, sich mit diesem Thema zu befassen. Die Winter in Irlands Westen sind in der Regel nass, windig und mild. Jegliche Anzeichen von anständigem Winterwetter wie Frost, Eis oder gar Schnee sind selten und halten meist auch nicht lange vor.

An diesem Märzmorgen war meine Überraschung – trotz Warnungen in der Wettervorhersage – doch sehr groß, als ein Blick aus dem Fenster eine weiße Landschaft offenbarte und dunkle Wolken mehr Schnee versprachen.

Da man nie weiß, wie lange die weiße Pracht anhält, begnügte ich mich mit bekannten und bereits fotografierten Motiven, die schnell und einfach erreichbar waren. Die Wahl der ersten Location war außerdem auch stark von den Witterungsverhältnissen beeinflusst: Ein stürmischer Ostwind ließ nicht nur die gefühlte Temperatur in doppelstellige Minusgrade absinken, er wühlte außerdem den bereits gefallenen Schnee auf und brachte weitere, regelmäßige Schneeschauer mit sich. Mein Ziel war es also, den Wind im Rücken zu behalten. Das machte nicht nur das Fotografieren angenehmer, es vermied auch Schnee auf der Frontlinse des Objektivs. Feine Wassertropfen, wie z. B. von Gischt oder Nebel, bleiben auf dem fertigen Bild meist unsichtbar und führen im schlimmsten Fall zu einem Weichzeichnereffekt. Große Tropfen allerdings verzerren Teile des Bildes und machen dieses sehr oft unbrauchbar. Um ganz sicher Schneeflocken von der Frontlinse fernzuhalten, benutzte ich außerdem eine Sonnenblende und inspizierte das Glas vor jeder Aufnahme.

Was beim Betrachten des Bildes vermutlich als Erstes auffällt, ist der dominierende Vordergrund, der entgegen aller Regeln nichts wirklich Interessantes beinhaltet. Ich habe aber natürlich meine Gründe für diesen auf den ersten Blick langweiligen Vordergrund: Zum einen war es wegen des starken und böigen Windes sicherer, einen großen Abstand zum Klippenrand zu halten. Zum anderen war ich von den Formen fasziniert, die Schnee und Wind auf den Gräsern geschaffen hatten.

Es dauerte eine Weile, bis ich eine einigermaßen zufriedenstellende Bildkomposition fand, die den weiten Vordergrund und die Klippen in Relation setzte und gleichzeitig einen sicheren Standort für das Stativ bot. Der eisige Wind und der herumwirbelnde Schnee machten diesen Prozess nicht einfach. Das brachte mich schließlich auf die Idee, den Wind im Bild sichtbar zu machen, um dem Betrachter die alles andere als behaglichen Witterungsbedingungen zu vermitteln. Die Skulpturen aus Schnee und Gras zusammen mit den Schneewolken, die über den Klippenrand geblasen werden, wurden schließlich zum Hauptteil des Bildes. Die Klippen wurden zum Hintergrund, dessen einzige Aufgabe es ist, den Ort für den Betrachter zu beschreiben.

Das Canon 24 mm TS-E-Objektiv war zu dieser Zeit mein meistbenutztes Objektiv für die Landschaftsfotografie und es befand sich auch an diesem Tag auf der Kamera. Da ein Objektivwechsel in diesem Wetter unmöglich war, wurde das 24 mm ungeplant mein Objektiv der Wahl. Im Nachhinein stellte ich mir allerdings die Frage, ob die Wahl eines Objektivs mit einer etwas längeren Brennweite oder eine Komposition im Hochformat von Vorteil gewesen wäre. Beim Betrachten des Bildes liegt die Aufmerksamkeit nämlich vorwiegend auf der linken Bildhälfte, die rechte Bildhälfte wirkt ein wenig überflüssig. Nach etwa einer Stunde im eisigen Wind war ich allerdings froh, überhaupt ein Bild aufgenommen zu haben, und trat den Rückzug an.


Sony α7R II mit Canon TS-E 24/3,5 | 24mm | ISO 200 | f/16 | 1/160s

Licht, Farbe und Form in der Landschaft

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