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Motive finden

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Der größte und wichtigste Teil der Fotografie findet im Kopf des Fotografen statt: Am Anfang steht immer die Bildidee. Diese Idee überfällt einen aber selten aus dem Blauen heraus. Eine Reihe von Faktoren pflanzen, oft unbewusst, Eindrücke in den Kopf des Fotografen, und diese wachsen dann still und heimlich zur Bildidee heran.

Die Inspiration für eine Bildidee kann zum einen aus der Landschaft selbst kommen: Man sieht im Vorbeifahren eine malerische Bergkette oder findet beim Spazierengehen eine besonders schöne Blume. In solchen Momenten klickt es im Kopf des Fotografen und er weiß, dass er ein neues Motiv, eine neue Bildidee gefunden hat. Dieser spontane Funke an Kreativität resultiert leider nicht immer in einem guten Bild, denn nicht jede schöne Landschaft und nicht jede farbenfrohe Blume lässt sich auch in ein gutes Bild umsetzen. Zwischen guten und schlechten Motiven zu unterscheiden ist ein persönlicher Lernprozess, den man nie so richtig abschließt.

Eine große Quelle der Inspiration ist natürlich auch die Arbeit anderer Künstler. Zum Großteil sind das Fotografen. Es schadet aber auch nicht, sich in die Arbeit von Malern und Zeichnern zu vertiefen. Es geht hierbei nicht nur darum, neue Orte und neue Motive zu entdecken. Dafür sind Reise- und Naturführer und Landkarten hilfreicher. Es geht mehr darum, herauszufinden, wie andere Künstler ein Motiv in ein Bild umsetzen. Für mich war und ist das Studieren von Fotografien und Malereien ein unentbehrlicher Lernprozess und Quelle für Ideen. Ich kann immer noch Stunden damit zubringen, in Bildbänden anderer Fotografen oder klassischer Maler zu schmökern. So richtig interessant wird es aber erst, wenn es darum geht, diese Ideen in eigene und einzigartige Bilder zu verwandeln.

In den meisten Lehrbüchern wird großer Wert auf das Planen eines Bildes gelegt. Nachdem man sein Motiv entdeckt hat, findet man als Erstes den besten Standpunkt, d. h. den Punkt in der Landschaft, von dem aus gesehen das Motiv am eindrucksvollsten wirkt. Hat man diesen gefunden, muss man herausfinden, wie sich die Szenerie in den verschiedenen Jahreszeiten und unter verschiedenen Witterungsbedingungen präsentiert und an welchen Stellen und zu welcher Uhrzeit die Sonne im Jahresverlauf auf- und untergeht. Spezialisierte Apps, wie z. B. TPE oder Photopills, sind hier bei der Planung sehr hilfreich. Bei Küstenmotiven sollte man außerdem die lokalen Gezeiten in die Planung mit einbeziehen. Basierend auf diesen Informationen gilt es dann zu entscheiden, wann das Motiv im wahrsten Sinne des Wortes im besten Licht erscheint. Dann beginnt das Warten. Es können Tage, Wochen, Monate und manchmal sogar Jahre vergehen, bis sich die perfekten Verhältnisse einstellen. Die Belohnung ist dann in der Regel ein außergewöhnliches Bild.

Leider ist diese Vorgehensweise nicht immer praktisch. Viele Jahre lang habe ich mich an die gerade beschriebene klassische Vorgehensweise gehalten, bis mir der Abgabetermin für mein drittes Buch einen Strich durch die Rechnung machte. Ich hatte ein Jahr, um 300 Bilder aus den verschiedenen Gegenden Irlands abzuliefern. Ein ganzes Jahr klang am Anfang noch sehr lang; bei dem unvorhersehbaren irischen Wetter werden aus einem Jahr aber ganz schnell ein paar kurze Monate, in denen man tatsächlich fotografieren kann. Für mich hieß das, ich musste meine Bildidee dem vorherrschenden Licht und Wetter anpassen. Das Resultat war nicht immer ein Meisterwerk, der Lerneffekt war allerdings enorm. In perfekten Verhältnissen ist es einfach, ein gutes Bild zu machen. Mit goldenem Abendlicht oder unter rot glühenden Wolken ist eine gute Aufnahme nahezu sicher. Grauer Himmel, Regen und Wind dagegen fordern den Fotografen heraus, über den Tellerrand der perfekten Verhältnisse hinaus zu denken und sich auf weniger offensichtliche, unerwartete und sogar unerwünschte Bildinhalte zu konzentrieren. Aus diesen Situationen können sehr stimmungsvolle Bilder entstehen, die auch nach Jahren nichts von ihrer visuellen Kraft einbüßen. Es sind oft diese Situationen, die dem Fotografen helfen, einen eigenen Stil zu entwickeln und sich visuell von der Arbeit anderer Fotografen abzusetzen.

Für mich ist es inzwischen zur Gewohnheit geworden, unabhängig von den Wetterverhältnissen und ohne detailliertes Vorausplanen zu fotografieren. Dunkle Wolken, grauer Himmel, Nieselregen und Hagelschauer haben ihren ganz eigenen Charme. Das heißt allerdings nicht, dass ich nach Wetter und Sonnenstand geplante Foto-Exkursionen ganz aufgegeben habe. Natürlich freue ich mich über den gelegentlichen farbenfrohen Sonnenuntergang oder die weißen Schäfchenwolken auf blauem Himmel. Ich gehe nur etwas offener und anpassungsfähiger an meine Fotografie heran.

Licht, Farbe und Form in der Landschaft

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