Читать книгу Licht, Farbe und Form in der Landschaft - Carsten Krieger - Страница 11
Objektive
ОглавлениеAußer der Kamera (und dem Fotografen) beeinflusst natürlich auch das Objektiv die Bildwirkung. Das Objektiv bestimmt den Bildausschnitt und die Sichtweise, die wiederum einen großen Einfluss auf die Aussage und die Stimmung des Bildes haben. Wie Kameras, so lassen sich auch Objektive in Gruppen einteilen, und diese Einteilung erfolgt aufgrund der Brennweite. Die Brennweitenangabe ist über die Jahre zum Synonym des vertikalen, horizontalen und diagonalen Bildwinkels geworden. Dieser gibt – sehr vereinfacht gesagt – an, welcher Ausschnitt des Motivs, das vor dem Objektiv liegt, auf dem Sensor abgebildet wird. Weitwinkelobjektive (16–35 mm) haben einen weiten Bildwinkel, Normalobjektive (35–60 mm) entsprechen etwa dem Sichtfeld des menschlichen Auges, und Teleobjektive (ab 60 mm) haben einen schmalen Bildwinkel. In der Praxis hat das eine Reihe von Auswirkungen auf das Bild.
Am offensichtlichsten ist die optische Veränderung des Motivs. Beim Einsatz von Weitwinkelobjektiven erscheinen Objekte im Vordergrund deutlich größer, als sie wirklich sind. Gleichzeitig scheinen alle Objekte im Hintergrund zu schrumpfen. Weitwinkelaufnahmen beruhen deshalb sehr auf der Gestaltung des Vordergrundes, und der Hintergrund wird eher zur Nebensache.
Normalbrennweiten, die leider immer weniger in der Landschaftsfotografie eingesetzt werden, bilden das Motiv sehr realitätsnah ab. Das Größenverhältnis zwischen Vorder-, Mittel- und Hintergrund erscheint in etwa so, wie das menschliche Auge es wahrnimmt, und die drei Bildebenen nehmen einen fast gleichwertigen Stellenwert ein. Das wiederum macht eine erfolgreiche Bildkomposition schwieriger, da man sich um sehr viel mehr Bildelemente und deren Anordnung und Rolle in der Bildaussage kümmern muss.
Während Weitwinkelobjektive die Landschaft weiter und tiefer erscheinen lassen, haben Teleobjektive den genau gegenteiligen Effekt. Teleobjektive komprimieren die Landschaft: Vorder-, Mittel- und Hintergrund scheinen näher zusammenzurücken. Der Einsatz von Teleobjektiven in der Landschaftsfotografie ist am erfolgreichsten von einem erhöhten Standpunkt aus, und die Komposition beruht häufig auf einfachen grafischen Elementen.
Die drei Objektivgruppen – Weitwinkel-, Normal- und Teleobjektive – unterscheiden sich außerdem in der Wiedergabe der Schärfentiefe. Auch das wird in der Einleitung von Kapitel 4, »Kleine Landschaften«, ab Seite 103 eingehender erläutert.
Ein Thema, das immer wieder heiß diskutiert wird, sind die Vor- und Nachteile von Zoomobjektiven und Festbrennweiten. Das Argument, dass Festbrennweiten eine bessere Bildqualität bieten, ist heutzutage kaum noch zutreffend. Größe und Gewicht gleichen sich meist aus, es macht keinen großen Unterschied, ob man zwei bis drei Festbrennweiten oder ein Zoomobjektiv mit sich herumschleppt. Die Entscheidung ist also praktischer und persönlicher Natur. Zoomobjektive sind in vielen Situationen von Vorteil. Zum Beispiel sind in den Bergen mit einigen Hundert Metern freiem Fall vor mir und einer Steilklippe hinter mir meine Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt. Mit einem Zoom kann ich den Bildausschnitt trotzdem verändern, ohne mich bewegen zu müssen. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich bei schlechtem Wetter keinen oder nur sehr selten einen Objektivwechsel vornehmen muss. Dadurch minimiere ich die Gefahr, dass Wasser oder Staub in die Kamera gelangen.
Auf der anderen Seite bringen Festbrennweiten einen gewissen Lernfaktor. Die Beschränkung auf eine Brennweite zwingt den Fotografen, sich eingehender mit dem Motiv zu beschäftigen. Die Notwendigkeit, sich selbst zu bewegen, um den Bildausschnitt zu verändern, führt häufig zu einer völlig neuen und unerwarteten Sichtweise und Bildgestaltung. Natürlich sollte man auch mit einem Zoomobjektiv das Motiv aus allen Winkeln erforschen. In der Praxis beschränkt man sich jedoch tatsächlich oft auf die Zoomfunktion des Objektivs. Vielen Fotografen bereitet es außerdem mehr Spaß, mit Festbrennweiten zu arbeiten.
Ein 24–70-mm- und ein 70–200-mm-Objektiv bilden die Basis für die meisten Fotografen. Mit den Brennweiten von 24 mm bis 200 mm lassen sich viele verschiedene Motive realisieren – vom weiten Panoramablick bis zu Details in der Landschaft. Mit einem 16–35-mm-Objektiv kann man dann in den Weitwinkelbereich vordringen oder mit einem 100–400 mm den Telebereich eingehender erforschen. Die klassische Kombination aus 24–70 mm und 70–200 mm (oder eine Kombination aus Festbrennweiten, bestehend aus 24 mm, 50 mm, 90 mm und 135 mm) ist aber meist ausreichend.