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Langzeitbelichtung

Wie im Vorwort erwähnt, waren lange Belichtungszeiten früher ein notwendiges Übel. Heute sieht das sehr viel anders aus. Die Technik der Langzeitbelichtung wird oft und gerne als kreatives Stilmittel eingesetzt, um Bewegung zu akzentuieren oder zu eliminieren.

Was man als lange Belichtungszeit anerkennen kann, beginnt in etwa mit der Dauer von einer 1/2 Sekunde. Nach oben hin ist der Belichtungszeit theoretisch keine Grenze gesetzt. In der Praxis bewegt man sich aber meist im Minutenbereich, da bei Digitalkameras die Gefahr der Überhitzung besteht. Bildrauschen kann ebenfalls ein Problem bei langen Belichtungszeiten darstellen. Umgehen lässt sich dieses Problem, indem man mehrere Bilder in der Nachbearbeitung zusammenfügt. In der analogen Fotografie besteht dieses Problem nicht.

Langzeitbelichtung von Wasser

Am häufigsten wird die Langzeitbelichtung in Zusammenhang mit Wasser eingesetzt. Flüsse, Wasserfälle, das Meer sowie Regen und Schnee lassen sich mithilfe von längeren Belichtungszeiten in Szene setzen. Die passende Belichtungszeit hängt zum einen vom gewünschten Effekt ab, zum anderen von der Menge und Bewegung des Wassers. Um Regen oder Schnee in feine, kurze Striche zu verwandeln, genügt meist schon der Bruchteil einer Sekunde, 0,3 bis 0,6 Sekunden bringen oft die besten Ergebnisse; längere Belichtungszeiten lassen den Niederschlag verschwinden. Bei schnell fließenden Flüssen und Wasserfällen ist in der Regel schon eine Belichtungszeit um 1 Sekunde genug, um dem Wasser eine weiche, nebelartige Gestalt zu verleihen. Die gleiche Belichtungszeit in Zusammenhang mit einem aufgewühlten Ozean lässt das Wasser zwar etwas weicher erscheinen, zeigt aber immer noch deutlich die Bewegung der Wellen. Erst bei Belichtungen im zweistelligen Sekundenbereich beginnt das Meer, sanft und glatt zu erscheinen. Welcher Effekt der richtige ist, hängt vom persönlichen Geschmack und der Bildaussage ab, die man anstrebt. Möchte man die Kraft des Wassers hervorheben, sollte die Bewegung der Wassermassen noch sichtbar sein; möchte man einen romantischen, träumerischen Effekt erhalten, ist es angebracht, das fließende Wasser in ein Nebelmeer zu verwandeln. In der Küstenfotografie hilft eine lange Belichtungszeit auch, z. B. Klippen vom Wasser zu differenzieren und hervorzuheben. Für das menschliche Auge haben Klippen und wogendes Wasser eine ähnliche Struktur. Durch eine Langzeitbelichtung verändert man die Struktur des Wassers: Man macht es weicher und lenkt so die Aufmerksamkeit auf die Klippen (siehe auch Seite 27, 40, 61).


Canon 5D 1118mm ISO 100 | f/22| 1,3s I Graufilter

Weitere Einsatzbereiche der Langzeitbelichtung

Ein weiteres Einsatzgebiet der Langzeitbelichtung ist die Nachtfotografie. Lange Belichtungszeiten ergeben sich hier von selbst. Möchte man den Sternenhimmel beispielsweise mit punktförmigen Sternen abbilden, sollte man die Belichtungszeit unter 20 Sekunden halten. Durch die Erddrehung verwandeln sich die Sterne sonst schnell in Striche, Sternspuren. Für ein richtiges Sternspurfoto hingegen sollte man mindestens eine halbe Stunde, besser noch einige Stunden einplanen. Wie eingangs erwähnt, lässt sich ein Bild wie dieses kaum mit einer einzigen Belichtung verwirklichen. Stattdessen nimmt man eine Reihe von Einzelbildern mit Belichtungszeiten um 1 Minute auf und fügt diese dann in der Nachbearbeitung zu dem endgültigen Bild zusammen.

Den kreativen Möglichkeiten der Langzeitbelichtung sind keine Grenzen gesetzt. Bewegungsunschärfe in der Tierfotografie setzt die Geschwindigkeit des Tieres in Szene. Bewegungsunschärfe in der Landschaft, z.B. im Laub eines Baumes oder den Gräsern einer Wiese, beschreibt einen windigen Tag. Eine im Wind wogende Blumenwiese kann zu einem abstrakten Farbenmeer werden. Willkürliche Kamerabewegungen während der Belichtung haben einen ähnlichen Effekt auf alle möglichen Motive. Außerdem kann eine längere Belichtungszeit unerwünschte Störfaktoren – in der Regel Personen, die durch das Bild laufen – verschwinden lassen. Feste Regeln gibt es hier keine, und es empfiehlt sich, mit verschiedenen Belichtungszeiten zu experimentieren.

Hilfsmittel für eine Langzeitbelichtung

Um eine erfolgreiche Langzeitbelichtung durchzuführen, benötigt man einige Hilfsmittel. Zum einen ist ein stabiles Stativ unumgänglich, um jegliche Bewegung der Kamera während der Belichtung auszuschließen. Ein kabelgebundener oder kabelloser Fernauslöser ist ebenfalls empfehlenswert, um eine Berührung der Kamera zu vermeiden, die Vibration und damit Unschärfe hervorrufen könnte.

Um den Tages- und Nachtanbruch herum sind lange Belichtungszeiten ein Nebenprodukt der Lichtverhältnisse, daher genügt in der Dämmerung oft schon eine kleine Blende und/oder eine niedrige ISO-Einstellung, um Belichtungszeiten von mehreren Sekunden bis zu einer Minute zu erreichen. Sollte dies nicht genug sein, ist ein Graufilter notwendig. Graufilter, auch Neutraldichtefilter oder ND-Filter genannt, sind in verschiedenen Stärken erhältlich. Sie halten einen Teil des Lichtes zurück, das auf den Bildsensor fällt, und zwingen die Kamera so zu einer längeren Belichtungszeit. Ein unerwünschter Nebeneffekt dieser Filter, besonders bei billigen Varianten, können Farbstiche sein. Aber auch die langen Belichtungszeiten selbst können den Weißabgleich der Kamera verwirren und zu Farbstichen oder einer unnatürlichen Farbwiedergabe führen. Diese lassen sich aber in der Regel durch eine manuelle Einstellung des Weißabgleichs vor Ort vermeiden oder in der Nachbearbeitung entfernen.


Das passiert, wenn man an einem windigen Tag Blumen fotografiert und nicht aufpasst: Selbst bei 1/200 s gibt es schon Bewegungsunschärfe.

Licht, Farbe und Form in der Landschaft

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