Читать книгу Familiengeheimnis - Catherine St.John - Страница 5
Kapitel 3
Оглавление„Noch einen Brandy?“, fragte Edmund, der jüngste Sohn des Earl of Rodham. Sein Gegenüber bedankte sich, wirkte aber geistesabwesend.
„Und du fährst morgen wirklich aufs Land, Seb? Wozu bloß, vor dem Ende der Saison? Für die Jagd hast du doch ohnehin kein Faible?“
Sebastian Herrion, der elfte Baron Hertwood, zuckte die Achseln und genehmigte sich einen kleinen Schluck. „Sehr guter Tropfen, das. Alte Schmuggelware, was?“
„Durchaus vorstellbar, wenn man an meinen alten Herrn denkt“, grinste der Gastgeber. „Aber jetzt sag schon – was zum Henker willst du in der Wildnis von Kent?“
„Wildnis? Dazu ist London dann wohl doch zu nahe. Ich brauche einfach ein paar Tage Abstand von London.“
„Nicht sehr überzeugend, Seb. Ach – jetzt weiß ich´s – du suchst eine Frau! Aber zum Henker, London ist voll von wunderschönen Mädchen, reich und vornehm, dazu musst du doch nicht zwischen Misthaufen und Weidezäunen suchen!“
„Edmund, hör auf damit, du gehst mir auf die Nerven.“
Tatsächlich ließ Lord Edmund Wyley von diesem Thema ab. Er kannte seinen Freund, der zwar meistens sehr gelassen und mit Humor auf freundschaftlichen Spott reagierte, aber durchaus deutlich machen konnte, wo für ihn die Grenze lag. Ein im Grunde ernster Mann. Vernünftig, ohne Neigung zu Exzessen. Sehr zuverlässig. Ein guter Freund, sowohl für Edmund selbst als auch für Lucas und Ben.
„Dann bleibt mir wohl nichts, als dir gute Reise zu wünschen und das Thema zu wechseln?“
„Ganz recht. Sehr klug von dir. Hast du von Anna gehört?“
„Oh ja. Gerüchten zufolge ist bereits der Ersatzerbe auf dem Weg. Offenbar kommt sie mit ihrem William gut zurecht. Meine Mutter ist schon ganz selig. Dafür wirft sie Richard zurzeit sehr strenge Blicke zu.“
Richard, der älteste Sohn und Erbe des Earls, war seit Jahren verheiratet und bereits Vater von drei Töchtern.
„Er soll wohl endlich einen Erben zeugen?“
„Besser zwei, du kennst das ja. Und für den zweiten hätten wir natürlich noch den Besitz im Norden.“
Sebastian nickte gedankenvoll. Diese Überlegungen passten verblüffend gut zu seinen eigenen Plänen.
„Wie geht es denn deiner Familie?“, fragte Edmund nun zurück.
„Viel Familie habe ich ja nun nicht mehr“, war die trübsinnige Antwort. Sebastians ältere Schwester war vor wenigen Jahren mit ihrem Gemahl bei einem Schiffbruch im Kanal ums Leben gekommen. Ihr kleiner Sohn lebte nun bei seiner jüngeren Schwester Cecilia in Berkshire.
„Aber ich werde Cecilia und den kleinen Paul besuchen. Wenn ich ohnehin in Kent bin, ist es ja nur noch ein Katzensprung…“
Verflixt, er hätte diesen Besuch von vorneherein als Grund vorschieben sollen! Und Edmund grinste ihn so wissend an, als könnte er seine Gedanken lesen…
Energisch wechselte er das Thema und kritisierte die Politik Lord Liverpools.
Am nächsten Morgen bestieg er seinen Phaeton, vor dem vier Graue schon unruhig tänzelten, nahm die Zügel, während sein Groom hinten aufstieg und sich seinen Platz neben dem Mantelsack suchte, und gab einen schnalzenden Laut von sich. Butler, Kammerdiener und Stallknecht sahen voller Bewunderung zu, wie präzise Seine Lordschaft die enge Kurve auf die Straße hinaus nahm, und kehrten dann ins Haus zurück, wo Benton, der Diener, seinem Kummer wortreich Ausdruck verlieh: „Wer wird seine Garderobe in Ordnung halten? Seine Stiefel polieren? Seine Krawatte binden? Wie soll er ohne mich nur angemessen auftreten? Was wird man von ihm denken?“
Mick, der Stallknecht, schnaubte. „Als ob Seine Lordschaft zu dämlich wäre, sich selbst anzukleiden! Kriegen Sie sich bloß wieder ein, Benton.“
Der Butler räusperte sich. „Seine Lordschaft wird Freunde besuchen, dort wird man sich schon angemessen um ihn kümmern können. Und – Mick, wer hat dich eigentlich geheißen, ins Haus zu kommen?“
Mick verbeugte sich und kehrte in übler Laune in die Stallungen zurück. Barry durfte immer mit, wenn der Lord verreiste – und er? Er saß hier und wurde von den steifen Gestalten im Haus von oben herab behandelt! Na, so war´s wohl immer… hoffentlich hatte er etwas Stroh und Pferdemist in der Halle auf dem spiegelblanken Marmorboden verloren…