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Kapitel eins

Besser als vorher

Seattle, Washington

Januar 1875 bis November 1942

„Lieber Al! Herzlichen Glückwunsch zu deinem Sohn. Mutter und Kind sind wohlauf. Umstände viel besser als vorher. Lucille lässt schön grüßen.“

— Telegramm von Delores Hall an Al Hendrix

Jimi Hendrix wurde 1942 einen Tag nach Thanksgiving geboren. Die Ankunft des dreitausendneunhundert Gramm schweren Babys wurde von allen als Gottesgeschenk zu Thanksgiving betrachtet. Als seine Tante dem Vater die frohe Botschaft telegrafierte, schrieb sie unter anderem: „Umstände viel besser als vorher.“ Die Bemerkung könnte auch als Motto der Geschichte der Familie Hendrix bis zu jenem Zeitpunkt und im weiteren Sinn auch als hoffnungsfrohe Zusammenfassung der Erfahrungen von Afroamerikanern in den Vereinigten Staaten verstanden werden: Lange Zeit hatte es sehr schlecht ausgesehen, und vielleicht durfte die neue Generation auf eine bessere und gerechtere Welt hoffen. Jimis Verwandte sowohl väterlicher- wie auch mütterlicherseits feierten seine Geburt als Neuanfang. „Er war das süßeste Baby, das man sich vorstellen kann“, erinnert sich Tante Delores Hall. „Er war ein echter Schatz.“

Jimi wurde im Kreißsaal des King County Hospital, des späteren Harborview, in Seattle, Washington, geboren. Vom Krankenhaus aus hatte man einen majestätischen Blick über den großen natürlichen Hafen von Puget Sound. Seattle entwickelte sich 1942 mit zirka dreihundertfünfundsiebzigtausend Einwohnern zu einer der wichtigsten amerikanischen Hafenstädte an der Pazifikküste. In den Kriegsjahren war es eine aufstrebende Industriestadt, in deren Werften Schiffe für die Marine produziert wurden und in der die Boeing Airplane Company die B-17-Bomber in Massenproduktion herstellte, mit denen die Alliierten schließlich den Krieg gewannen. 1942 wurde in den Fabriken rund um die Uhr gearbeitet, und durch den ungeheuren Zustrom von Arbeitern dehnte sich die Stadt aus, was auch deren ethnische Zusammensetzung unwiderruflich veränderte. Bei der Volkszählung 1900 waren nur vierhundertsechs Einwohner Seattles als schwarz gemeldet, was nur einem halben Prozent der Bevölkerung entsprach. In den zehn Jahren zwischen 1940 und 1950 stieg die Zahl der afroamerikanischen Einwohner aufgrund des kriegsbedingt erhöhten Bedarfs an Arbeitskräften und der damit einhergehenden Migration aus dem Süden sprunghaft auf fünfzehntausendsechshundertsechsundsechzig an, und Schwarze bildeten die größte ethnische Minderheit Seattles.

Weder Jimis Mutter noch sein Vater gehörten zu den während des Kriegs Zugezogenen, aber der Zweite Weltkrieg sollte dennoch eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielen. Zur Zeit von Jimis Geburt war sein damals dreiundzwanzigjähriger Vater Al Soldat der US-Army und in Fort Rucker, Alabama, stationiert. Al hatte seinen befehlshabenden Offizier um Vaterschaftsurlaub gebeten, um nach Seattle fahren zu können, doch dieser wurde ihm verweigert und er stattdessen eingebuchtet. Seine Vorgesetzten begründeten dies damit, dass sie davon überzeugt seien, er würde sich andernfalls unentschuldigt von der Truppe entfernen, um der Niederkunft seiner Frau beizuwohnen. Al befand sich im Militärgefängnis, als das Glückwunschtelegramm seiner Schwägerin eintraf. Später reichte er Beschwerde ein, weil weiße Soldaten in vergleichbaren Situationen Urlaub bekommen hatten, aber sein Protest stieß auf taube Ohren. Al bekam seinen Sohn erst zu Gesicht, als dieser bereits drei Jahre alt war.

Jimis Mutter, Lucille Jeter Hendrix, war bei seiner Geburt erst siebzehn Jahre alt. In der Woche, in der Al zum Militärdienst eingezogen wurde, stellte Lucille fest, dass sie schwanger war. Sie heirateten am 31. März 1942 im King County Courthouse. Die Zeremonie wurde von einem Friedensrichter geleitet, und sie verbrachten nur drei Tage zusammen als Mann und Frau, bevor Al in See stach. Am Abend vor seiner Abreise feierten sie im Rocking Chair, einem Club, in dem später Ray Charles entdeckt werden sollte. Lucille hatte noch nicht das Alter erreicht, in dem ihr der Genuss von Alkohol gestattet war, doch in den Kriegswirren störte das die Barkeeper nicht. Das Paar trank auf eine ungewisse Zukunft und auf Als unversehrte Rückkehr.

Der schicksalhafte Umstand, dass Al fünftausend Kilometer entfernt war, als das erste Kind des frisch verheirateten Paars zur Welt kam, hinterließ eine Wunde, die während der gesamten Ehe von Al und Lucille nicht heilte. Ihre Trennung war in den turbulenten Zeiten des Zweiten Weltkriegs natürlich nicht ungewöhnlich. Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor im Dezember 1941 breitete sich verzweifelte Anspannung in Seattle und anderen Städten der Westküste aus, wo die Angst vor einem erneuten japanischen Angriff das Leben tausender vom Krieg auseinander gerissener Familien bestimmte. Am Tag vor Als und Lucilles Hochzeit wurden in Seattle als erster amerikanischer Stadt japanischstämmige Amerikaner versammelt und in Internierungslagern untergebracht. Zum Schluss wurden insgesamt zwölftausendachthundertzweiundneunzig Personen japanischer Abstammung im Staat Washington inhaftiert, darunter auch Freunde und Nachbarn des Paars.

Doch die Beziehung zwischen Al und Lucille wurde nicht nur durch die Kriegsereignisse belastet. Al war klein, aber hübsch, während Lucille eine außergewöhnliche jugendliche Schönheit ausstrahlte, nach der sich die Leute auf der Straße umdrehten. Abgesehen von ihrem Kind, hatten die beiden kaum etwas gemeinsam, worauf sich eine Ehe hätte aufbauen lassen. Beide stammten aus äußerst armen Familien, und Al verließ Seattle mit dem Wissen, dass er nur wenig tun konnte, um Ehefrau und Kind zu ernähren. Ihre Romanze war von kurzer Dauer gewesen – die Ehe wurde von ihren Freunden und ihrer Familie, wenn überhaupt, gerade so gebilligt. Als werdende junge Mutter stand Lucille aufgrund ihres Alters, ihrer Hautfarbe, ihrer sozialen Herkunft und finanziellen Situation vor enormen Schwierigkeiten. Und gerade Lucilles Armut war ausschlaggebend für ein tiefes Misstrauen, das in Al Hendrix wuchs und ihn später veranlasste, an ihrer Loyalität, Treue und seiner Vaterschaft zu zweifeln.

* * *

Vaterschaft und Abstammung waren in der Familie Hendrix bereits seit Generationen heikle Themen. Die Familiengeschichte spiegelte insofern die vieler Nachfahren von Sklaven, als nur sehr wenig darüber in den Annalen der Weißen zu finden war. Jimi Hendrix war der erste schwarze Rockmusiker, der ein vornehmlich weißes Publikum anzog, aber seine eigene ethnische Abstammung war vielfältig, und zu seinen Vorfahren gehörten Indianer und afrikanische Sklaven ebenso wie weiße Sklavenbesitzer.

Jimis Großvater mütterlicherseits war Preston Jeter, geboren am 14. Juli 1875 in Richmond, Virginia. Seine Mutter war Sklavin gewesen, und wie viele ehemalige Sklavinnen in Richmond behielt sie nach dem Bürgerkrieg ihre frühere Stelle als Haushaltshilfe. Prestons Vater war der ehemalige Besitzer seiner Mutter, obwohl nicht bekannt ist, ob Preston das Ergebnis einer Vergewaltigung oder eines einvernehmlichen Akts war – sofern davon im Rahmen einer Beziehung zwischen Sklavin und Herrn überhaupt die Rede sein kann. Nachdem er als junger Mann Zeuge eines Lynchmords geworden war, beschloss Preston, den Süden zu verlassen. Er ging in den Nordwesten, wo die Lebensumstände für Schwarze, wie er gehört hatte, besser sein sollten.

Preston war fünfundzwanzig Jahre alt, als er in Roslyn, Washington, einer kleinen Bergarbeiterstadt einhundertdreißig Kilometer östlich von Seattle in den Cascade Mountains, eintraf. In Roslyn kam es jedoch zu rassistischen Ausschreitungen, die denen des Südens kaum nachstanden. Die Geschäftsführer der Bergbaufirma hatten Afroamerikaner als Streikbrecher gegen die weißen Minenarbeiter eingesetzt. Der County Sheriff schrieb an den Gouverneur und warnte ihn: „Es gibt Verbitterung gegen die Neger. Ich fürchte, es wird Blut fließen.“ Eine Reihe rassistisch motivierter Morde folgte. „Mord ist an der Tagesordnung“, bemerkte ein Einwohner der Stadt.

Um 1908 wurden Afroamerikaner im Allgemeinen toleriert, wenn nicht gar akzeptiert, sie waren inzwischen fester Bestandteil der Bevölkerung Roslyns geworden. Ein Foto aus jenem Jahr zeigt Preston inmitten einer Gruppe schwarzer Bergarbeiter vor dem einzigen Saloon, der ihnen Zutritt gewährte: Big Jim E. Sheppersons Color Club. Dennoch blieb Rassismus an der Tagesordnung, und als eine Mine explodierte und fünfundvierzig Männer, darunter zahlreiche Afroamerikaner, getötet wurden, erlaubten die Weißen nicht, sie auf dem städtischen Friedhof zu beerdigen. Später entstanden in der Stadt vierundzwanzig verschiedene Friedhöfe, für jede ethnische Minderheit und Glaubensgemeinschaft einer.

Nachdem er zehn Jahre in Roslyn verbracht hatte, zog Preston nach Newcastle, Washington, wo er ebenfalls im Bergbau tätig war. 1915 verschlug es ihn dann nach Seattle, wo er als Landschaftsarchitekt arbeitete. Bereits in seinen Vierzigern angekommen, hoffte er nun, endlich eine Frau zu finden. Im Seattle Republican stieß er auf die Anzeige einer jungen Frau, die einen Ehemann suchte.

* * *

Die Frau, welche die Anzeige aufgegeben hatte, war Clarice Lawson, die Großmutter von Jimi Hendrix mütterlicherseits. Clarice war 1894 in Little Rock, Arkansas, geboren worden. Wie bei vielen Afroamerikanern in Arkansas gehörten zu ihren Vorfahren sowohl Sklaven wie auch Cherokee. Clarice erzählte ihren Kindern, die Regierung der Vereinigten Staaten hätte ihre indianischen Vorfahren verfolgt, bis diese von Sklaven versteckt worden seien, die sie teilweise auch geheiratet hätten.

Clarice hatte vier ältere Schwestern, und die fünf Lawson-Töchter reisten regelmäßig ins Louisianadelta, um Baumwolle zu pflücken. Auf einer dieser Fahrten wurde Clarice, die damals zwanzig Jahre alt war, vergewaltigt. Als sie später feststellte, dass sie schwanger war, brachten ihre Schwestern sie rasch in den Westen und suchten einen Ehemann für sie. Sie entschieden sich für Washing­ton, nachdem sie von Bahnarbeitern gehört hatten, dass Schwarze in dieser Region bessere Chancen hätten.

In Seattle schalteten sie eine Anzeige, mit der sie einen Ehemann suchten, wobei sie die Schwangerschaft von Clarice nicht erwähnten. Preston Jeter meldete sich, und obwohl er neunzehn Jahre älter war als Clarice, begannen sie, miteinander auszugehen. Als die Schwestern von Clarice auf eine baldige Hochzeit drängten und Preston einen bestimmten Geldbetrag als Mitgift boten, wurde er misstrauisch und beendete die Beziehung. Clarice bekam das Kind und gab es zur Adoption frei. Die Schwestern boten Preston daraufhin noch mehr Geld, wenn er die nun trauernde Clarice heiraten würde. Er willigte ein, und sie wurden 1915 getraut. Obwohl die Ehe bis zu Prestons Tod dreißig Jahre später hielt, wurde die Beziehung durch die ungewöhnlichen Umstände, unter denen sie einander kennen gelernt hatten, belastet.

Sowohl Preston als auch Clarice waren in den Nordwesten gekommen, weil sie an einem Ort ein neues Leben anfangen wollten, an dem die Hautfarbe eine geringere Rolle spielte als anderswo. Bis zu einem gewissen Grad war das in Seattle durchaus der Fall, wo es immerhin die ausschließlich Weißen vorbehaltenen Trinkwasserbrunnen des rassistischen Südens nicht gab. Im Nordwesten jedoch stießen Afroamerikaner auf eine weniger offensichtliche Form der Diskriminierung, die sie dennoch stark in ihren Möglichkeiten einschränkte. In Seattle lebten Afroamerikaner beinahe ausschließlich in einer Gegend namens Central District, sechseinhalb Quadratkilometer, auf denen sich die ältesten und heruntergekommensten Häuser der Stadt fanden. Außerhalb dieses Viertels vermieteten Hauseigentümer selten an Afroamerikaner, und in vielen Gemeinden war Schwarzen der Kauf von Immobilien gesetzlich verboten.

Obwohl sie die freie Wahl des Wohnorts einschränkte, hatte die faktische Rassentrennung in Seattle auch Vorteile für Schwarze. Im Central District entwickelte sich eine enge Gemeinschaft mit starkem nachbarschaftlichem Zusam­menhalt, was den ethnischen Stolz der Einwohner beförderte. „Es war eine kleine Gemeinschaft. Wenn man jemanden nicht kannte, kannte man mindestens jemanden aus seiner Familie“, erinnert sich Betty Jean Morgan, die ihr Leben lang dort gelebt hat. In dem Viertel waren außerdem amerikanische Ureinwohner, Chinesen, Italiener, Deutsche, Japaner und Filipinos zu Hause. In den Schulen traf sich ein Mischmasch aller möglichen Abstammungen. Es gab so viele ethnische und religiöse Minderheiten – das Viertel war außerdem Zentrum des jüdischen Lebens der Stadt –, dass sich ein damals in den gesamten Vereinigten Staaten einzigartiges multikulturelles Gefüge entwickelte. Die Historikerin Esther Hall Mumford gab ihrem Buch über die Geschichte des schwarzen Seattle den Titel Calabash, in Anspielung auf die afrikanische Tradition, alle möglichen Zutaten zusammen in einem Topf zu kochen, der so groß ist, dass man damit ein ganzes Dorf ernähren könnte – eine passende Metapher für den Central District in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Starke ­soziale Bindungen und ein herzliches Gefühl der Zusammengehörigkeit waren für alle, die dort aufwuchsen, prägend.

Die schwarze Gemeinde in Seattle hatte ihre eigenen Zeitungen, Restaurants, Läden und, was vielleicht am großartigsten erscheinen mag, einen eigenen Unterhaltungsbezirk, der sich um die Jackson Street konzentrierte. In den Nachtclubs und Spielhöllen dort traten landesweit bekannte Jazz- und Bluesmusiker auf. Die Szene war derart lebendig, dass ein Zeitungsredakteur sie mit der State Street in Chicago oder der Beale Street in Memphis verglich. Obwohl Preston und Clarice Jeter die Clubs auf der Jackson Street eher selten besuchten, sollte die bunte und dynamische Unterwelt doch einen wichtigen Einfluss auf die Jugend ihrer Kinder und schließlich auch auf ihren Enkel Jimi Hendrix haben.

* * *

Die größte Herausforderung für Schwarze in Seattle – eine Herausforderung, die alles andere in den Hintergrund rücken ließ – bestand darin, eine faire Anstellung zu finden. Afroamerikaner wurden von der weißen Gesellschaft in Seattle meist toleriert, doch die einzigen Berufe, die Schwarzen offen standen, waren die des Kochs, Kellners oder Kofferträgers. Ähnlich wie in Roslyn fand Preston Jeter während eines Streiks Arbeit im Hafen. Es war ein Job, der normalerweise Weißen vorbehalten war. Clarice fand – wie laut der Volkszählung von 1910 vier­undachtzig Prozent aller afroamerikanischen Frauen Seattles – Arbeit als Hausmädchen. Wie die meisten schwarzen Mütter damals kümmerte sich Clarice um weiße Babys, obwohl sie gleichzeitig eigene Kinder zu versorgen hatte.

Im Verlauf der folgenden zehn Jahre bekam Clarice acht Kinder, von denen zwei im Säuglingsalter starben und zwei zur Adoption freigegeben wurden. Lucille, das jüngste der Jeter-Kinder, wurde 1925 geboren, acht Wochen zu früh. Aufgrund von Komplikationen wegen eines Tumors sowie postnataler Depressionen blieb Clarice bis sechs Monate nach Lucilles Geburt im Krankenhaus. Preston, der damals bereits fünfzig Jahre alt war und selbst unter gesundheitlichen Problemen litt, konnte sich nicht um die Familie kümmern, weshalb Lucilles drei Schwestern, Nancy, Gertrude und Delores, die Sorge um das Baby übernahmen. An einem Tag im Dezember, als Seattle gerade einen seiner seltenen Schneestürme erlebte, brachten Hebammen sie nach Hause. „Sie muss-ten vor unserem Haus ganz vorsichtig den Hügel hinauflaufen“, erinnert sich ­Delores Hall, die damals vier Jahre alt war. „Sie legten sie mir in die Arme und sagten: ‚Pass gut auf sie auf, das ist deine neue Schwester.‘“

Die Jeters hatten in den kommenden Jahren mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen. Clarice musste immer wieder ins Krankenhaus, litt an körperlichen und mentalen Gesundheitsproblemen, und die Kinder wurden in die Obhut einer deutschen Großfamilie gegeben, die auf einem kleinen Bauernhof nördlich von Greenlake wohnte. In dieser vornehmlich weißen Gegend wurden sie regelmäßig für Zigeuner gehalten, eine andere ethnische Minderheit, die vom weißen Seattle gemieden wurde.

Als Lucille zehn Jahre alt wurde, lebte die Familie wieder zusammen im Central District. Als Jugendliche hatte Lucille bemerkenswert schöne Augen und war sehr gelenkig. „Sie hatte langes, dickes, dunkles und glattes Haar und ein wunderschönes breites Lächeln“, sagte Loreen Lockett, ihre Freundin auf der Junior High. Preston und Clarice waren gegenüber Lucille besonders fürsorglich und erlaubten ihr vor ihrem fünfzehnten Geburtstag nicht, zu Tanzveranstaltungen zu gehen. Lucille war hübsch und temperamentvoll und zog schon damals die Aufmerksamkeit auf sich. „Sie war ein gut aussehendes Mädchen und eine sehr gute Tänzerin“, erinnert sich James Pryor. „Sie hatte sehr helle Haut und schönes Haar. Sie wäre durchgegangen.“ „Durchgehen“ bedeutete in der afroamerikanischen Umgangssprache, dass jemand so helle Haut hatte, dass er als weiß gelten konnte. Das hätte natürlich Betrug bedeutet, gleichzeitig aber auch unzählige Arbeitsmöglichkeiten eröffnet, die Schwarzen verwehrt blieben. Sogar innerhalb der afroamerikanischen Gemeinschaft galten damals helle Haut und glatte Haare als schön, und Lucille besaß beides.

Allen Berichten zufolge war die fünfzehnjährige Lucille anständig und ein bisschen unreif. Sie war musikalisch begabt und konnte singen. Gelegentlich nahm sie an Amateurwettbewerben teil, wo sie einmal fünf Dollar gewann. Ihre größte Freude im Leben war jedoch, mit einem guten Partner zu tanzen. An einem Abend im November 1941 machte Lucille auf dem Weg zu einer Tanzveranstaltung bei einer Klassenkameradin zu Hause Halt. Sie war gerade sechzehn geworden und besuchte die Junior High. Wie jedes andere Schulmädchen war sie aufgeregt vor dem Konzertbesuch. Fats Waller, der legendäre Jazzpianist, war für den Abend angekündigt. Bei ihrer Klassenkameradin war ein junger Mann aus Kanada zu Besuch. „Lucille“, sagte ihre Klassenkameradin, „darf ich dir Al Hendrix vorstellen?“

Jimi Hendrix

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