Читать книгу Eines Morgens in Paris - Charles Scott Richardson - Страница 7

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Der Bäcker eilt heimwärts, Richtung Westen jetzt, die Sonne im Gesicht. Er trägt ein mit Bindfaden verschnürtes Bündel, drei grüne gebundene Bücher. Die Last knallt ihm bei jedem Schritt gegen die Beine; die raue Schnur schneidet ihm in die Hand. Er nähert sich dem Ende einer wohlvertrauten Route, aber an diesem Tag birgt es keinen Trost.

Der Sonntag hatte wie jeder andere davor begonnen. Er war von der Bäckerei aufgebrochen, den Kopf voller Möglichkeiten. Eine Woche ist vergangen, dachte er. Bestimmt hatte sie sein Geschenk gefunden. Sie konnte schon da sein, selbst zu dieser frühen Stunde, im Park warten und rätseln, wer etwas so Schönes zurückgelassen haben mochte. Ob sie wohl wusste, dass es für sie gedacht war?

Während er dahineilte, hatte er sie sich vorgestellt. Sie saß auf ihrem Stuhl am Becken mit den Booten, löste in der Wärme des Julimorgens ihren Schal und lächelte während des Lesens. Jetzt schrieb sie etwas. Notierte sich, da war er sich sicher, ihre Lieblingsgeschichte, die eine unter tausend, die ihm schon immer die liebste gewesen war.

Den ganzen Morgen lang hatte er versucht, seinen gewohnten Rhythmus und Zeitplan beizubehalten. Er hatte seinen Lieblingsbücherstand am Fluss aufgesucht. Dennoch hatte er mit dem Besitzer kaum ein paar Worte gewechselt, rasch seine Bestände gesichtet und sich dann, ohne groß nachzudenken, für die grünen entschieden. Er hatte den Pont des Arts fast im Laufschritt überquert. Er hatte sich gezwungen, nicht hinzusehen, während er durch die Tuilerien auf das Becken zuging.

Aber er hatte ihren leeren Stuhl gesehen. War er spät dran, hatte er sie verpasst? Oder hatte jemand anders es gesehen, es für etwas Vergessenes gehalten, weggeworfen? Er hatte gewartet. Die Frau tauchte nicht auf. Schließlich begann ein Parkwächter, die um das Wasser verstreuten Stühle an ihren Platz zurückzuziehen. Dann hob der Alte ihren Stuhl hoch, staubte ihn mit der Hand ab und trug ihn die paar Schritte zu den Bäumen. Den hatte seit einer Weile niemand mehr benutzt.

Der Bäcker kommt an einem Café vorbei und stolpert über die ausgestreckten Beine eines Herrn, der auf der Terrasse sitzt. Der Mann schenkt ihm keine Beachtung, während er mit seiner Zeitung jongliert, sie an den Rändern fasst, versucht, sie verkehrt herum zu falten, sich ärgert, dass seine Arme nicht lang genug sind. Er schließt die Zeitung, um sie längs zu falten, lässt eine Hand von der oberen Ecke hinuntergleiten, während die andere den unteren Rand festhält. Er schafft es nur, seine Handgelenke zu verknoten und die Zeitung falsch herum zu falzen. Der Bäcker findet sein Gleichgewicht wieder und schlurft weiter.

Jetzt durch einen kleinen Park. Beim Karussell drängen sich Kinder um einen Gewichtheber aus dem Zirkus, hüpfen dabei wie auf ihren Betten auf und ab, die Finger nach unsichtbaren Zimmerdecken ausgestreckt. Der Kraftprotz hält in einer Hand ein Buch. Mit der anderen stemmt er mit gespielter Anstrengung, ohne die Augen von seiner Lektüre zu wenden, einen Stuhl. Auf dem Stuhl sitzt ein quiekendes Mädchen. Sie winkt ihren Freunden zu, die unten die Arme um die starken Beine des Gewichthebers schlingen. Auf dem Karussell verharren weiße Pferde im Galoppsprung und warten auf ihre abgelenkten Reiter.

Der Bäcker kommt an zwei alten Frauen vorbei, die auf einer Bank sitzen. Jede liest in einem Exemplar ein und desselben billigen Taschenbuchs. Die eine zieht eine Grimasse, als habe man ihr einen Stich ins Herz versetzt, und klappt das Buch zu. Im selben Moment schnappt die andere hinter vorgehaltener Hand nach Luft und reißt die Augen auf.

Eines Morgens in Paris

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