Читать книгу Beirut für wilde Mädchen - Chaza Charafeddine - Страница 7
ОглавлениеIn den Weiten Afrikas lebten nur wenige Menschen. Die sandigen Straßen waren fast immer wie leergefegt, und der Sand war so heiß, dass er einem die Füße verbrannte. Doch genau das gefiel dem Mädchen. Es dachte, wenn die Erde mir die Füße verbrennt, dann will sie ihre Hitze mit mir teilen und hat mich lieb.
Vorsichtig setzte das Mädchen einen Fuß nach dem anderen auf die Sandstraße. Hin und wieder blieb es stehen, um sicherzugehen, dass keiner ihm folgte. Es malte eine Kiste und Kringel in den Sand, blickte noch einmal zurück und vergaß. Dann rannte es zur Hütte des alten Mannes mit dem schwarzen Gesicht und dem weißen Haar. Der öffnete sogleich seine Arme für das Mädchen, und es spürte die Wärme seiner mächtigen Hände. Er saß wie immer auf einem Stuhl und platzierte das Mädchen auf seinen Schoß. Da lehnte es den Kopf gegen den Arm des Alten, und seine Augen tauchten ein in die weißen Haarkringel. Dort sah sie die Frau des Bauern, der dabei war, die Schatzkiste zu öffnen. Mit einem Mal ringelte sich vom Fenster eine Schlange heran. Die Schlange spritzte Gift und sagte zu der Frau, dass sie den Schatz wieder zurückbringen müsse. Der Bauer nahm daraufhin einen dicken Stock und wollte auf die Schlange einschlagen, aber augenblicklich war sie im Staub verschwunden.
Der alte Mann öffnete seine breiten hellen Handflächen, und das Mädchen betrachtete die schwarzen Linien darin. Der Mann fragte, was es da denn sehe: »Schwarze Schlangen«, antwortete das Mädchen. Der Mann lachte, den Mund weit aufgesperrt, und das Mädchen sah eine große Höhle mit rotem glänzendem Grund, der zitterte und bebte. Das Mädchen lachte, sperrte den Mund ebenfalls weit auf, deutete hinein und fragte den Mann, ob ihre Höhle genauso aussehe wie seine. Der Mann spitzte seine dicken Lippen, hob die Augenbrauen und sagte: »Nein, deine Höhle ist viel schöner als meine. Bei dir sind weiße Perlen darin, während es in meiner nur ein paar vergilbte Stümpfe gibt.«
Der Name des Mädchens kam durch die Lüfte geflogen; jemand rief es nach Hause. »Beeil dich«, sagte der Mann und hob das Mädchen von seinem Schoß. Es rannte über den heißen Sand, spürte die Hitze aber nicht. Es drehte sich nach dem Mann um, winkte ihm mit seiner kleinen Hand zu und rannte weiter bis zum Haus der Eltern. Flugs verschwand das Mädchen in sein Zimmer, versteckte sich unter der Bettdecke und flüsterte der Frau des Bauern ins Ohr, sie solle die Schatzkiste doch in den weißen Locken des Geschichtenerzählers verstecken.