Читать книгу Die Welt wird sich ändern - Chris Cenatti - Страница 10
ОглавлениеDie Zeit wird knapp
Wir können nicht mehr warten, bis sich Politiker über ein weltumfassendes Konzept zum Kampf für eine saubere Umwelt einigen. Internationale Umweltgipfel enden damit, dass sich einige große Wirtschaftsländer komplett ihrer Verantwortung entziehen und andere nur zaghaft debattieren. Während die einen geradeheraus einen Kapitalismus vertreten, der getarnt als freie Marktwirtschaft, dazu berechtigt den Planet Erde erbarmungslos auszubeuten, möchten sich die anderen unter dem Deckmantel eines ökologischen und sozialen Bewusstseins verstecken. Entscheidungen werden vertagt, Ziele werden auf eine ferne Zukunft verlegt. Aber es geschehen momentan Veränderungen in der Umwelt, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Schon jetzt müssten wir alle Kräfte bündeln, um einen Klimawandel, der katastrophale Folgen hat, noch entgegen zu wirken.
Momentan hält eine internationale Finanzlobby die Fäden in der Hand. Es regieren die allmächtigen Öl- und Gaskonzerne, die Lobbyisten großer Industriebranchen wie die Automobilindustrie, die Pharmaindustrie, die Chemieriesen und die Kohleproduzenten, ebenso wie die Bauindustrie und Konzerne aus der Lebensmittelbranche. Die großen Unternehmen versuchen sogar noch aus der Erderwärmung und der Verknappung der Trinkwasserreserven Profit zu schlagen. Sie kaufen gerade in den armen Ländern Grundwasserrechte, um so von den Ärmsten Geld für das zum Überleben notwendige Trinkwasser zu bekommen.4
Die Kapitalinvestoren bestimmen die Märkte. Angebot und Nachfrage regeln die Preise. Auch wenn sich bei den Konsumenten in der Lebensmittelbranche eine Tendenz zu fair gehandelten Waren entwickelt hat und sogenannte Bioprodukte im Aufwind sind, ist das nur ein kleiner Schritt in Richtung einer ökologischen Wirtschaft. Eine umfassende umweltfreundliche Energiegewinnung und eine umweltbewussten Produktion von Waren werden in die nächsten Jahrzehnte verlegt. Die Umstellung auf CO2-arme Fahrzeuge folgt viel zu zögerlich. Wichtiger sind den Politikern und den verantwortlichen Wirtschaftsbossen Prestigeobjekte, wie ein Flugtaxi für die vom Großstadtverkehr genervten Reichen oder die Reise zum Mond oder Mars oder selbstfahrende PKWs und Busse. Da wird viel Geld in die Entwicklung von sinnlosen Luxusprojekten gelegt, anstatt alle Kraft darauf zu verwenden, die Erde vor einem Kollaps zu retten.
Immer wieder gehen Schreckensgespenste von einem Börsencrash um. Das lähmt fortschrittliche Gedanken, die sich von alten Machtstrukturen lösen. Was wäre so schlimm daran, wenn alte Aktien der alten Branchen an Wert verlieren? Was hindert uns daran, neue Aktiengesellschaften und Fonds zu gründen, die ihren Fokus auf umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Produktion richten? Viele superreiche Aktionäre würden ihre Bankmillionen und ihre Macht verlieren, oder sie müssten sich anpassen und in umweltschonende Fortschrittstechnologien investieren. Wie wäre es mit einem Neuanfang? Die Erde den Menschen zurückgeben, das wäre die richtige Konsequenz aus dem selbstgemachten Debakel. In den nächsten Jahrzehnten wird die Menschheit um ihr Überleben kämpfen. Nun müssen die Menschen handeln und in Zukuftsprojekte investieren, damit aus dem „immer Mehr!“ nicht unser Ende wird.
Wenn dann auch die Finanzmärkte nicht mehr nur zur Selbstbereicherung dienen, greifen wir wieder auf natürliche reale Güter als Investitionsanlagen zurück. In einer Welt, in der viele Investoren lieber ihr Geld in imaginäre, umweltschädliche Kryptowährungen wie den Bitcoin stecken, anstatt in technologischen Neuerungen zu investieren, kann man nur hoffen, dass den Finanzhaien endlich mal ihr Geld ausgeht. Deren Geld wird nur selten in die Weiterentwicklung von ökologischem Projekten oder ressourcenschonenden Produktionsmethoden fließen. Das meiste Geld wird schließlich auch heute noch mit dem Ausbeuten von Ressourcen und mit Waffenhandel verdient.
Was muss sich ändern? Eigentlich alles. Angefangen von einem Bewusstsein für das, was gut für uns ist, bis hin zur Erkenntnis, welche Werte wir setzen, um uns und unseren Planeten zu retten. Weg mit den alten Strukturen, die uns in eine Zeit des Klimawandels und großer Katastrophen geführt haben! Mit den Folgen müssen wir schon heute leben: dem Aussterben von Pflanzenarten und Tierarten, dem Austrocknen ganzer Regionen, mit Überschwemmungen, Stürmen und Tsunamis. Die Katastrophen werden nicht weniger, sie werden stetig mehr und größer. Wenn wir nicht aufpassen, schaffen wir uns selbst ab: den Menschen, die „Krönung der Schöpfung“.
Das Buch „Die Welt wird sich ändern“ mag vielen radikal erscheinen. Manche Gedanken sind es teilweise auch, wobei ich selbst der Ansicht bin, dass die Radikalität, die gefordert wird, von der Vernunft vorgegeben wird. Die Menschheit, das heißt wir alle, werden dieses Jahrhundert nicht überleben, wenn wir nicht komplett alles in Frage stellen, was unsere heutige Gesellschaft akzeptiert und teilweise sogar für fortschrittlich hält.
Neue Ideen und Lebensformen sind angesagt. Vorbei mit Mainstream und Hängematte! Wir müssen wieder unsere Talente und Kreativität entdecken. Zeigen wir auch unsere Fähigkeit als Menschen auch in großer Not zusammen zu halten und füreinander da zu sein! Zeigen wir die Bereitschaft zum Wohle von Vielen auf einiges zu verzichten! Die Eigenart des sozialen Wesens des Menschen ist es, sich mit Gleichgesinnten zu solidarisieren und nach Lösungen zu suchen.
Wir haben ein großes Spektrum an Wissenschaftlern, die auf allen möglichen Gebieten ihre Forschungen betreiben. Nichts ist unsinniger als kluge Köpfe damit zu beschäftigen, immer gefährlichere Vernichtungswaffen herzustellen und zu testen oder weiterhin Giftstoffe zu produzieren, die der Umwelt schaden. Oft genug werden in armen Ländern die Waffen für die reichen Länder erprobt. Wenn wir endlich das viele Geld, das hier verschwendet wird und das zum Leid vieler Menschen führt, anderweitig einsetzen, kann uns das in sehr kurzer Zeit in die Lage versetzen, doch noch wirksam in den Kreislauf der Umweltzerstörung einzugreifen.
Wir, das Volk, müssen wieder bestimmen, in welche Richtung wir in Zukunft gehen wollen. Wir dürfen uns nicht weiter mit Konsum einlullen lassen. Wem nutzt die 24-Stunden Erreichbarkeit mit dem Mobiltelefon? Für viele Menschen ist die totale Erreichbarkeit und Flexibilität schon zum Fluch geworden. Ständige Erreichbarkeit führt zum Stress und zur Dauerbelastung. Der Mensch ist ein empfindsames, von Gefühlen geleitetes Wesen. Sein größter Wunsch ist es, von seinen Mitmenschen geliebt und anerkannt zu werden. Viel zu oft ist aber die Liebe anderer daran geknüpft, ob man eine gute gesellschaftliche Stellung hat und über materielle Werte verfügt. Es ist schwer dem Konsumdruck standzuhalten, wenn doch so viel damit verbunden ist: Liebe, Anerkennung, Wertschätzung.
Die Werte der Gesellschaft bestimmen wir. Anerkennung sollte dem Menschen selbst und seiner Person zu Teil werden, nicht dem, was er sich leisten kann. Was ist mit den Millionen von Menschen, die weder schön noch reich sind? Dienen sie nur als Komparsen für die Wenigen, die alles haben? Warum können wir nicht alle Menschen anerkennen, so wie sie sind? So könnten wir uns selbst befreien vom Zwang, uns anzupassen, damit wir geliebt werden. Wieviel Leid ersparen wir uns selbst, wenn wir endlich so sein dürfen, wie wir sind? Wie viele Aggressionen und Selbstzweifel werden vermieden? Bleibt es nur ein Menschheitstraum: eine solidarische Gemeinschaft von Menschen, die selbstbewusst leben und aufeinander Rücksicht nehmen?
Zugegeben. Neokapitalisten, Kriegstreiber und Narzissten wären in einer solchen Welt überflüssig. Die vielen Prestigeobjekte würden nicht mehr gekauft, weil sie nicht mehr nötig sind, um sein Selbstbild aufzupolieren. Die Grenze von Meins und Deins verschwimmt. Die Menschen werden wieder großzügiger. Die Reichen merken, dass es nicht nur ihr Verdienst ist, in einer reichen Familie geboren zu sein oder wirtschaftlich Erfolg gehabt zu haben. Und plötzlich merken alle, wie befreiend es sein kann, nicht mehr einsam dem Konsumgott zu dienen, sondern zusammen mit den Mitmenschen in Frieden zu leben und das was man hat zu teilen. Es heißt bereits in der Bibel: „Geben ist seliger denn nehmen!“. Alle großen Weltreligionen sprechen hier die gleiche Sprache. Jeder, der mal einem anderen Menschen helfen konnte, weiß, dass es so ist. Der Mensch wird erst durch Menschlichkeit zum Menschen. Der übermäßige Konsum verblendet uns.
Luxus und übermäßiger Konsum sollen die Menschen ablenken von dem Gefühl der Einsamkeit und der inneren Leere. Der größte Teil der Menschheit aber hat diese Möglichkeit nicht. Er ist Armut, Hunger und Leid ausgesetzt. Diese Menschen leiden für unseren „Reichtum“, der eigentlich kein Reichtum ist. Denn im Herzen und im Geiste bleiben wir arm. Die glanzvolle Konsumwelt bleibt kalt und herzlos. Sie saugt uns ein, gaukelt uns Glücksgefühle vor und spuckt uns wieder aus. Am Ende bleiben nur Verlierer. Anstatt unsere innere Leere mit Süßigkeiten und mit gutem Essen vollzustopfen, könnten wir mit dem Motto „weniger ist mehr“ andere unterstützen und aus ihrer Not helfen. Luxusgüter, Autos. Mode, Schmuck machen auf Dauer nicht glücklich. Schnell verfliegt das Interesse und genießen können wir unseren Reichtum oft nicht, weil wir vereinsamen und immer höherem Druck und Stress ausgeliefert sind. Oft haben wir gar keine Zeit, uns an den Dingen zu erfreuen, die wir uns leisten können.5
Die Seele schreit nach Verständnis und Liebe. Der Körper sehnt sich nach Ruhe und Ausgeglichenheit. Rastlos ziehen wir in einer Welt umher, die längst nicht mehr unsere Bedürfnisse befriedigen kann. Während manche für zwei arbeiten müssen, finden andere keine Arbeit und fühlen sich nutzlos. Die Verteilung der Arbeit ist nicht mehr gerecht. Viele haben nicht die Möglichkeit ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Sie wurden aus der Leistungsgesellschaft ausgeschlossen und leben nun von Almosen. Der leistungsfähige Teil der Bevölkerung wird komplett aufgefressen von Leistungsdruck und Überstunden. Hier bleibt keine Zeit mehr für Kreativität und Leidenschaft. Der Mensch wird müde. Die in der Kindheit so bunte Welt wird grau und farblos.
In den westlichen Industrienationen sind psychische Leiden, Depressionen und „Burn-outs“ an der Tagesordnung. Sie machen inzwischen einen Großteil der Erkrankungen aus. Erst seit die Wirtschaft durch hohe Krankheitsraten in der Arbeitnehmerschaft viel Geld verliert, werden die seit Jahren bekannten Tendenzen auch bei den Wirtschaftsbossen und den Politikern zur Kenntnis genommen.6 Kranke kosten und deshalb muss man etwas tun. Halbherzig wird ein Betriebliches Gesundheitsmanagement eingerichtet. Es gibt Arzneimittel und Kuren für Burnout-Opfer. Wir kleben ein paar Pflaster auf einen kranken Betriebsalltag, auf die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in unseren Fabriken und Großraumbüros.
So ist das in den reichen Ländern. Von den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den armen Ländern der Dritten Welt wollen wir gar nicht erst sprechen. Wer nicht mehr funktioniert wird ausrangiert. Der Mensch wird zum Wegwerfprodukt. Was aber tun, wenn dies nicht mehr nur ein paar Ausnahmen sind? Inzwischen kommen Millionen Arbeitnehmer, darunter auch viele Führungskräfte mindestens einmal im Leben psychisch und physisch an ihre Grenzen.
Erschwerend zur immer hektischeren und isolierten Arbeitswelt, hat in einer individualistischen Gesellschaft der Einzelne oft keine Familie mehr, die ihn auffangen kann. Die Verlierer in dem gnadenlosen Konkurrenzkampf werden fallen gelassen. Inzwischen wetteifert nicht nur Mensch gegen Mensch, sondern auch der Mensch gegen Maschinen und gegen Erfindungen der künstlichen Intelligenz. Man braucht viele Menschen nicht mehr. Gerade Menschen mit schlechter Bildung oder mit physischen und psychischen Hemmnissen geraten bei der gnadenlosen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ins Hintertreffen. Arbeitskräfte werden benutzt und weggeworfen, wenn sie nicht mehr leistungsfähig genug sind.
Rücksichtslos wird die Einsamkeit vieler Menschen dazu benutzt, dass man sie mit sinnlosen Medienbotschaften überflutet. Das soziale Netzwerk, das in der Realität oft nicht mehr existiert, soll nun digital aufgebaut werden. So sind viele im digitalen Netz gefangen. Tausende von Unsinnsbotschaften werden gepostet und Musik und Filme per Streaming geladen, um sich zu zerstreuen. Nur so wird die Einsamkeit erträglicher. Der moderne Mensch verbringt viele Stunden am Tag in den sozialen Netzwerken und mit den Angeboten der neuen Medien, wie zum Bespiel dem Streaming von Filmen und Musik. Schlechter Nebeneffekt: Die neuen Medien verbrauchen jede Menge Strom, da alle Daten in Rechenzentren gespeichert und auch wieder tranferriert werden müssen.
Kein Mensch interessiert sich anscheinend dafür, welche immense Umweltschäden aufgrund von CO2 -Ausstoß und der nötigen Stromerzeugung für die Aufladung der Geräte, für den Datentransfer und für den Betrieb und die Kühlung der Rechner in den aktiven Rechenzentren entstehen. Schalten wir einfach ab! Das Leben in der realen Welt kann viel schöner sein als das in der virtuellen Welt, in die wir entfliehen. Erfreuen wir uns an der Natur und an unseren Mitmenschen! Geben wir wieder Wärme und Liebe weiter! Machen wir unseren Planeten wieder menschlich!
4 https://www.wasserraub.de/privatisierung/
5 https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/wirtschaft/konsum/pwiediekehrseite-deskonsums100.html
6 https://blog.machtfit.de/blog/2018/01/25/was-kostet-ein-burnout-die-folgen-fuer-die-gesundheit-im-unternehmen-und-die-mitarbeiter/