Читать книгу Die Welt wird sich ändern - Chris Cenatti - Страница 11
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Was hält uns noch in diesem gesellschaftlichen System gefangen, das uns so strapaziert und uns Fesseln anlegt. Wann sprengen wir die körperlichen und geistigen Zwangsjacken? Zumindest für uns in den demokratischen westlichen Ländern sollte es ja möglich sein, unsere Freiheit und die Menschlichkeit gegen die Zwänge der kapitalistischen Marktwirtschaft zu verteidigen. Soziales Miteinander und humane Lösungen könnten eine weitere Spaltung der Gesellschaft verhindern. Aber was geschieht? Die verschiedenen Gesellschaftsschichten werden gegeneinander aufgehetzt und ausgespielt. Gerade die unteren bildungsfernen Schichten bilden eine breite Basis, um Fremdenhass und das Ausgrenzen von noch Schwächeren zu forcieren. So kommen diese Menschen auch nicht auf die Idee, dass sie selbst von den besseren Gesellschaftsschichten bereits ausgegliedert wurden. „Brot und Spiele“ von den öffentlichen Medien sollen für Kurzweil sorgen und den Menschen vorgaukeln, sie hätten es gut.
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Während sich die abgehängte ärmere Schicht darüber mokiert, nicht genug konsumieren zu können und zu wenig Geld zur Verfügung zu haben, ärgern sich die „Leistungsbürger“ darüber, dass sie für die Ärmeren und Arbeitslosen mitarbeiten sollen. So erfinden sie immer perfidere Systeme, die sozial Schwächeren zu schikanieren. Die Beamtenapparate, die zur Kontrolle der Leistungsempfänger da sind, kosten um ein Vielfaches mehr, als die Gewährung eines Grundgehalts und einer Grundrente. Die freie Wirtschaft zahlt den Arbeitnehmern in vielen Fällen einen Lohn, der gerade mal dem Mindestlohn entspricht. Reich werden kann von ehrlicher Arbeit eigentlich niemand mehr, eher krank. Für eine ordentliche Rente im Alter kann nicht angespart werden. So ist der Weg in die Altersarmut für viele vorprogrammiert.
Auf den Biorhythmus des Menschen und auf nötige Ruhezeiten wird in der modernen Arbeitswelt keine Rücksicht genommen. Es wird bis zur Erschöpfung gearbeitet. Unmenschliche Schichtbetriebe im ständigen Wechsel und Ladenöffnungszeiten bis um Mitternacht torpedieren die Gesundheit und machen ein Sozialleben und Familienleben fast unmöglich. Dennoch bleibt am Ende des Monats meist zu wenig übrig. Vor allem zu wenig Lebenszeit, in der es den Menschen gut geht und die sie gemeinsam mit anderen genießen können.
Nicht nur in den reichen Industrienationen, auch in den ärmeren Ländern sind die Mieten für Wohnraum in den Städten so angestiegen, dass sich die Menschen gerade mal ein Dach über den Kopf leisten und sich und ihre Familie ernähren können. 7 Viele müssen auch in lebensunwürdigen Unterkünften ohne Lebenskomfort hausen. Und warum? Damit einige wenige in Saus und Braus leben und ihren imaginären Reichtum auf den Bankkonten weiter anwachsen lassen können. Geld machen nur die skrupellosen Immobilien- und Finanzhaie und vielleicht noch einige wenige Wirtschaftsbosse und Politiker, die sich von ihnen korrumpieren lassen. Der normale Bürger geht leer aus. Ihm droht der Abstieg in die Armut und in die Arbeitslosigkeit, wenn er sich den Gesetzen des Marktes nicht beugt. Sein Leben verbringt er im Hamsterrad der eigenen materiellen Ziele. Es gehört denen, die das Kapital und damit die Macht in den Händen halten.
Was wir brauchen ist eine Herrschaft der Vernunft. Eine gerechte Verteilung der Arbeit und des Reichtums dieses Planeten auf alle, die auf ihm wohnen. Damit meine ich nicht nur die Menschen, sondern alle Lebewesen. Die grenzenlose Gier des Kapitalismus macht das Leben nicht nur für uns Menschen schwer. Er ist verantwortlich für Massentierhaltung und schreckliche Zustände bei Viehtransporten und in den Schlachthäusern. Doch die Natur wehrt sich. Wie lange dauert es bis zur nächsten Schweinepest oder Vogelgrippe? Wo bricht der nächste Rinderwahnsinn aus? Unter den jetzigen Haltungsmethoden unserer Schlachttiere ist dies nur eine Frage der Zeit. Vollgepumpt mit Antibiotika und anderen Arzneimitteln, damit sie den grausamen Alltag in viel zu kleinen und verdreckten Ställen überleben, ist ihr Fleisch schon heute eine Gefahr beim Verzehr durch den Menschen. Resistenzen gegen Antibiotika und anderen Arzneimitteln können in Einzelfällen bis zum Tode führen. Doch dies ist erst der Anfang.
Zu viel Gülle auf den Feldern verseucht das Grundwasser. Die Pflanzen werden mit Pestiziden und Düngemitteln überschüttet. Angeblich alles ganz harmlos. Die Gentechnik verändert die Struktur der Pflanzen auf noch unerforschte Art. Der Weizen und damit das Brot, das wir essen, ist nicht mehr das, was es einmal war. Das geklonte Schaf gibt es schon. Keiner weiß in welchen Ländern auch schon am Menschen Experimente des Klonens und der Genveränderung vorgenommen werden.
Alle geklont und makelfrei: Hochgezüchtete Milchkühe, die kaum mehr die überschweren Euter tragen können, Puten, die fast nur noch aus Putenbrust bestehen, Schweine und Kälber, die in der halben Zeit gemästet und zur Schlachtung bereit stehen müssen. Wir maßen uns an, selbst Lebewesen auf immer mehr Produktivität zu trimmen. Wir vergessen, dass mit all dem Leid, das wir über die von uns später verzehrten Tiere auch unser eigenes Leid und das Leid unseres Planeten vergrößern. Genauso, wie sich der Planet Erde gegen eine übermäßige Luftverschmutzung und Abholzung der Wälder wehrt, genauso werden Seuchen in der Zukunft uns den Appetit auf krank gezüchtete Tiere und Pflanzen verderben.
Auf dem Wildtiermarkt in Wuhan, wo unter schrecklichen Umständen Wildtiere gefangen gehalten und getötet wurden, soll das Coronavirus ausgebrochen sein. Ob es einem Versuchslabor entwichen ist oder von noch nicht identifizierten Wildtieren stammt, ist allerdings bis heute nicht wissenschaftlich geklärt. Nun kommen schon wieder neue Schreckensmeldungen von dänischen Nerztierfarmen, wo wieder neue mutierte Viren auf den Menschen übertragen wurden.8 Wenn man bedenkt, welche Schäden für die Weltwirtschaft durch die Folgen der Corona-Pandemie entstanden sind, sollte man sich wirklich mal überlegen, ob wir nicht zukünftig lieber auf solche Tierhaltungen und Vermarktungen verzichten. Ist es nicht schon pervers genug, dass man in Afrika Nashörner und Elefanten oder in Indien Tiger jagt, um Potenzmittel oder andere dubiose Heilmittel für asiatische Märkte anzubieten. Setzen wir uns nicht nur dafür ein, diese Märkte zu schließen, sondern achten wir auch darauf, dass unsere heimischen Mastanlagen und Schlachthöfe halbwegs „human“ betrieben werden und die Tiere nicht so viel leiden müssen. Wir züchten Tiere in Großmastanlagen, die ohne der ständigen Beigabe von Antibiotika gar nicht überleben können. Es ist kein Zufall, dass resistente Keime in Krankenhäusern zunehmen und Antibiotika bei Krankheiten nicht mehr wirken. Antibiotikarückstände werden inzwischen schon im Trinkwasser nachgewiesen.
Wir spielen Gott und Herr der Schöpfung. Wir sind die Hexenmeister, die das Leben neu erfinden. Aber ist es denn nötig eine neue Welt zu schaffen? Schauen wir uns um auf unseren Planeten und lernen wir endlich mal die wunderschönen Dinge, die uns die Welt bietet anzusehen und uns daran zu erfreuen, anstatt immer nur zu verändern und zu zerstören. Wir sollten angesichts dessen, wie wunderschön die Welt mit ihren Pflanzen und Tieren für uns geschaffen ist, wie unterschiedlich und vielfältig sie ist, sehr demütig werden. Wir werden auch mit aller künstlichen Intelligenz keine so große Schönheit und Vielfalt erschaffen können.
7 https://www.personalwirtschaft.de/der-job-hr/arbeitswelt/artikel/hohe-mieten-in-staed-ten-sind-ein-problem-fuer-arbeitnehmer-und-arbeitgeber.html
8 https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_88913328/corona-mutation-nerz-toe-tung-in-daenemark-sollte-uns-alle-wachruetteln.html