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Selbstvermarktung – der gläserne Bürger

Ganz im Gegensatz zu den vielen Regionen in dieser Welt, wo Hunger herrscht, sind in den westlichen Industrienationen die Regale in den Einkaufsläden und Supermärkten stets gefüllt. Konsumtempel laden zum Verweilen ein und machen das Einkaufen zum Shopping-Erlebnis. Die ganze Familie geht zum Freizeitspaß einkaufen und sucht ganz nebenbei noch die örtlichen Fastfood Restaurants und Vergnügungsstätten auf. Schöne neue Welt. Leider nur für manche. Denn auch in den reichen Ländern gibt es Armut. Gerade Kinder erhöhen das Armutsrisiko. Wer in den vollen Genuss der Wohlstandsgesellschaft kommen will, muss sich in der Leistungsgesellschaft behaupten, möglichst ohne Anhang.

Wohlhabende Bürger geben nur noch einen kleinen Teil ihres Gehalts für Nahrungsmittel aus. Bauern können ohne Subventionen oft gar nicht mehr ihren landwirtschaftlichen Betrieb aufrecht halten. Das meiste Geld fließt in Luxusartikel, moderne Technik und Lifestyle-Produkte. Außerdem ist das Wohnen, vor allem in den Großstädten, immens teuer geworden. Nicht nur die Mieten sind rasant angestiegen, auch die Wohnnebenkosten für Strom, Heizung und Wasser. Gewinn machen Immobilienhaie und Investoren. Für Normalverdiener ist es fast nicht mehr möglich, sich eine Großstadtwohnung zu leisten. Rentner werden ausquartiert.

Die Gewinner unserer Gesellschaft sind jung, beruflich erfolgreich, haben die entsprechende familiäre Unterstützung und einen großen Freundeskreis. Doch auf wen trifft das wirklich zu? Wer lebt in dieser sorgenfreien Welt, die uns die ständig präsente Werbebranche täglich in ihren Werbespots verspricht. „Vom Tellerwäscher zum Millionär.“ Wer schafft ihn schon, den amerikanischen Traum? Geht nicht die Spirale immer weiter abwärts? Wird man arm geboren, so stehen die Aussichten nicht gut, es im Leben zu etwas zu bringen. Gleiche Chancen und gleiche Bildung für alle gibt es nur auf dem Papier. Ein Kind, das in einem Armenviertel der Stadt aufwächst hat weniger Chancen, als ein Kind aus wohlhabendem Hause, dem eine Privatschule und eine Eliteuniversität offen stehen.

Nur ein paar hoffnungslos verbohrte Sozialphantasten können ernsthaft noch von einem Bildungssystem für alle reden. Manche bleiben leider schon von Geburt an draußen. Sie wachsen im falschen Viertel auf oder haben die falsche Hautfarbe, die falsche Religion oder sind einfach nur arm. Aber mit Speck fängt man Mäuse. Man redet jedem ein, er könne im Leben alles erreichen und schon hat man wieder seine Mitläufer, die denken fehlende Intelligenz und eine mäßige Bildung durch den Kauf von Lifestyle-Produkten wett machen zu können. Die Medienlandschaft ist voll von Verblödungssendungen und Blogs, die dazu aufrufen, sich einfach dem Schönheitswahn und Konsumwahn hinzugeben. Facebook und Instagram befeuern das Ganze. Der Mensch misst sich daran, wie viele „Likes“ er bekommt und wie viele Follower und „Freunde“ er hat.

Gerade junge Menschen hängen täglich am Smartphone und viele haben sich schon komplett den Ansagen der dort agierenden Trendsetter verschrieben. Hirnlos werden Messages nachgeplappert oder verteilt. Ein einziger Shitstorm, der täglich auf uns einprasselt. Wissenschaftler haben festgestellt, dass gerade bei vielen Jugendlichen der Medienkonsum ein Suchtpotential enthält und die ständige Erreichbarkeit zu Konzentrations- und Schlafstörungen führt.11 Es gibt schon heute Menschen, die sich auch Mikrochips implantieren lassen würden, um noch schneller und effizienter digital aktiv sein zu können. Auch die Politik und Wirtschaft haben Interesse daran gefunden, die Daten jedes Bürgers zu speichern und abrufen zu können. Es ist nur noch ein kleiner Schritt zur Komplettüberwachung und zum ferngesteuerten Menschen. Damit man im Internet mithalten kann und damit einem alle Funktionalitäten des Social Webs und alle Enkaufsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, lässt man gerne das Ausspionieren der persönlichen Daten zu.

So manch einer hat auf Anraten von Facebook-Chef Zuckerberg hin, schon jetzt sein ganzes Leben digitalisiert und veröffentlicht. Diese Arglosigkeit erfreut die Manipulatoren aus der Werbewirtschaft. Sie kann sich aber bald in einen Albtraum verwandeln, und spielt vielleicht schon in naher Zukunft neuen Diktatoren in die Hände.

Die Überwachung eines jeden von uns bei Schritt und Tritt hat schon begonnen. Ein Bewegungsprofil wird automatisch erstellt, wenn wir Google-Maps nutzen. Alexa forscht unser Privatleben aus und fast alle öffentlichen Plätze sind kameraüberwacht. Aber man braucht uns gar nicht auszuspionieren. Wir geben ganz freiwillig mehr als genug Informationen über die Sozialen Netzwerke und über unsere Zahlungen per Kreditkarte beim Einkaufen preis. George Orwell12 hätte es sich nicht besser ausmalen können, wie ein moderner Überwachungsstaat funktionieren kann. Mit unserem Handy hängen wir am Tropf. Wir müssen ja keine Daten eingeben. Aber dann sind wir raus aus dem „Social Web“ und haben keine Möglichkeit dazuzugehören. Wir können dann viele Informationen nicht mehr abrufen oder die Vorteile eines elektronischen Zahlungssystems nicht mehr nutzen. Ein Ausbruch aus dieser digitalen Welt ist schwierig. Wir würden zum Außenseiter.

Befreien wir uns selbst aus dem Zwang 24 Stunden am Tag erreichbar zu sein! Blockieren wir die ständigen Werbebotschaften, die uns den Blick für das Wesentliche nehmen! Treten wir wieder in einem persönlichen Kontakt mit unseren Mitmenschen! Kommen wir uns wieder selbst etwas näher! Die anonyme digitale Welt birgt Gefahren. Sie macht uns einsam und lässt uns Werbebotschaften von Influencern Glauben schenken, die nur an ihrem eigenen Profit interessiert sind.

11 https://www.welt.de/gesundheit/article196824853/Smartphone-Nutzung-veraendert-das-Gehirn.html

12 https://www.deutschlandfunkkultur.de/70-jahre-1984-george-orwells-dystopie-aktu-ell-und.976.de.html?dram: article_id=452333

Die Welt wird sich ändern

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