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4. Forderungskauf/Factoring
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Das Factoring ist ein wichtiges Finanzierungsinstrument für Unternehmen. Dabei überträgt der Gläubiger einer (auch zukünftigen) Forderung (der „Anschlusskunde“) diese durch Abtretung (§ 398 BGB) auf den „Factor“, meistens eine Bank. Der Factor zieht die Forderung dann im eigenen Namen ein. Das Factoring ist ein Finanzierungsinstrument, weil der Factor dem Anschlusskunden im Voraus den Nennwert der abgetretenen Forderung oder einen Teil davon abzüglich einer Vergütung für seine Leistungen und Risiken auszahlt. Der Anschlusskunde wird dadurch von der Einziehung der Forderung entlastet; er kann zudem früher über den Forderungsbetrag verfügen.[52]
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Die Einordnung des Factorings im Umsatzsteuerrecht war früher teilweise unklar, weil dabei Elemente des Forderungskaufes mit Elementen der Geschäftsbesorgung und der Finanzierung/Kreditierung zusammentreffen. Heute ist anerkannt, dass der Factor beim „echten“ wie beim „unechten Factoring“ (zur Unterscheidung sogleich) unternehmerisch tätig wird (§ 2 UStG), und dass ausschließlich steuerbare Leistungen des Factors an den Anschlusskunden zu bejahen sind. Daneben stellt die Abtretung vom Anschlusskunden an den Factor keine steuerbare Leistung dar.[53]
• | Beim „unechten Factoring“ übernimmt der Factor nicht das Risiko der fehlenden Bonität des Schuldners. Ist die erworbene Forderung uneinbringlich, ist dem Factor vielmehr der Rückgriff auf den Anschlusskunden eröffnet. Nach dem BFH erbringt der Factor hier eine Mehrheit von steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen an den Anschlusskunden. Das insgesamt in Rechnung gestellte Factoring-Entgelt müsse daher aufgeteilt werden. Neben die Übernahme des Forderungseinzuges (nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 Nr 8 lit. c) UStG nicht steuerfrei) trete die in der Bevorschussung liegende Leistung des Factors. Letztere sei als Kreditgewährung nach § 4 Nr 8 lit. a) UStG steuerfrei.[54] |
• | Beim „echten Factoring“ übernimmt der Factor dagegen das Risiko der fehlenden Bonität des Schuldners. Hier hat der BFH früher eine steuerfreie Abtretung von Forderungen des Anschlusskunden an den Factor bejaht und jegliche Umsätze des Factors an den Anschlusskunden abgelehnt. Seit Grundsatzentscheidungen des EuGH und des BFH aus dem Jahr 2003 bejaht die Rechtsprechung dagegen auch beim echten Factoring ausschließlich steuerbare Leistungen des Factors an den Anschlusskunden.[55] Beim echten Factoring kommt regelmäßig nur eine einzige Leistung des Factors an den Anschlusskunden – die Factoringleistung – in Betracht; diese ist nach § 4 Nr 8 lit. c) UStG nicht steuerfrei. Für eine eigenständig zu beurteilende und nach § 4 Nr 8 lit. a) UStG steuerfreie Kreditgewährung ist regelmäßig kein Raum; der BFH geht von einer einheitlichen steuerpflichtigen Leistung des Factors aus.[56] |
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Anders als das Factoring wird der Fall beurteilt, dass ein Gläubiger zahlungsgestörte Forderungen („Non Performing Loans“, NPL) gegen ein unter dem Nennwert liegendes Entgelt auf einen Erwerber überträgt. Wenn hier die Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis die tatsächliche Wertminderung der Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt, liegt ausschließlich eine steuerfreie Abtretung der Forderungen vor, aber keine Leistung des Erwerbers an den Abtretenden.[57]