Читать книгу Vier Pilger - ein Ziel - Christian Rutishauser - Страница 10

Noch viel Wasser

Оглавление

An einem Sonntag im Januar 2009 fällt im Goms viel Schnee. Nach dem Frühstück zieht es uns nochmals mit einem Buch ins kuschelig warme Bett. Hildegard erzählt davon, dass jetzt alles klar sei mit dem Pilgern nach Jerusalem, sie seien zu dritt und man könne zwischendurch mitgehen – drei Mal. Mein spontaner Ausruf: Ich komme mit! Denke mir, bei den drei Mal zwei Wochen. Worauf Hildegard fragt: die ganze Strecke? Ich schweige. Esther? Die ganze Strecke? Stille! Ja, warum nicht! Aber ich muss es zuerst Christoph, meinem Partner, erzählen. Das tue ich am Telefon. Was meinst du dazu, wenn ich sieben Monate nach Jerusalem pilgere ohne dich? Er lacht und sagt: Bis dahin fließt noch viel Wasser die Rotte runter, komm erst mal heim.

Das Ja in mir ist klar und bedenkenfrei. Zuhause angekommen, diskutieren wir zwei das Projekt nochmals und Christoph gibt zur Antwort: Kann ich dich denn halten? Würde es unserer Beziehung guttun, wenn ich sage, bleib doch da? Du musst es tun, und ich warte auf dich.

Es kribbelt und schafft in mir drin, und überall, wo ich davon erzähle, sind die Menschen verblüfft und staunen. Es ist wunderbar!

Es dauert noch über zwei Jahre, bis wir losgehen, und doch ist es mir jetzt schon wichtig, mit dem Arbeitgeber meine Situation zu klären. Ich informiere den Personalchef. Er meint, das könne er nicht selber entscheiden, er müsse zuerst den Kirchenverwaltungsrat fragen. Worauf ich nochmals sage, ich werde im Juni 2011 loslaufen. Er wiederum, das ginge nicht so schnell, er müsse es besprechen. Ich antworte ihm: Wenn es nicht geht, werde ich kündigen. Ich bin entschieden, im Juni 2011 zu Fuß nach Jerusalem zu pilgern. Stille. Okay, antwortet er schließlich, ich werde es so mitteilen. Ich gehe beschwingt aus diesem Gespräch heraus mit dem sicheren Gefühl: Es ist richtig. Es gibt kein Wenn und Aber, nur ein großes Ja. Dabei bin ich keine Mutige, sondern sehr ängstlich und sicherheitsbedürftig.

Darüber staune ich fast am meisten.

Irgendwie kommt es mir bekannt vor. Das habe ich in der Bibel doch schon oft gelesen. Da wird einer gerufen, lässt alles stehen und liegen und folgt Jesus nach. Ich wundere mich darüber, dass ich früher das Einfach-so-Gehen in den biblischen Texten gar nicht verstehen konnte. Man kann doch nicht einfach gehen, ohne sich zu verabschieden, etwas ganz Neues tun und nicht wissen, was die Zukunft bringt. Jetzt ist es für mich genauso. Ich kann alles stehen und liegen lassen und gehen. Es fühlt sich richtig an, dass ich dabei bin. Ich bin gerufen. Ich bin gemeint. Ich sage ja, hier bin ich. (er)

Vier Pilger - ein Ziel

Подняться наверх