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Gestaltungsraum Gesellschaft

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Leitend ist dabei die Erkenntnis, dass die „nächste Gesellschaft“ nicht einfach passiert – sie ist nicht etwas, auf das man bloß reagieren kann. Nichts anderes impliziert auch Luhmanns Kontingenzverständnis: Kontingenz „setzt die gegebene Welt voraus, bezeichnet also nicht das Mögliche überhaupt, sondern das, was von der Realität aus gesehen anders möglich ist“ (Luhmann 1984, 152). Auch wenn die gegebenen Gesellschaftsstrukturen und -dynamiken also einen evolutionären Rahmen vorgeben: Die Gesellschaft ist und bleibt stets ein Möglichkeits- und Gestaltungsraum.

Das heißt nicht, dass eine Gesellschaft, die in verschiedene selbstferenziell-geschlossene Subsysteme ausdifferenziert ist, nach bestimmten Vorgaben „gestaltbar“ wäre, erst recht nicht im Übergang zum neuen Paradigma einer hyperkomplexen Netzwerkgesellschaft. Dennoch ist und bleibt Gesellschaft immer das, was wir aus ihr machen, indem wir unsere Wünsche und Vorstellungen umsetzen. Und je mehr Menschen, Organisationen und Institutionen eine gemeinsame Idee der zukünftigen Gesellschaft aktiv mitgestalten, umso wahrscheinlicher wird sie.

Gerade in einer Zeit fundamentaler globaler Umbrüche und zunehmender gesellschaftlicher Fragmentierung ist die Kultivierung eines solchen möglichkeits- und gestaltungsorientierten Gesellschafts- und Zukunftsverständnisses wichtig und wertvoll. Die Voraussetzung dafür ist nicht nur eine mentale Offenheit für Veränderungen, sondern vor allem auch ein umfassendes Verständnis der Strukturen und Kulturen der nächsten Gesellschaft – und ihrer möglichen Zukünfte.

Die systemtheoretische Perspektive ermöglicht eine solche Sicht auf die vernetzte Welt im 21. Jahrhundert: komplexitätsaffin, holistisch, possibilistisch. Gerade die nüchterne Analyse der „unordentlichen“ systemischen Dynamiken schärft den Blick für die neuen, komplexen Ordnungsmuster – und damit auch für alternative Möglichkeiten des Zusammenhalts in Zeiten des Kontrollverlusts. Von diesen Kontingenz- und Kohärenzpotenzialen handelt dieses Buch.

Ausweitung der Kontingenzzone

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