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Nichttrivialität: Die Potenziale der Künstlichen Intelligenz

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Smarte Algorithmen sorgen dafür, dass Technik nicht-trivial wird – und damit kausal undurchschaubar. Es sind keine eindeutigen Ursache-Wirkung-Verknüpfungen mehr erkennbar, vielmehr reagieren Maschinen zunehmend rekursiv auf sich selbst, unabhängig von ihrer ursprünglichen Bestimmung, solange sie nur entsprechenden Input erhalten.

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden. Selbstlernende Systeme steuern die Spracherkennung in Smartphones, lassen Autos autonom fahren und helfen bei maschinellen Übersetzungen, bei der Identifikation von Objekten oder Personen, bei Kreditvergaben und Vorhersagen aller Art. Big Data, billigere Computertechnologie und bessere Algorithmen haben die Technologie zur neuen Normalität werden lassen, im Internet der Dinge ist ein Leben ohne KI nicht mehr möglich. Die fortschreitende KI-Durchdringung verändert unsere Gesellschaft und schafft eine neue Realität, inklusive neuer Formen der Interaktion mit Technologie, etwa über Sprach- und Gestensteuerung.

Damit treibt KI nicht nur den Prozess des digitalen Wandels rasant voran, sondern schlägt zugleich ein neues Kapitel in der gesellschaftlichen Evolution auf: Erstmals in der Geschichte der Menschheit ändert sich die Beziehung zwischen Mensch und Maschine (vgl. Zukunftsinstitut 2019a). Selbstlernende Systeme sind immer weniger Werkzeug im herkömmlichen Sinne, sondern entwickeln eigenständige Entscheidungen, unabhängig von der Interaktion mit Menschen – selbst wenn es sich dabei auf absehbare Zeit noch immer um „schwache KI“ handelt, die kategorial von menschlicher Intelligenz zu unterscheiden ist.

In der Konsequenz hebt KI die kollektive Verunsicherung, die den Prozess der digitalen Transformation generell begleitet, nochmals auf eine neue Stufe. Diese Konfusion manifestiert sich auch in simplifizierenden und polarisierenden Mensch-Maschine-Erzählungen: Euphorische KI-Utopien und die quasireligiöse Hoffnung auf eine maschinelle „Superintelligenz“ auf der einen Seite – dystopische Ängste vor einer Unterwerfung der Menschheit durch übermächtige Roboter und Algorithmen auf der anderen. Beide Narrative trivialisieren Technologie, indem sie die komplexe Dynamik soziotechnischer Fortschritte auf einfache, tendenziell lineare Szenarien reduzieren.

Die Überschätzung macht KI zum zentralen Hype-Narrativ des digitalen Disruptionsdiskurses – und zum Vorreiter in der Disziplin „Lösungen auf der Suche nach Problemen“. Doch weil KI heute in alle möglichen Gadgets gesteckt wird, schlicht um zu zeigen, dass es geht, macht sich zugleich eine erste KI-Ernüchterung breit. Viele Nutzerinnen und Nutzer machen die Erfahrung, dass KI-getriebene Smartifizierungen fragwürdig sind (was ist „intelligent“ an einem sprachkontrollierten WC?) und sogar ein Mehr an Unzuverlässigkeit und lästigem Aufgefordertwerden bedeuten, etwa in der Interaktion mit Sprachassistenten. Und Unternehmen stellen fest, dass KI eine Organisation nicht von heute auf morgen „smart“ macht, sondern komplizierte und komplexe Implementierungsprozesse erfordert.

Hinzu kommt der generelle Vertrauensverlust in digitale Technologien, der sich insbesondere an KI-basierten Anwendungen kristallisiert. Immer deutlicher treten heute die Schattenseiten der fortschreitenden Algorithmisierung zutage, die Verhaltensmanipulation durch Apps oder Social Media, der Missbrauch durch autoritäre und kriminelle Mächte oder die Erosion des öffentlichen Diskurses, die demokratische Prozesse beschädigt und den Aufstieg des Populismus vorantreibt.

Skepsis und Ängste erzeugt auch die Tatsache, dass KI vermutlich einen ähnlich transformativen Impact auf professionelle Tätigkeiten haben wird wie einst Industrieroboter auf manuelle Routinetätigkeiten. Die möglichen Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt sind durchaus vergleichbar mit jenen im Zuge der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts, als rund 90 Prozent der Jobs in der Landwirtschaft verschwanden. Einer viel zitierten Studie zufolge arbeitet in den USA rund die Hälfte der Beschäftigten in Berufen, die in der näheren Zukunft automatisierbar sind, darunter auch viele Büro- und Dienstleistungsjobs sowie „kreative“ Tätigkeiten (vgl. Frey/ Osborne 2013).

Mit KI ist die menschliche Ur-Angst, dass Maschinen uns ersetzen und irrelevant machen könnten, auch bei den Geistesarbeitern und Hochqualifizierten angekommen – bei allen, die in irgendeiner Form maschinell arbeiten, inklusive Chirurginnen oder Ingenieuren. Der Siegeszug der KI wirft daher auch die human-ökonomische Frage auf: Wofür brauchen wir künftig überhaupt Menschen in der Wirtschaft? Dafür ist es zunächst wichtig, das Verhältnis von menschlicher und maschineller Intelligenz zu klären.

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