Читать книгу Geschichten aus Friedstatt Band 3: Friedstatt muss leben! - Christian Voß - Страница 9
Überraschungsbesuch
ОглавлениеResigniert kehrte Arwek, in die bedrückende Enge des Unterschiffs zurück. Noch immer, roch er das Drachenbaby. Dieser unverkennbare, scharfe Geruch hing bedrohlich in der Luft. Wigland war ein verständiger und beschlagener Mann doch von Drachen und ihrer Duftmarke hatte er noch nie etwas gehört. Eigenverantwortlich, wies der Schwarzelf ein paar Matrosen an, den verwaisten Stauraum sorgfältig auszuwaschen. Unter grimmigen Blicken, begleitet von einem feindseligen Flüstern, machten sie sich nur sehr halbherzig ans Werk. Zwar dankten sie Arwek dem Erdelfen für ihre Rettung in sturmumtoster Nacht – aber dieses Eigenmächtige Handeln des: "Schwarzen" wie sie ihn hinter vorgehaltener Hand nannten, ging nach ihrem Geschmack zu weit. Besonders da eine Feier anstand und der Rest der Mannschaft sich bereits um das riesige Fass Met kümmerte, welches oben an Deck stand. Wigland zeigte sich großzügig. Er wusste wie man seine Mannen bei Laune hielt.
Einen Moment beobachtete Arwek aufmerksam das Treiben der Matrosen. Etwas beruhigt suchte er seine Kabine auf. Arwek musste sich sammeln. Kräfte konzentrieren, um die geplanten magischen Scans vorzunehmen. Wigland würde er erst in seine zufällige Entdeckung einweihen, wenn er handfeste Beweise für eine tatsächliche Unterwanderung fand.
Die Schiffe des schwarzen Orden waren aus dem Bullauge seiner beengten Kabine verschwunden. Er lauschte nach dem Knarren der Planken und spürte einen leichten Luftzug. Eine salzige Brise aus dem Westen. Noch etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Ein ungebetener Gast. Das verirrte Insekt klopfte im Flug, beständig mit seinem fetten Hinterleib, gegen die Holzvertäfelung. Arwek schnipste mit seinen Fingern. Das tanzende Insekt fiel, wie vom Schlag getroffen, herab. Der Chitinpanzer, des im Kerzenwachs ertrunkenen Käfers knirschte pulsierend, während er, unter den reglosen Augen Arweks, dahin schmolz.
Sollte er Wigland einweihen? Nein, erst einmal sichergehen – er wollte sich nicht lächerlich machen. Sein Ruf hier an Bord war eh nicht der Beste – trotz der nächtlichen Aktion. Er hatte es immer wieder erlebt, das Wohlwollen der Menschen hielt meist nur einen Wimpernschlag und verkehrte sich, von einem Moment auf den anderen, in blanke Wut und Abneigung.
Nach einer Weile der Konzentration trat er aus seiner Kabine. Die Matrosen hatten sich bereits an Deck gestohlen. Befriedigt stellte er fest, dass die Losung des Drachen, unter dem Geruch von Kernseife verschwand. Wigland stand an Bord und suchte den nächtlichen Himmel ab. Alles war wie gewohnt. Befriedigt beobachtete er das Oberdeck, während seine Mannschaft ausgelassen johlte und immer wieder, abwechselnd den Krug in dem noch vollen Fass versenkten. Die Seeleute schöpften überschwänglich einen Becher nach dem anderen. Der Vorrat schien unerschöpflich. Es gab allen Grund zu feiern. Das Geschäft war wirklich außergewöhnlich gut verlaufen. Es herrschte überall an Bord ausgelassene Stimmung. Einige waghalsige Naturen hingen halb in der Takelage und drohten jeden Moment die Sturmtänzer, unfreiwillig, zu verlassen. Sie vertrauten auf: "Widtuschin" dem Schutzpatronen aller Seeleute.
Arwek grüßte jeden freundlich der ihm, freundschaftlich mit seinem Krug zuprostete. Er selbst rührte das Zeug nicht an. Er war ein Magier und hatte sich somit der Askese verschrieben. Seine Tätowierungen an den Händen, wiesen ihn als ein: "Trimbol" aus – einer der geboren wurde, dass magische Handwerk zu lernen. Er erinnerte sich nur noch bruchstückhaft an seine Kindheit. Dafür machte er die Magie verantwortlich. Mit jedem Zauber den er wirkte, verging ein Teil seiner selbst und wurde ersetzt – aber durch was? Niemand seiner Art war am Leben, um diese brennende Frage zu beantworten. Arwek zögerte einen Moment, dann positionierte er sich Mittschiffs. Er bezog Stellung im Schatten des Hauptmastes und streckte seine Arme weit aus. Er spürte das Prickeln in seinen Muskeln, von den Schultern ausgehend bis hinein in die Fingerspitzen. Da war es wieder, das Gefühl von Macht. Ein Impuls löste sich von seinem Körper und brandete lautlos über das Deck der "Sturmtänzer".
"Kapitän?" Arwek war lautlos an ihn herangetreten, "Wir haben ein Problem."
Wigland stellte keine weiteren Fragen, vielmehr wies er den Schwarzelfen an ihm in seine Kajüte zu folgen. Die Tür zur Offiziersmesse war kaum geschlossen, da wendete er sich auch schon neugierig an den Schwarzelfen.
"Was sagst du? Infiltriert vom schwarzen Orden?" Der Kapitän setzte sich und seufzte lautstark, "Ich wusste diese ganze Sache hat einen Haken – ich hätte es besser wissen müssen, als der Rat der Sechs, ausgerechnet mich, für dieses Unterfangen auswählte! Was ist mit Moosplanke und Pelenor?" Ohne eine Antwort des Elfen abzuwarten, stand Wigland hastig auf. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung, schien Wigland einen Plan zu haben: "Komm folge mir! Wir müssen nach Berglosa schauen – erzähl weiter bis wir im Krankenlager sind." Von oben tönten schräge Lieder, der heisere Chor wurde immer lauter. Berglosa lag in seiner Hängematte, sein Bein war versorgt. Er schnarchte selig, unter ihm lag ein leerer Krug der in der Brandung hin und her rollte.
"Wie viele?" Wigland hob den Krug auf und schnupperte prüfend.
"Ich kann es nicht sagen Herr, auf dem anderen Schiff konnte ich eindeutig fremde Wesen ausmachen. Sie waren allesamt unsichtbar. Unser aller Blick entzogen, die gibt es hier auch, aber da ist noch etwas anderes, was mich beunruhigt. Wie mir scheint sind Moosplanke und Pelenor keine Menschen."
Wigland setzte sich kraftlos auf einen der Reisigsäcke die hier zuhauf eingelagert waren – Feuerholz, ein seltenes und kostspieliges Gut auf Bucaneers White.
"Und die anderen?" Sein Gesicht war bleich geworden, die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben.
"Ich denke einige sind sauber – aber das müsste ich noch mal genauer prüfen und dafür brauche ich Zeit."
Wigland sah nach oben. Es krachte – jemand war wohl aus dem Mastkorb oder beim waghalsigen herumturnen, aus den Wanden gefallen.
Es wurde bereits hell. Die Stille des neu erwachten Morgen machte sich breit. Das nächtliche Besäufnis fand in den frühen Morgenstunden ein jähes Ende. Wigland und Arwek kletterten zurück an Deck. Die gesamte Mannschaft schien ausnahmslos zu schlafen. Das Fass war bis zum Boden geleert. Blut, Arwek sah Blut. Einer der Männer war tatsächlich, aus höchster Höhe, auf das Deck geprallt. Der Lage des Kopfes nach zu urteilen, hatte sich der arme Teufel sein Genick gebrochen. Schnell machten die beiden sich daran, ehe jemand gewahr wurde was überhaupt geschah, den scheinbar leblosen Trunkenbolden die Hände und Füße zu knebeln. Niemand sollte sich mehr rühren können. Als das geschehen war, zogen sie die, zu Bündeln verschnürten Seeleute, einer nach dem anderen unter protestierenden Stöhnen und Lallen an die Reling und richteten sie dort rücklings, einer nach dem anderen, auf. Keiner leistete nennenswerten Widerstand. Der Alkohol schien auch den rätselhaften Wesen zu schmecken, die sie so zahlreich unter der Mannschaft vermuteten. Moosplanke war der Erste der sich rührte. Er zog wütend an seinen Handfesseln. "Was soll dieser Mist?!" krächzte er heiser. Er rang nach Worten.
Pelenor zeigte sich ähnlich munter und rutschte ein Stück höher, um alles besser überblicken zu können. Arwek schaffte gerade den letzten Matrosen heran. Er zog ihn hinter sich her wie ein Reisigbündel und platzierte ihn grob an der Reling. Einer nach dem anderen erwachte unter Stöhnen. Alle beklagten sich lautstark und redeten durcheinander, das Licht des jungen Tages war einfach zu hell.
Wigland und Arwek bauten sich vor ihnen auf.
"Haltet gefälligst den Schnabel!" schnauzte der Kapitän seine, vor ihm liegende, Mannschaft an.
"Lasst mich erklären – seid einen Moment still!"
Arwek rührte sich nicht. Er suchte nacheinander konzentriert den Blick jedes einzelnen. Konnte man sie erkennen, gab es ein Merkmal?
"Was soll das? Habt ihr euch mit dem schwarzen Halbblut gegen uns verschworen?" brüllte Pelenor – soviel zur Freundschaft. Wigland sah Arwek betroffen an und hob entschuldigend seine Achseln.
"Genau, – es geht um den Mammon. Es geht immer um´s Gold!" mischte sich ein anderer lautstark ein. Der Matrose neben ihm kotzte und ächzte dabei, als wollte er jeden Moment den Löffel abgeben.
"Beruhigt euch, es ist jemand an Bord, eine fremde Macht."
"Fremde Macht? Was redest du da?" Jetzt gewann Wigland die uneingeschränkte Aufmerksamkeit seiner Mannschaft.
"Arwek hat einen magischen Scan beim Leichtern ausgeführt und dabei ist ihm aufgefallen, dass sich Fremde an Bord befanden, sie waren unsichtbar."
"Und dieses Schauermärchen glaubst du?" konterte Pelenor scharf, der sich jetzt ganz plötzlich aus seinem Katerzustand löste. Ein Raunen ging durch die Reihe.
"Das kann nicht wahr sein, bei allen Seeungeheuern, du glaubst diesem dahergelaufenen Schwarzelfen, diese an den Haaren herbeigezogene Geschichte?"
Wigland sah noch mal flehend zu Arwek als müsste er sich, mit diesem Seitenblick, noch einmal selbst überzeugen.
"Es ist wahr, was euer Kapitän sagt. Es sind Schatten unter uns. Der Orden hat uns infiltriert, oder sogar schlimmeres – vielleicht waren sie schon immer hier, unentdeckt zwischen unseren Freunden."
Wieder ging ein verständnisloses Raunen durch die versammelte Mannschaft.
"Schatten? Wer soll das sein, und wer von uns?" Alle drehten sich zu dem Neuankömmling. Es war Berglosa der humpelnd, auf eine Krücke gestützt, auf sie zukam.
Die Männer beruhigten sich etwas, flehende Rufe wurden laut, sie doch endlich loszubinden, aber Wigland verweigerte jede Hilfe. Das Schiff dümpelte schon seit Stunden Steuerlos über das Meer. Die See wurde unruhig. Der Himmel war grau. Nebel schlich von allen Seiten heran und bedrängte das Schiff. Sie hatten die Meerenge erreicht und näherten sich der berühmt, berüchtigten Geisterinsel. Das Problem musste schnell gelöst werden, um eine schlimmere Katastrophe abzuwenden. Arwek war gerade dabei, unter den argwöhnischen Blicken der Matrosen, einen weiteren Scan vorzubereiten. Ganz plötzlich verschwand der anhängliche Nebelschleier, als habe ein Riese ihn fort geblasen. Noch ehe sie adäquat reagieren konnten, stieß ein gigantischer, schwarzer Drache von oben herab und brüllte nach Leibeskräften. Der Kreuzmast brach und lehnte sich bedrohlich knarrend in Richtung Ruderpinne. Die Segeltücher begruben die völlig verdatterte Mannschaft, für einen bangen Moment. Wigland grub sich mühsam, unter dem schweren Segeltuch, hervor. Sein Blick maß den Himmel. Der Schwarze entfernte sich. Aber ein anderer Lindwurm, golden glänzend im schwachen Tageslicht, nahm seinen Platz ein und stürzte herab. Zielsicher pickte er sich den vergeblich fliehenden Berglosa vom Deck und zerkaute ihn im Vorbeiflug wie eine köstliche, reife Frucht. Der Blutregen prasselte trommelnd auf die Segel und hinterließ rote Schlieren. Arwek bückte sich, zu den flehenden Matrosen und versuchte eilig ihre Fesseln zu lösen.
Wigland trat mit suchenden Blick an die Reling Der Drache segelte fort, um kurz darauf wieder in die oberen Wolken zu stoßen. Da! – Der Schwarze setzte zum Sinkflug an. Arwek musste sich nicht weiter vergewissern: Es waren die Eltern ihrer gestrigen Ware, sicher war der schwarze Orden schlauer gewesen und hatten den Drachenjungen magisch abgeschirmt, so konnten die Alten nur diese eine Fährte aufnehmen – was diese, verfluchten Reptilien, zwangsläufig zur Sturmtänzer führte.
"Warum speien sie kein Feuer?" Wigland gab Anweisungen die Bordkanonen zu befüllen. Der wilde Hühnerhaufen ordnete sich routiniert. Das Steuerrad war unter dem Kreuzmast begraben. Zwei Matrosen machten sich daran, es mit gezielten Axthieben freizulegen, denn das Schiff drohte auf die Klippen zu fahren und so auf dem vorgelagerten Riff der Geisterinsel zu stranden. Ein sirrender Luftzug unterbrach ihre fiebrige Tätigkeit, alle horchten – ein Schatten huschte über das blutverschmierte Großsegel. Ein krachender Laut und ein nachfolgendes Knarren kündigte den unvermeidlichen Fall des Vormastes an. Die Seile der Wanten schlugen zischend um sich. Die Gien peitschte umher und schlug einen armen Wicht glatt die Zähne aus, bevor er rücklings von Bord fiel. Die Kanone krachte. Die entfesselte Kugel sirrte über das Wasser, verfehlte aber ihr Ziel um Längen.
"Wir sind verloren!" klagte die verbliebene Mannschaft vielstimmig. Der Großmast neigte sich und mit ihm das ganze Schiff. Die Männer krallten sich fest, aber die meisten fielen kopfüber hinab dem kalten, alles verschlingenden Nass entgegen – selbst Wigland der vergeblich nach Halt suchte, krachte in eine Segelplane gewickelt, in das aufschäumende Meer. Arwek hatte sich geistesgegenwärtig verschanzt. Fluchtartig verließ er das sich neigende Oberdeck. Er war noch geschwächt und hier oben lauerte der sichere Tod. Vergeblich hatte er versucht, in diesem Tumult, durch eindringliche Rufe, den Kapitän davon zu überzeugen, sein Schiff frühzeitig zu verlassen. Jetzt war es zu spät. Mast für Mast war von dem Drachenpärchen nieder gepflügt worden. Das Schiff richtete sich knarrend auf, nachdem der letzte Mast, losgelöst von den Seilen, schwer ins dunkle Meer sank. Eine unheimliche Stille, machte sich breit. Arwek horchte, im Unterdeck wurde es laut. Er vernahm einzelne Schreie, dann folgte das Schlagen von mächtigen Flügeln. Es krachte. Ein Zittern ging durch den hölzernen Schiffskörper. Die Drachen schwebten knapp über der Sturmtänzer und schlugen ihre mächtigen Krallen längsseits, in die Flanken des Schiffes. Für einen Moment fühlte sich Arwek schwerelos. Losgelöst hoben sich eingelagerte Fässer und Säcke. Alles, was nicht am Schiffskörper fixiert war schwebte, einen Lidschlag lang um gleich darauf, krachend zu Boden zu fallen. Arwek rappelte sich wieder auf und riskierte einen scheuen Blick durch das Bullauge seiner Kabine. Das Schiff begann zu steigen. Es schwebte bereits mehrere Fuß über dem Meer. Arwek beobachtete die Seeleute unter sich – sie schwammen um ihr Leben. Die meisten Schiffbrüchigen steuerten eilig auf die treibenden Masten zu. Ein gleich tönendes, unterschwelliges Brummen wurde hörbar. Es schien, als gaben die Drachen ein Signal ab. Arwek vermutete eine Art Lockruf. Die beiden riefen nach ihrem Kleinen und erwarteten unverzüglich Antwort. Wigland beobachtete das ungewöhnliche Spektakel, mit vor staunen offenem Mund. Er war nur knapp dem Tod entronnen. Das vollgesogene, bleischwere Segeltuch, hätte ihn beinahe ertränkt. Nur mit Mühe konnte er sich, in letzter Minute, befreien. Er fand einen Platz, direkt neben einem seiner Matrosen. Es war ein junger Kerl, der gerade angeheuert hatte und sich auf seiner Jungfernfahrt befand. Diese gesplitterten Maststücke gaben ein vortreffliches Floss auf Zeit ab. Ganz in der Nähe schwamm eines der drei Rettungsbote. Die Männer enterten es und eines ruderte bereits und nahm Schiffbrüchige auf. Wigland sah entgeistert seinem Schiff nach, während es weiter aufstieg und sich allmählich dem Blick entzog. Die Drachen hielten es mit ihren Pranken und ließen nicht mehr los. Beide schlugen gleichmäßig mit ihren weit ausladenden Flügeln. Bei allen Opfern – es war ein majestätischer Anblick wie das Schiff knarrend empor schwebte und ganz allmählich über ihm, in den Wolken verschwand. Der gewohnte, brummende Laut wurde hörbar, der mit jedem weiteren Flügelschlag nachließ und auf den Weiten des Silbermeeres verhalte. Eine fliegende Schatzkammer – dachte Wigland und sah dem Schiff sehnsüchtig nach, das ganz allmählich zwischen den Wolken verschwand.
Arwek hielt sich krampfhaft fest. Das ständige Auf und Ab bereitete ihm Übelkeit. In der Zwischenzeit waren Stunden vergangen, noch immer befanden sie sich über dem Meer. Das anhaltende, brummende Geräusch der Drachen verebbte. Der Schwarzelf verhielt sich ruhig, am liebsten hätte er das Atmen eingestellt – doch einmal, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, war er der Meinung die Drachen wären auf ihn aufmerksam geworden – warum sonst ließen sie ihn nicht samt Schiff einfach fallen und in der Weite des Meeres zurück? Ihm seinem Schicksal als Treibgut überlassend? Endlich, mit einem kurzen Blick sah er die Küstenlinie, von Gischt umbrodelte Felszinnen zeichneten sich scharf unter ihm ab. Es regnete. Er hörte ein leichtes Trommeln über sich und roch, unverkennbar "Salz". Doch auch hier endete die Reise der Lindwürmer noch nicht. Erst nach weiteren, unendlich scheinenden Stunden, ließen sie von dem Schiff ab. Alles ringsum, erhob sich in federleichter Schwerelosigkeit doch diesmal für länger. Arwek flog empor. Mit einer hastigen Geste knüpfte er einen Zauber. Ein blauer Schimmer ergoss sich über ihn, bevor er Gefahr lief, sich seinen Schädel an einem der oberen Querbalken aufzuschlagen. Durch seinen blauen Schutzkokon konnte er gut beobachten wie der Boden unter ihm eingedrückt wurde und die massiven Planken brachen. Bäume erwuchsen aus dem Nichts und spießten das Schiff, an vielen Stellen, regelrecht auf. Splitter, Gebrauchsgegenstände und Handelsware flogen wild umher und prallten gut sichtbar an seinem magischen Schutzwall ab. Arwek stand, nach einem bangen Moment, wieder auf festem Boden. Stille umgab ihn, nicht ein Laut war zu hören.
Lauschend wartete er einen Moment. Die Drachen waren nicht mehr zu hören. Anscheinend hatten sie das Schiffswrack aufgegeben, in der Erkenntnis, dass sich ihr Nachwuchs nicht im Bauch des Schiffes befand. Arwek riskierte einen zaghaften Blick nach draußen. Es war Nacht und die Sterne funkelten lebhaft durch weiße Wolkenschleier. Es roch angenehm nach Festland. Das Schiffswrack lag gebettet, auf einem Lager aus umgeknickten und geborstenen Ammentannen. Würziger Duft von Baumharz, stieg ihm in die Nase. So eine Fülle von Bäumen, hatte er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Still und schwarz umstanden die gewaltigen Tannen die neu geschaffene Lichtung. Sie wirkten beinahe bedrohlich. Gefangene in dem Zwielicht zwischen Tag und Nacht. Staunend gesellte er sich zu den stummen Riesen, die unendlich lange Schatten warfen und schenkte ihnen bewundernde Blicke. Es begann zu regnen. Arwek suchte sich ein notdürftiges Lager in den Überresten der „Sturmtänzer“. Er beschloss sich am nächsten Morgen frühzeitig auf den Weg zu machen. Es grenzte an ein Wunder, dass er noch lebte und die Drachen das Schiff samt Inhalt verschonten und nicht kurzerhand abfackelten, wie es sonst ihrer Natur entsprach. Asche war eine ihrer Nahrungsquellen und sie gierten danach. Was Arwek nicht ahnte: seinem Blick entzogen, kreisten die Drachen, in höchsten Höhen, den Göttern so nahe. Weit über ihm, beobachteten sie aufmerksam jeden seiner Schritte, mit regem Interesse. Keine seiner Bewegungen entging dem starren Blick, aus wachsamen Reptilienaugen.