Читать книгу Tina Modotti - Christiane Barckhausen - Страница 10
ОглавлениеAm 19. August 1905, elf Tage vor der Geburt seines letzten Sohnes, Giuseppe, nahm Vater Modotti zusammen mit seiner dreizehnjährigen Tochter Mercedes das Schiff nach Amerika. Dass ein Familienvater seine Frau so kurz vor der Entbindung allein ließ, ist mehr als erstaunlich. Entweder war Giuseppe Modotti gezwungen, das Land geradezu fluchtartig zu verlassen, oder er war alles andere als ein sorgender Ehemann und Vater.
Bei der Ankunft in New York gab er dem Einwanderungsbeamten zu Protokoll, er wolle zu seinem Bruder Francesco nach Turtles Creek reisen. Von dort aus siedelte er etwa zwei Jahre später nach San Francisco um, wo nach dem schweren Erdbeben von 1905 die Aufbauarbeiten in Gang kamen und er sich bessere Möglichkeiten erhoffte, das für die Übersiedlung der Familie nötige Geld zu verdienen. Im Jahre 1932 schrieb Tina Modotti in Beantwortung eines Fragebogens der Kommunistischen Internationale über die Jahre ihrer Kindheit, der Vater habe manchmal monatelang kein Lebenszeichen gegeben und auch kein Geld schicken können, so dass die Familie in Udine »praktisch von der Wohlfahrt« leben musste.
Der amerikanische Autor Robert D’Attilio hat herausgefunden, dass Giuseppe Modotti 1908 im Branchen-Adressbuch von San Francisco als Mitinhaber eines Geschäfts für »künstlerische Fotografie« eingetragen war und vermutet, dass die Fotografie in Tinas Leben schon sehr früh eine Rolle spielte. Italo Zannier berichtet von einem Besuch des Fotografen Pietro Modotti in New York im Jahre 1909. Es wäre denkbar, dass die beiden Brüder Giuseppe und Pietro Modotti damals planten, in San Francisco ein fotografisches Studio zu betreiben, und dass Giuseppe das gemeinsame Unternehmen vorausschauend anmeldete. Wenn es solche Pläne gab, so wurden sie jedoch nicht verwirklicht, denn schon im Jahre 1909 erschien Giuseppe Modotti im Adressbuch als Inhaber einer Werkstatt für die Herstellung und Reparatur von Maschinen.
Giuseppe Modotti konnte bei seiner Abreise aus Italien nicht ahnen, dass es 15 Jahre dauern würde, ehe er die Familie in Amerika wieder vereint sehen würde. Im Jahre 1913 hatte er gerade genug verdient und gespart, um seine Tochter Tina zu sich nach San Francisco zu holen.