Читать книгу Tina Modotti - Christiane Barckhausen - Страница 9
ОглавлениеEine Besonderheit der Kärntner Arbeiterbewegung war ihr gelebter, praktischer Internationalismus – auch wenn die Arbeiter dieses Wort vielleicht noch nie gehört hatten. Italiener und Slowenen arbeiteten in dieser Region, die noch heute als »Dreiländereck« bekannt ist, Seite an Seite mit ihren österreichischen Kollegen. Sie alle waren, ungeachtet ihrer Nationalität, billige Arbeitskräfte, die der Willkür der Unternehmer nur begegnen konnten, wenn sie die Sprach- und Nationalitäten-Grenzen überwanden. So war es kein Zufall, dass gerade die Arbeiterbewegung jener Jahre besonderen Wert auf die Erziehung zur Solidarität und zum Miteinander legte und in der Praxis die spätere Losung der Kommunistischen Internationale, »Proletarier aller Länder, vereinigt euch«, vorwegnahm.
Tina Modotti hat noch Jahrzehnte später voller Begeisterung von den Mai-Kundgebungen erzählt, bei denen ihr Vater sie auf den Arm nahm, damit sie die Arbeiter mit den erhobenen Fäusten besser sehen konnte. Als sie 1905 nach Udine zurückkehrte, um dort wenig später, im Alter von zwölf Jahren, Fabrikarbeiterin zu werden, brachte sie nicht nur die Kenntnis der deutschen Sprache mit, sondern auch ein Gespür für soziale Ungerechtigkeiten und für die Notwendigkeit der internationalen Klassensolidarität. Es ist gut möglich, dass diese frühen Kindheitserfahrungen viele Jahre später, als sie sich zur Mitarbeit in der Internationalen Roten Hilfe entschloss, eine wichtige Rolle spielten.