Читать книгу Tina Modotti - Christiane Barckhausen - Страница 12
ОглавлениеIn San Francisco gab es für die italienischen Einwanderer ein eigenes Opernhaus, und dem Autor Richard Dillon verdanken wir die Information, dass Tina 1918 in der »Compagnia Bruno Seragnoli« auftrat. Aus mehreren Theater-Rezensionen, die in Zeitungen von San Francisco erschienen, geht hervor, dass sie damals als eines der vielversprechendsten Talente am italienischen Theater galt. Außerdem trat sie als Rezitatorin in den »filodrammatiche«, den Laien-Theatergruppen, auf, die auf Höfen und Straßen ihre Vorstellungen gaben. Dies alles tat sie neben der Arbeit, mit der sie sich ihren Lebensunterhalt verdiente: zunächst in einer Fabrik, in der Herrenhemden hergestellt wurden, und später in einer Hutfabrik und in privaten Schneidereien. Manchmal war sie auch Modell bei Modenschauen.
San Francisco bot dem aufgeschlossenen jungen Mädchen zahllose neue Eindrücke und Erfahrungen, aber zuhause, bei Vater und Schwester, fand sie stets ein Stück Heimat. Die Ereignisse, die in jenen Jahren das Land und vor allem die Arbeiter-und Gewerkschaftsbewegung erregten, waren auch Thema der abendlichen Gespräche am Küchentisch der Modottis. Streiks und Aussperrungen waren an der Tagesordnung, und die Sympathien der Modottis lagen auf Seiten der »Wobblies«, der Mitglieder der mächtigen »Industrial Workers of the World (IWW)«. Bei Ausbruch des Weltkrieges verweigerten zahlreiche junge Nordamerikaner den Dienst in der Armee und entzogen sich der Rekrutierung durch Flucht ins benachbarte Mexiko, und auch ihnen galt die Anteilnahme des Sozialisten Giuseppe Modotti und seiner Töchter. US-amerikanische Polizeiakten der zwanziger Jahre bezeichnen die ganze Familie Modotti als »aktiv antifaschistisch«.