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Das Netz

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„Hey, Mann, wo warst du denn?“, tönt es Yoav vorwurfsvoll aus der hinteren Ecke der Studentenbude entgegen, bereits eine Millisekunde, nachdem er die Haustür hinter sich zugeworfen hat.

„Wieso, hast du mich etwa vermisst?“ Yoav bewegt sich unbeeindruckt in Richtung Küche weiter.

Boyle schlurft ihm in seinem üblichen Rundum-Planlos-Look und mit verdächtig viel Interesse entgegen. „Weiß nicht, ist irgendwie nicht dein üblicher Ablauf, Mann. Hab‘ mir Sorgen gemacht“, sagt er ein wenig leiser, als er Yoav in der Küche abfängt.

Wow, ein Anflug von Sympathie, ich bin gerührt. „Aber dass der Kühlschrank voll ist, hast du schon bemerkt“, entgegnet Yoav ironisch. Soviel Spaß muss sein, wenn das Minimum an Zivilisation schon ganz allein in seiner Verantwortung liegt.

„Klar, Mann, echt nett von dir. Ich hätt‘s sonst später auch noch gemacht, ganz sicher.“

Yoav schnappt sich kommentarlos einen Becher vom Küchenbord und schenkt sich Milch aus einem transparenten Plastikkanister ein. Die Milch hat dieselbe, fast durchsichtige Farbe wie ihre Verpackung. „Magst du auch was?“

„Klar, warum nicht.“ Boyle setzt sich zu ihm auf einen der klapprigen, blanken Holzstühle, die bereits mehrfach mit grellen Farben überstrichen worden sind, was nun dank der professionellen Ausführung in ein abgeblättertes Potpourri mündet. Beide schlürfen einen Moment lang still die kalte Milch in sich hinein und hängen in ihren Stühlen ab.

„Wo warste denn heute so lange?“, will Boyle schließlich wissen, „bei Quin und Mo?“

„Kann ich dich mal was fragen, ich meine so richtig, ernsthaft?“, antwortet sein Kumpel nachdenklich, ohne auf die Frage zuvor einzugehen.

„Klar, Mann, schieß ruhig los.“ Boyle genehmigt sich einen tiefen Schluck aus dem Becher als mentale Vorbereitung. Dann schaut er Yoav betont aufmerksam an.

„Hast du dir schon mal überlegt, warum wir eigentlich hier sind?“ Sein Ton verrät ein tiefes, persönliches Interesse.

„Wirst du jetzt etwa philosophisch, Alter? Wie meinste das denn? Hier, wie hier in der Stadt, oder hier, wie überhaupt am Leben und so?“, erwidert Boyle ungeduldig.

„Ich meine, hier in der Stadt, warum wir so leben, wie wir leben, hier, in diesem total abgefuckten Moloch.“

„Weiß nicht, denke wegen der Uni und so, und weil hier die Knete lebt, Mann, und ohne Moos………..du weißt schon. Aber wie kommste denn jetzt plötzlich darauf?“ Boyle ist erstmals an dem Inhalt der Konversation interessiert.

„Ich hab‘ da jemanden getroffen. Nein, nicht wie du denkst“, setzt Yoav schnell hinterher, als er schon ein bestimmtes Grinsen im Gesicht seines Gegenübers ausmachen kann, „keine Frau. So einen alten, seltsamen Typen, der mich irgendwie zum Nachdenken gebracht hat.“

„Na wenn‘s dir gut tut.“ Ein gelangweilter Blick an die Decke.

„Fragst du dich denn sowas nie? Ich meine, denkst du nie über das Leben nach? Was treibst du eigentlich so vor deiner Flimmerkiste die ganze Zeit, wenn du nicht gerade pennst oder qualmst?“ Yoavs Ton ist ungewollt aggressiv.

„Wow, wow, wow! Mal ganz langsam und geschmeidig. Du hältst mich wohl für ‚ne ziemlich dauerbekiffte Dumpfbacke, wenn ich mal nach deinem Ton urteilen darf.“ Boyle schaltet abrupt von entspannt auf ernst. „Willste das denn wirklich wissen, ernsthaft, nach zwei Jahren auf einmal, die wir nun schon an diesem lauschigen Plätzchen in trauter Zweisamkeit zusammen hausen?“

Yoav bemerkt sofort, dass er seinem Kumpel gerade zu nahe getreten ist. Doch jetzt ist es schon für eine Entschuldigung zu spät. „Ja, ich will“, erwidert er spaßhaft, um die ungewohnte Spannung zwischen ihnen zu neutralisieren.

„Na dann pack‘ mal deinen Becher, Alter, und komm‘ mit mir in meine Höhle“, schießt Boyle zurück. Mit einem schnellen, unerwarteten Satz hievt er sich von seinem Stuhl hoch und macht vor Yoav eine tiefe Verbeugung. Seine Arme schwenken zu seinem Zimmer hin, das offensichtlich das Zentrum seiner bis dato streng geheimen Aktivitäten bildet. Dann äußert er in dem höflichsten Ton, den er zustande bringt: „Wenn Sie mir bitte folgen möchten, Ihre Majestät.“

Der Casta-Zyklus: Initiation

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