Читать книгу Verlass die Stadt - Christina Maria Landerl - Страница 13

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(Florianigasse)

Es ist Sonntagvormittag und es ist schwül. Es ist nicht mehr heiß; trotzdem schwitzt man und fragt sich, warum. Der Kopf tut einem weh, und man wundert sich, weil man doch gestern gar nicht viel getrunken hat.

Die Josefstadt schläft nicht mehr jetzt. Ältere Damen führen ihre Hunde durch die Gassen, die eine oder andere ist wohl auch in der Kirche gewesen. Ein paar Läufer schaffen ihre ermüdeten Körper aus dem Volksgarten nach Hause. Es ist trotzdem still. Aber man darf sich die Stille nicht als angenehm vorstellen. Es herrscht eine Stille, die anstrengend ist.

Gudrun steht in der Bäckerei, die sonntags geöffnet hat, sie muss sich noch schnell eine Semmel kaufen, sie hat nicht gefrühstückt. Vor ihr stellen sich müde Jogger um Vollkornbrot (Gudrun denkt: Laufkundschaft), Langschläfer um Gebäck und alte Damen um Cremeschnitten für den Kaffee am Nachmittag an. Mühsam halten sie die Stille aufrecht, die alle so sehr mitzunehmen scheint.

Um elf Uhr ist Gudrun mit Peter vor der Florianigasse15 verabredet. Sie weiß, dass er zu spät kommen wird, und beschließt, sich nicht aufzuregen, erst mal zu warten und ihre Semmel zu essen. Sie beschließt auch, noch nicht zu klingeln, obwohl das lächerlich ist, sie hat hier bestimmt schon tausend Mal geklingelt, tausendmal hat sie vermutlich schon diese Taste, auf der kein Name, sondern eine Ziffer steht, gedrückt, und sie sieht die immer wieder von der Sonne ausgebleichte und nachgemalte 8 an, sie starrt auf die 8 und sie isst ihre trockene Semmel, indem sie immer wieder ein kleines Stück davon abreißt und sich in den Mund steckt, wobei viele kleine Brösel auf den Boden fallen, denen sie versonnen nachschaut, und dann steht auf einmal Peter da. Hast du noch nicht geklingelt?

Wenn in dem Moment, in dem die beiden das Haus mit der Nummer15 wieder verlassen, der Regen auf sie herunterstürzen würde, wenn es krachend donnern und die Temperatur rasant fallen würde, wenn sie sich die Jacken über den Kopf ziehen müssten, um sich zu schützen, und sie von hier wegrennen müssten, um sich in Sicherheit zu bringen, dann würde sie das nicht wundern; das wäre passend. Aber es ist noch genau so schwül wie vorher, es fällt kein Tropfen auf den Asphalt und es ist auch noch auf dieselbe Art still.

Verlass die Stadt

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