Читать книгу Verlass die Stadt - Christina Maria Landerl - Страница 14

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(Aida)

Die Wolken sehen aus, als würde es daraus regnen, aber die Straßen und Gehsteige sind trocken, sie weisen nicht diese kleinen dunklen Punkte auf, die allmählich größer werden und schließlich zusammenwachsen, bis der Boden nicht mehr grau ist, sondern schwarz.

Max sitzt hinter der Glasscheibe des Cafés, in dem Peter und Gudrun ihn treffen wollen, trinkt einen Mokka und schaut hinaus auf die Spitalgasse, wo es seiner Meinung nach regnen sollte.

Er würde seinen Sonntag lieber nicht in dieser deprimierenden Aidafiliale verbringen, wo lauter alte Menschen einzeln an Tischen vor Punschkrapfen sitzen, er wäre lieber zu Hause und nicht hier, wo alles rosa und braun ist, alles, die Einrichtung, die Kittel der Kellnerinnen und die Punschkrapfen, aber es hat dringend geklungen.

Schon beim Hören des Wortes AIDA hat er gedacht, es muss um etwas Ernstes gehen. Gudrun hat in einer Aidafiliale mit ihm Schluss gemacht, in dieser Aidafiliale sind sie gesessen, als sie Margot aus dem Krankenhaus abgeholt haben, und jetzt wird ihm endlich klar, worum es geht und worüber Peter am Telefon noch nicht sprechen wollte.

Warum wartet man hier immer ewig auf die Bedienung, fragt Gudrun, nachdem sie sich gesetzt hat, und winkt in Richtung Kellnerin.

Egal, wir erzählen dir jetzt, was passiert ist.

Wir haben bei Margot geklingelt.

Hausnummer15.

Tür8.

Zweiter Stock links.

Es hat jemand aufgemacht.

Eine Frau, die Maria heißt.

Sie sagt, sie ist eine Freundin von Margot, hast du schon jemals etwas von einer Maria gehört, überhaupt von einer Freundin, von anderen Freunden?

Egal. Maria ist vor ein paar Wochen in Margots Wohnung gezogen.

Sie wollte schon immer im Achten wohnen.

Wo Margot ist, weiß sie auch nicht. Sie glaubt, sie wollte weg aus Wien.

Sagt sie.

Die Kellnerin bringt ihnen schließlich Kaffee und das Telefonbuch. Peter ruft die Polizei an. Max versucht es am Meldeamt. Gudrun nimmt sich die Spitäler vor, beginnend mit dem AKH.

Es ist schon vorgekommen, dass Leute ihre Wohnung vermietet, ihre Sachen verkauft, ihre Versicherung gekündigt und ihren Telefonanschluss abgemeldet und sich erst anschließend von der Brücke gestürzt, aufgeknüpft oder erschossen haben. Das hat sich Gudrun aus vier Semestern Psychologiestudium gemerkt.

Die Polizei weiß nichts, aber sie sollen kommen und eine Abgängigkeitsanzeige machen. Das Meldeamt informiert Max darüber, dass er einen schriftlichen Antrag stellen muss, um eine Auskunft zu erhalten. Gudrun hat noch eine lange Liste mit Krankenhäusern vor sich. Ins AKH wurde in letzter Zeit aber keine Margot Foreith eingeliefert.

Warum immer in der Aida? fragt Max Gudrun, und sie weiß, was er meint.

Weil die Aida etwas Tröstliches und Beruhigendes hat: Cremeschnitten, sagt sie und steht auf, um anschließend mit einem kleinen Teller an den Tisch zurückzukehren, wo sie anfängt, maschinenartig braunweiße Bissen in sich hineinzugabeln. Wenn sie Schwierigkeiten hat, die durch den Zuckerguss verhärtete Blätterteigschicht zu zerteilen, schiebt sie sich riesige Stücke davon auf einmal in den Mund, um so schnell wie möglich wieder das Telefon in die Hand nehmen zu können.

Es sieht nicht so aus, als ob Cremeschnitten heute etwas ausrichten könnten.

Verlass die Stadt

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