Читать книгу Verlass die Stadt - Christina Maria Landerl - Страница 9

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(Margot)

Nach so einem klebrigen Sommertag ist der Abend in der Stadt schön. Die Hitze ist verschwunden, aber die Wärme hängt noch in den Mauern und liegt auf den Straßen, und man kann im Schanigarten sitzen, ohne zu schwitzen, ohne zu frieren. Nach so einem Tag legt sich die Nacht über die Stadt, als wäre sie ein Baumwolltuch, das alles sacht und sorgsam einhüllt. Man kann sich sicher fühlen an so einem Abend, in so einer Nacht.

Gudrun hat die Schuhe ausgezogen und die Füße auf den warmen Asphalt gestellt. Dass er dreckig ist, ist ihr jetzt egal. Eben ist Peter noch neben ihr gesessen und hat abgerechnet, jetzt ist er hineingegangen, um zwei Flaschen Bier zu holen. Gudrun schaut erst zufrieden auf ihre dunklen Fußsohlen und dann in die dunkle Margaretenstraße, die stiller und stiller wird. Sie sieht jemand auf sich zukommen; mit einem leicht wippenden, etwas breitbeinigen Gang, und noch bevor sie das Gesicht von Max erkannt hat, ruft sie Peter nach, er soll drei mitbringen, und lacht.

Peter stellt die Flaschen auf dem Tisch ab und umarmt Max, er freut sich, weil es selten vorkommt, dass sie hier oder anderswo abends zusammensitzen und Bier trinken. Mittlerweile kommt das kaum noch vor, anders als früher, wo das fast immer so war.

Vielleicht wäre heute ein guter Abend, um über früher zu sprechen, denkt Peter, aber Max spricht über jetzt, darüber, dass er länger arbeiten musste und Laura ohnehin schon schläft, denn die Schwangerschaft ist anstrengend. Und dann sagt er noch: Könnt ihr das glauben? Ich werde bald Vater!

Weil Gudrun das schon kennt und weil es sie nicht interessiert und weil sie sich jetzt an etwas erinnert, das sie bisher beiseitegeschoben hat, fragt sie:

Habt ihr etwas von Margot gehört?

Das wollte ich euch fragen, sagt Max.

Ich habe sie lang nicht gesehen, sagt Peter.

Sie ist bestimmt mit ihrer Diplomarbeit beschäftigt.

Bestimmt.

Sie ist fast fertig.

Wird auch Zeit. Sie arbeitet seit Jahren daran.

Ich habe vergessen, worüber sie schreibt.

Irgendwas über Wien und die Bachmann, oder?

Passt doch. Hoffentlich wird das was.

Sie wird das schon schaffen.

Dass sie sich so selten meldet, ist doch ein gutes Zeichen.

Soll ich sie noch anrufen jetzt? Ob sie auch noch kommt?

Heute nicht mehr. Heute ist es schon zu spät.

Aber bald.

Anschließend reden sie doch noch über früher, und weil es nicht kälter wird, sitzen sie noch lange da und reden über frühere Sommernächte in der Stadt, die schön waren.

In den nächsten Tagen vergessen sie, anzurufen.

Jemand bricht in Peters Lokal ein. Obwohl er kein Geld erbeutet, ist der Sachschaden groß. Der Arzt rät Laura zu einer Fruchtwasseruntersuchung. Max ist sehr besorgt. Gudrun muss sich auf einen Auftritt vorbereiten. Sie ist ungewöhnlich nervös deshalb.

Sie vergessen es. Sie haben anderes zu tun.

Verlass die Stadt

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