Читать книгу Harry in love - Christina Masch - Страница 6

Оглавление

Kapitel 1

Seit einer geschlagenen Woche hatte Isabel das Gefühl, dass sie verfolgt wurde. Egal, wo sie auch hinging, der schwarze Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen BY–47 FGH war auch dort. Erst dachte sie, sie bilde es sich nur ein. Doch heute Morgen gab es keinen Zweifel mehr daran. Denn seit gestern Abend, als sie nach Hause gekommen war, konnte sie den Mann in dem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite von ihrem Schlafzimmerfenster aus gut beobachten. Er hatte nicht einmal in der ganzen Nacht das Fahrzeug verlassen und sein Blick war stets auf ihre Tür gerichtet. Isabel wurde wütend, denn sie vermutete, wer der Auftraggeber war. Prompt konfrontierte sie ihren Beobachter mit ihrer Erkenntnis: „Sagen Sie mal, sind Sie es nicht langsam leid, mir überallhin zu folgen? Sie können Ihrem Boss mitteilen, dass er Sie wieder abziehen kann. Sie wissen ja nun, wo ich wohne und wo ich arbeite. Also verschwinden Sie endlich! Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen. Das, was ich gesagt habe, habe ich auch so gemeint!“ Dann machte Isabel auf dem Absatz kehrt; drehte sich aber sogleich noch einmal kurz um und sagte: „Ach übrigens, ich gehe jetzt zur Arbeit …“ Irritiert sah sie der Wachposten an, doch er sagte nichts.

Als sie zurück zum Haus lief, konnte sie sehen, wie der Mann den Wagen startete und fortfuhr. Mit einem selbstgefälligen Lächeln machte sich Isabel auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle. Doch sie hatte sich zu früh gefreut. Denn kaum bog sie auf dem Heimweg in die Straße zu ihrer Wohnung ein, konnte sie schon von weitem den schwarzen Mercedes stehen sehen. All ihre verflogene Wut kam sofort wieder zurück und mit großen, harten Schritten ging sie schnurstracks auf das Auto zu. „Entweder haben Sie oder Ihr Chef etwas an den Ohren; das grenzt ja schon fast an Nötigung! Machen Sie, dass Sie wegkommen oder ich rufe die Polizei!“, schrie Isabel den jungen Mann am Steuer an. Doch er verzog noch nicht einmal eine Miene. Stattdessen hob er nur fragend eine Augenbraue und sah Isabel ungläubig ins Gesicht.

Leicht irritiert erwiderte sie sein fragendes Gesicht.

„Glauben Sie wirklich, die Polizei würde etwas dagegen unternehmen, dass ich hier stehe?“, richtete der Wachposten ruhig und offen seine Worte an Isabel. Entsetzt starrte sie ihn an. „Es tut mir leid, aber ich tue auch nur meinen Job und befolge die mir aufgetragenen Befehle.“

Isabel schloss die Augen und seufzte tief. „Na schön, Sie scheinen wirklich der falsche Ansprechpartner für mich zu sein. Dann, bitte, fahren Sie mich zu Ihrem Auftraggeber!“, sagte Isabel bestimmend und setzte sich spontan in das Auto hinter den Fahrer.

Überrascht drehte er sich zu ihr um. „Was, jetzt?!“

„Nein, morgen; sofort natürlich!“, schrie Isabel den armen Mann erneut an. Verunsichert startete er den Wagen.

Am Buckingham Palast angekommen, bat der junge Mann Isabel, so lange im Auto zu warten, bis man sie holen komme würde. Und noch ehe sie dem widersprechen konnte, machte sich der Herr schleunigst auf den Weg zum Prinzen.

Nach geschlagenen zehn Minuten wurde Isabel von einem Bediensteten in einen Raum geführt. Doch auch dort wurde sie noch eine ganze Weile sich selbst überlassen. Sie hatte somit genug Zeit, sich in dem Raum umzusehen: Zu ihrer Rechten befand sich an der Wand der Eingangstür ein Kamin. An der rechten Wand ging dann eine zweite schmale Tür ab. Isabel nahm an, dass sie zu einem Nebenzimmer führte. Geradeaus, ihr gegenüber, stand ein großer, schwerer, mahagonifarbener Schreibtisch, auf dem sich neben verschiedenen Schreibutensilien auch ein Computer befand. Vor dem Tisch standen zwei breite schwarze Ledersessel und linkerhand im Zimmer gab es drei große Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten. Vor der Fensterfront gab es eine kleine Sitzecke, an der gut sechs Personen für eine Besprechung Platz hatten. Als Isabel diese Fakten bewusstwurden, dachte sie, sie sei in das Arbeitszimmer der Queen geführt worden. Prompt verflog ihre Wut und dafür traten Panik und Angst an deren Stelle. Was sollte sie sagen, wenn die Queen plötzlich ihr gegenüberstand und zu wissen wünschte, was sie von Prinz Harry wollte??? Unsicher sah sich Isabel um. Sollte sie, solange sie noch Zeit dafür hatte, wieder verschwinden?

Kaum reifte dieser Gedanke zu einer Tat heran, rannte sie auch schon Prinz Harry direkt in die Arme. Irritiert wich sie vor ihm zurück und blieb erst stehen, als ihr einer der Sessel den weiteren Fluchtweg versperrte. Verängstigt sah Isabel Prinz Harry an. Doch er war weder wütend noch überrascht. Gelassen schloss er die Türen hinter sich und lehnte sich dagegen. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, wartete er geduldig, bis Isabel ihren ersten Schrecken verdaut hatte.

„Sie wollten mich sprechen?“, waren daraufhin seine ersten, ruhigen Worte. Doch statt einer Antwort starrte sie ihn noch immer ungläubig an. „Miss Canningham? So war doch Ihr Name, wenn ich mich recht entsinne?“, wandte Harry weiter seine Worte an Isabel. Doch noch immer erfolgte keinerlei Reaktion von ihr. Langsam schritt Harry durch den Raum und begab sich hinter seinen Schreibtisch. „Wollen wir uns nicht setzen?“, fragte er und tat es dann einfach. Isabel schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, ehe sie sich zaghaft in den rechten Sessel ihm gegenüber setzte.

„Nun, Miss Canningham, was kann ich für Sie tun?“, fragte Harry, sich keiner Schuld bewusst, und schon entfachte er damit erneut die angestaute Wut in Isabel. Prompt sprang sie wieder auf.

„Sie verlogenes Scheusal, Sie wissen ganz genau, warum ich hier bin! Sie lassen mich doch seit einer Woche beschatten; finden Sie das lustig? Ich nicht! Also unterlassen Sie das, sonst werde ich Anzeige gegen Sie erstatten!“, schrie es sofort aus Isabel heraus.

Harry stützte derweil seine Ellenbogen auf die Stuhllehnen und verschränkte die Hände. „Miss Canningham. Bitte verzeihen Sie, dass mein Beobachter sich so unschicklich verhalten und somit versehentlich Ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Er sollte lediglich ein wachsames Auge auf Sie haben und mich darüber unterrichten, wo Sie hingehen und ob Ihr Weg Sie dabei eventuell zur Presse führen würde“, erklärte Harry ruhig.

„Was interessiert es Sie, wo ich hingehe, geschweige denn was ich gegebenenfalls mit der Presse zu tun habe?“, fragte Isabel erbost.

„Nun, ich werde es einmal so ausdrücken: Ich kann es mir nicht erlauben, schon wieder mit irgendwelchen schlechten Schlagzeilen in den Klatschspalten der Illustrierten zu stehen, das würde das Herz meiner Großmutter nicht verkraften.“ Fragend sah Isabel zum Prinzen herüber. „Die Queen ist nicht mehr die Jüngste und jede unnötige Aufregung würde ihr schaden“, erklärte Harry weiter.

„Das ist nicht mein Problem; es ist doch Ihr eigenes Verschulden, wenn Sie sich nicht zu benehmen wissen! Da sind ja meine Kinder noch besser erzogen als Sie!“

Entsetzt sah Harry Isabel an. „Ihre Kinder? Wie viele haben Sie denn?“

„Fünf“, war Isabels knappe Antwort.

Harry stand der Mund offen. „Für so alt habe ich Sie noch gar nicht gehalten …“

„Was fällt Ihnen ein?!“, schrie Isabel empört.

Harry erschrak, denn er hatte seinen Gedanken laut ausgesprochen. Er errötete prompt. „Bitte verzeihen Sie, so war das nicht gemeint! Aber ich schätze Sie nicht älter als achtundzwanzig; eher jünger“, offenbarte Harry ehrlich.

„Ich bin fünfundzwanzig. Und es sind nicht meine eigenen Kinder, sondern ich betreue sie nur. – Ich bin Tagesmutter.“

Harry fing an zu lachen. Irritiert sah Isabel herüber. Sie wusste nicht, was es da zu lachen gab.

Nachdem sich Harry wieder beruhigt hatte, entschuldigte er sich erneut bei Isabel. Mit einer einfachen Handbewegung wischte sie das Missverständnis vom Tisch. Im Gegenzug dafür kam Harry wieder auf das ursprüngliche Thema zurück: „Wollen Sie sich nicht doch wieder setzen?“

„Nein, danke, ich stehe lieber! Zumal ich davon ausgehe, dass sich unser Gespräch eh jeden Moment erledigt hat …“

„Ich kann also davon ausgehen, dass Sie sich nicht an die Presse wenden werden?“

„Warum sollte ich? Es wird wohl kaum jemanden interessieren, dass Sie ein ungehobelter Klotz mit einem unmöglichen Benehmen sind und auch noch die Frechheit besitzen, in die Privatsphäre anderer einzudringen.“, stellte Isabel leichtfertig fest.

„Wenn Sie das so sehen …“, begann Harry, hielt jedoch dann inne.

„Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie nicht der Widerling sind, den Sie doch so gerne nach außen kehren?!“, schrie es daraufhin ganz automatisch aus Isabel heraus.

Doch statt einer Antwort von Harry kam eine Antwort von einer Person hinter ihr: „Ich glaube, Sie vergreifen sich gerade im Ton, junge Dame! Es wäre angebracht, wenn Sie sich jetzt bei Seiner Hoheit entschuldigen und danach die Räumlichkeiten schleunigst wieder verlassen“, sagte die Queen todernst.

Aus Isabels Gesicht war jegliche Farbe gewichen. Abrupt drehte sie sich um, machte einen sehr tiefen, ehrfurchtsvollen Knicks vor der Queen und entschuldigte sich aufrichtig. Als sie sich wieder erhob, zierte ein dunkles Rot ihre Wangen und alles, was Isabel jetzt noch wollte, war weglaufen! Doch noch ehe Isabel den Raum verlassen konnte, hatte Harry auch schon nach ihrem Arm gegriffen und hielt sie fest. Völlig apart starrte Isabel den Prinzen an, während er mit seiner Großmutter sprach: „Grandma. Miss Canningham hat keinen Grund sich zu entschuldigen. Es war ihr gutes Recht, so mit mir umzuspringen. Denn ich bin derjenige, der sich ihr gegenüber zuvor unmöglich benommen hat. Wir waren gerade dabei, über die umständlichen Vorkommnisse zu sprechen und darüber eine gütliche Einigung zu finden.“

Isabel klappte überrascht die Kinnlade herunter. Denn sie hatte mit allem, nur nicht damit gerechnet. Die Queen sah mürrisch zwischen beiden hin und her und entschied sich, vorerst nichts weiter dazu zu sagen und verließ stattdessen, ohne ein weiteres Wort, wieder den Raum.

Auch nachdem die Queen bereits einige Minuten lang das Zimmer wieder verlassen hatte, standen Harry und Isabel noch immer vor dem Schreibtisch und starrten sich gegenseitig an; jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Isabel war die Erste, die ihre Stimme wiederfand: „Hätten Sie die Güte mich loszulassen? Sie tun mir weh!“

„Verzeihung, das wollte ich nicht!“, flüsterte Harry und strich sanft über Isabels Arm. Heftig, so als hätte sie sich verbrannt, entriss Isabel Harry ihren Arm. Ergebend hob Harry beide Hände in die Höhe und gewährte einige Schritte Abstand zwischen ihm und ihr. Isabel war darüber dankbar und beruhigte sich langsam wieder.

„Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie einen ungehobelten Klotz genannt habe. Sie können, wenn Sie wollen, auch recht anständig sein.“

„Danke für die Blumen“, erwiderte Harry und ein leichtes Grinsen huschte über sein Gesicht. „Ich wusste gar nicht, dass nur Worte Ihre Meinung über mich so schnell ändern können?!“

Prompt wurde Isabel knallrot.

Harry nutzte ihre Verlegenheit aus und betrachtete Isabel eindringlich. Sie hatte etwas Magisches an sich! Ihre kurzen, pechschwarzen Haare waren ein krasser Gegensatz zu ihrer schneeweißen Haut. Doch am interessantesten fand Harry noch immer ihre katzenartigen Augen. Sie waren von einem solch dunklen Grün, dass man zweimal hinschauen musste, um sich zu vergewissern, dass man sich nicht versah. In ihren Augen spiegelte sich das Grün der Wiesen wider. Ihre langen, dunklen Wimpern ließen sie schüchtern und unantastbar wirken. Jedoch ihr dunkelroter Mund lud zum Küssen ein.

Wieder einmal völlig perplex über seine eigenen Gedankengänge sagte Harry als Nächstes: „Ich weiß zwar nicht, was ich verbrochen habe, dass Sie solch eine abwertende Haltung mir gegenüber haben – abgesehen von dem Zwischenfall vor dem Spielzeugladen vergangene Woche –, aber sicher werden Ihre Gründe schon stichhaltiger Natur sein …“

Unsicher sah Isabel auf den Teppichboden zu ihren Füßen. Ein zaghaftes „Verzeihung“ kam über ihre Lippe, ohne dass sie dabei aufsah.

„Miss Canningham. Nicht Sie müssen sich entschuldigen, sondern ich mich bei Ihnen! Als Gentleman hätte ich mich erkundigen müssen, ob ich Ihnen wehgetan habe, als ich in Sie hineingerauscht bin. Ich hätte mich dafür entschuldigen müssen und eben Ihre Sachen aufheben sollen, statt Ihnen nur dabei zuzusehen. Gegebenenfalls hätte ich auch Ihre zu Bruch gegangenen Habseligkeiten anstandslos ersetzen müssen.“ Verwirrt sah Isabel den Prinzen an. „Sie haben schon Recht, ich habe mich wie ein Idiot benommen. Ich hatte es eilig und habe nur an meinen Status gedacht“, erklärte Harry sachlich und ruhig weiter, während er um den Schreibtisch herumging und ein Schubfach öffnete. „Leider kann ich eine Sache nicht wieder anstandslos ersetzen“, sagte er und schob dabei den kleinen Holzsockel und die Musikwalze über den Tisch.

Als Isabel die Reste ihrer Spieluhr sah, fing sie unweigerlich an zu weinen. Sofort war Harry zur Stelle und zog sie, keinen Widerspruch duldend, in seine Arme. „Es tut mir leid!“, flüsterte er.

„Harry, kannst Du mir bitte einmal sagen, was Du jetzt schon wieder … angestellt hast???“, kam es plötzlich von der Tür. Es war Prinz William und er sah ungläubig auf das Bild, welches sich ihm bot: Eine unbekannte junge Frau, weinend in den Armen seines Bruders. Sofort riss sich Isabel von Harry los und ohne William eines Blickes zu würdigen, rannte sie aus dem Raum. Fragend sah William erst der jungen Dame hinterher und dann zu seinem Bruder herüber. Harry lehnte am Schreibtisch und strich sich mit den Händen durchs Haar. „Willst Du mir irgendetwas hierzu sagen; oder solltest Du nicht viel lieber ihr hinterher?“, fragte William.

Harry schüttelte resigniert den Kopf und warf sich in den Sessel, auf dem vor kurzem noch Isabel gesessen hatte. William schloss die Türen und setzte sich zu seinem Bruder. „Ist sie der Grund für Elisabeth’ Wutausbruch?“, fragte William sogleich. Harry verdrehte entnervt die Augen und berichtete dann, was ihm in der letzten Woche widerfahren war.

Nachdem sich William die ganze Geschichte angehört hatte, kam er nur zu einer einzigen Erkenntnis: Sein Bruder empfand etwas für die junge Dame, was sein Herz höher schlagen ließ! Harry stritt dies natürlich sofort energisch ab, doch sein schmerzerfüllter Blick strafte seine Worte lügen. Ausgerechnet die Frau, die ihm wie eine Erscheinung seiner innersten Träume begegnet war, hatte er nicht nur beschämt, sondern ihr auch noch Leid zugefügt, das er nicht wieder lindern konnte. Harry seufzte verzweifelt. Prinz William dagegen gab das neue Sorgenkind noch nicht gänzlich auf, denn so hatte er seinen Bruder noch nie erlebt! „Hey, Harry, Kopf hoch, das wird schon wieder. Lass ihr etwas Zeit …“

Harry lachte bitter auf. „Die Worte kommen mir irgendwie bekannt vor. Waren es nicht genau dieselben Worte, die Dad verwendete, als Du die Bande zwischen Dir und Jane aufzugeben drohtest?“

William schmunzelte. „Gerade deswegen sage ich sie Dir ja! Und wie Du jeden Tag selbst sehen kannst, hat sich das Kämpfen gelohnt: Ich bin mit Jane glücklich verheiratet und verliebt wie am ersten Tag.“

Harry schloss die Augen und wollte seinen Kopf auf die Tischplatte legen, dabei stieß er mit der Hand an die Musikwalze. Abrupt setzte er sich wieder auf und nahm sie in die Hand. Geistesabwesend drehte er an der kleinen Kurbel. Obwohl sich die Walze in ihrer Verankerung drehte, ertönte keine Melodie, da die Klangnadel abgebrochen war. Harry seufzte erneut lang und anhaltend.

Als er zu seinem Bruder herüberschauen wollte, war dieser jedoch nicht mehr da. William hatte zwischenzeitlich den Raum verlassen, um Harry mit seinen Gedanken allein zu lassen.

Harry in love

Подняться наверх