Читать книгу Regulus Tenebris - Prinz der Finsternis - Christine Engel - Страница 12

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Das Meeting verlief erfolgreich, auch wenn Akira sich diesmal überhaupt nicht darauf vorbereitet hatte. Das Ergebnis war trotzdem hervorragend. Sie hatte erneut bewiesen, wie wichtig sie für die Firma war, denn sie hatte den bestmöglichen Profit aushandeln können.

Akira verabschiedete die Gäste und begleitete sie zusammen mit ihrem Chef Mr. Perkins durch das Großraumbüro vor dem Konferenzraum zu dem Aufzug. Dort schüttelten sie sich noch einmal die Hände, ehe sie beobachtete, wie die Gäste einstiegen und sich die Aufzugtür hinter ihnen schloss.

Mr. Perkins drehte sich zu ihr herum. Er war mittelgroß und trug einen teuren dunklen Anzug. Mit freundlichem Gesicht nickte er ihr zu und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. »Ms. Jonson, das haben Sie gut gemacht.«

Akira nickte nur. Sie wollte nicht weiter darauf eingehen, denn eigentlich war es nur Glück gewesen.

»Aber bitte machen Sie nie wieder so etwas wie letzte Woche. Wir mussten mehrere Termine für Sie umlegen. Außerdem habe ich mir wirklich Sorgen um Sie gemacht. Als Ms. Waters Sie auch nicht erreichen konnte sogar noch mehr. Wo waren Sie denn nur?«

Akira schluckte. »Das würden Sie mir sowieso nicht glauben. Aber es wird nie wieder vorkommen«, versicherte sie ihm, allerdings war sie nicht sicher, dass sie dieses Versprechen auch würde halten können.

Ihr Chef aber war zufrieden. Nickte ihr zu und ging in sein Büro. Das war eins der Räume, die von dem Großraumbüro abgingen.

Susan trat auf sie zu und grinste. »Ich habe es schon gehört. Alles ist gut gelaufen. Du bist echt super! Wann hast du den Rest vorbereitet?«

Verlegen lächelte Akira ihre Freundin an. »Gar nicht!«

»Was? Du hast dich nicht vorbereitet und es hat trotzdem hingehauen. Wahnsinn!«

»Ach, mach nicht so ein Aufheben davon. Außerdem war das nicht alles mein Verdienst. Ich habe nur das Gespräch geführt. Mr. Perkins war auch überzeugend.« Akira ging zu ihrem Schreibtisch.

Susan folgte ihrer Freundin. »Wollen wir jetzt etwas essen gehen und du erzählst mir in Ruhe, was dir letzte Woche passiert ist? Ich muss dir auch etwas über Mia sagen.«

Akira nickte und ging mit ihrer Freundin zu ihrem Stammlokal um die Ecke. Der Italiener hatte einfach die besten Spaghetti. Akira konnte es kaum erwarten, die Nudeln zu schmecken. Besonders da sie in den letzten zwei Monaten nur seltsame Pampe gegessen hatte, von der sie gar nicht so genau wissen wollte, was darin war. Voller Vorfreude saß sie ihrer Freundin am Tisch gegenüber und wartete auf ihre Bestellung.

Jede der beiden Frauen hielt ein Glas in der Hand. Auch etwas, was Akira in der letzten Zeit schmerzlich vermisst hatte. Mit jemandem gemeinsam zusammensitzen und einfach nur quatschen zu können. Doch der Gedanke, dass sie es hier genießen konnte, während Mia wahrscheinlich tot war, betrübte sie sehr.

»So nun mal heraus damit! Wo bist du gewesen, die letzte Woche? Und versuch mir nicht zu erzählen, dass du krank zu Hause warst.« Sie schüttelte den Kopf und hob den Zeigefinger. »Ich habe deinen Schlüssel und habe mich um deine Pflanzen gekümmert. Du warst nicht da.«

»Ich war wirklich nur eine Woche weg? Das kann ich gar nicht glauben. Für mich fühlte es sich an, als seien es zwei Monate gewesen.«

»Womit du wieder mal geschickt meiner Frage ausgewichen bist.« Susan verdrehte die Augen. »Ich sterbe vor Neugier! Rede schon! Wo warst du denn nur? Ich habe mir entsetzliche Sorgen um dich gemacht.«

»Ich glaube, du wirst mir nicht glauben, wenn ich dir sage, dass Peter ein Dämon war, der mich nach Abyss, in die Unterwelt entführt hat, um mich zu verkaufen.«

»Äh, sicher nicht! Aber wenn du es mir nicht sagen willst, was los war, dann ist das auch in Ordnung!« Beleidigt sah sie Akira an.

Akira schaute ihre Freundin eindringlich an. »Nein! Ich war wirklich in der Unterwelt und wurde dort zwei Monate lang gezwungen, diverse Arbeiten zu erledigen.«

»Du warst nur eine Woche weg!«

»Ja. Das habe ich auch bemerkt. Die Zeit scheint dort anders zu verlaufen.«

Susan schüttelte nur ungläubig lächelnd den Kopf.

»Dabei hatte ich noch Glück«, berichtete Akira unbekümmert weiter, »dass ich nicht für etwas anderes geeignet war. Mia war auch dort und hatte nicht so ein Glück. Sie ist verschwunden, stimmts?«

Nun wurde Susan ernst. »Ja!? Das wollte ich dir gleich erzählen.«

»Es tut mir leid, es dir so sagen zu müssen, aber ich wüsste auch keine bessere Variante. Ich vermute, dass Mia tot ist. Warum ich jetzt wieder hier bin, verstehe ich selbst nicht so richtig.«

»Komm, hör doch auf mit dem Blödsinn!« Susan stellte das Glas auf den Tisch und lehnte sich etwas zurück. »Sag mir doch einfach, dass Peter so gut war, dass du nicht mehr aus dem Bett raus konntest.« Sie beugte sich wieder etwas vor. »War es so? Warst du bei ihm?«

»In gewisser Weise schon. Aber er war nicht gut und er war auch nicht nett. Er war ein Dämon! Aber Regulus Tenebris hat ihn getötet!«

Genervt verdrehte Susan die Augen. »Wer? Ach, ist auch egal, irgendwann wirst du mir schon die Wahrheit sagen.« Sie trank einen Schluck, dann fuhr sie fort: »Übrigens ist Mia seit dem Tag an dem wir sie zuletzt im »Let´s Dance« sahen, tatsächlich verschwunden. Auch zur Arbeit ist sie nicht mehr gekommen. Wer hat dir das denn schon erzählt?«

»Ich weiß es von den anderen Menschen dort in der Unterwelt.«

»Komm, hör doch endlich auf mit diesem Schwachsinn.«

»Ich sage dir doch, sie war in der Unterwelt so wie ich.«

Susan schüttelte den Kopf.

»Mia war doch mit Peter gegangen, wenn du dich erinnerst?«

Susan schnaubte, dann nickte sie ihrer Freundin jedoch zu.

»Peter hat mir erzählt, dass er sie auch in die Unterwelt gebracht hat. Ich habe mich am Sonnabend noch einmal mit Peter getroffen. Da wusste ich noch nichts von Mia. Ich wollte ihm eine Chance geben, weil ich euren Rat beherzigen wollte, obwohl ich ihn nicht wirklich gern mochte. Er brachte mich erst am nächsten Tag in die Unterwelt. Die Zeit läuft in der Unterwelt wohl schneller. Daher waren dort schon mehrere Tage vergangen, als ich dort in der Burg eintraf, und Mia war bereits wieder weg, da er für sie einen Käufer finden konnte.«

»In was denn für eine Burg?«

»Peter lebte in der Unterwelt in einer Burg. Dorthin brachte er mich auch. Diese Burg hatte er wohl einem anderen Dämon gestohlen, diesem Regulus Tenebris. Der hat sie sich schließlich wieder zurückgeholt, wobei er Peter getötet hat.«

Susan starrte Akira an. Dann begann sie zu kichern. »Du hättest Schriftstellerin werden sollen, schon in der Schule konntest du tolle Geschichten erzählen. Aber jetzt hör bitte mit diesem Blödsinn auf. Mia wird schon wieder auftauchen. Sie ist doch schon öfter einfach eine Zeit lang verschwunden.« Susan wurde ernst und legte ihre Hand auf Akiras Arm. »Aber ich freue mich, dass du wieder da bist. Auch, wenn du mir wie immer nichts sagen willst. Irgendwann wirst du schon mit der Sprache rausrücken. Dafür kenne ich dich einfach zu gut. Du willst es jetzt nicht sagen, also sagst du es auch nicht. Das ist okay!« Sie sah ihre Freundin an. »Ich habe dich vermisst und mir entsetzliche Sorgen um dich gemacht.«

Akira lächelte ihr zu. »Schön, dass ich dir gefehlt habe.« Das zu wissen, tat Akira wirklich gut. Nicht dass es ihr etwas geholfen hätte, aber so wusste sie wenigstens, dass sie nicht allen egal war.

Susan schaute an Akira vorbei und runzelte leicht die Stirn. »Sieh mal den großen, dunklen Typen dort an der Bar hinter dir. Seit wir hier drinnen sind, kann er die Augen nicht von dir lassen. Vielleicht hast du so doch noch jemanden gefunden, ohne dich anzustrengen. Der verschlingt dich ja förmlich mit den Augen.«

Danach stand Akira nun nicht gerade der Sinn. Trotzdem drehte sie sich leicht lächelnd zur Bar um. Am Tresen sah sie den großen, dunklen Mann sitzen. Er hatte den Kopf leicht gesenkt und so lag sein Gesicht im Schatten. Er trug einen schwarzen Anzug mit Krawatte und ein weißes Hemd. Jetzt hob er den Kopf und sah sie direkt an. Dabei hob er leicht eine Augenbraue und Akira vergaß zu atmen. Es war Regulus Tenebris. Er war ihr hierher gefolgt. Panik machte ihr das Atmen schwer. Sie atmete nur noch in kurzen Atemzügen und stand sofort auf, wobei sie den Stuhl so hastig zurückschob, dass er fast umfiel.

Überrascht drehte sich Susan wieder zu ihrer Freundin zurück.

»Ich habe keinen Hunger mehr«, sagte Akira schnell, legte die Serviette auf den Teller und eilte aus dem Lokal, dabei sagte sie noch. »Ich hoffe, wir sehen uns morgen im Büro!«

»Aber du hattest dich doch so auf die Spaghetti gefreut …«, rief ihr Susan hinterher.

Akira aber hörte gar nicht mehr zu, sondern hastete zum Ausgang. Er hatte sie gefunden. Vielleicht hatte er sie auch die ganze Zeit beobachtet. Nun würde er sie sicherlich zurückbringen wollen. Warum sonst sollte er da sein und sie beobachten? Sie atmete hastig und blieb vor dem Lokal stehen. Dort sah sie sich gehetzt um. In welche Richtung sollte sie fliehen? Wohin konnte sie denn überhaupt verschwinden? Bestimmt würde er sie erneut finden und dann zurückbringen. Akira wollte aber nie wieder zurück, wollte nie wieder Abyss betreten. Sie musste hier weg. Bevor sie die Straße hinunterlaufen konnte, war er schon neben ihr und fasste sie am Arm an. Seine ruhige, wohlklingende Stimme drang ganz nah in ihr Ohr. »Ist es hier besser für dich? Kannst du hier noch einmal für mich lachen?«

»Was?« Entsetzt versuchte sie, sich von ihm loszumachen, aber er hielt sie fest. »Bitte lass mich doch gehen. Du brauchst mich doch gar nicht. Du hast doch alles und ich bin bloß ein kleiner, unbedeutender Mensch für dich!« Akira legte den Kopf weit zurück, damit sie ihn ansehen konnte.

»Du schuldest mir ein Lachen! Ich habe dich dafür hergebracht und dir sogar noch Zeit gelassen. Aber jetzt will ich es hören. Mach schon«, fordert er sie auf, wobei er sie intensiv ansah.

Sie blickte ihm in seine dunklen, abgrundtiefen Augen. »So einfach geht das doch nicht.«

»Doch so einfach geht das. Mach schon!«

Panisch sah sie ihn an.

Da wurde er von einem anderen Gast, der das Lokal verlassen wollte, von hinten angestoßen. »Hey Mann, geht das Mal weiter! Klärt das doch zu Hause. Ihr blockiert den Ausgang. Wir wollen auch noch raus.«

Tenebris und Akira standen noch halb in der Tür des Lokals. Nun sah sich der Dämon nach dem Mann um und war kurz abgelenkt.

Sofort riss sich Akira von ihm los und rannte die Straße hinunter.

Regulus aber blieb stehen und musste dann hilflos mit ansehen, wie seine Beute davonlief.

Wütend versuchte der Geschäftsmann Tenebris zur Seite zu schieben. »Verdammt, machen Sie endlich die Tür frei. Die Frau ist Ihnen entwischt.«

Regulus Tenebris drehte sich nun ganz zu dem Mann herum und sah ihn erneut an. Seine Augen glühten nun rot vor Wut. Aber er sagte nichts.

Der Mann aber wich zurück in das Restaurant und vergaß, dass er es eilig hatte. »Oh Scheiße, nichts für ungut. Okay, lassen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Ich muss da noch etwas holen«, murmelte er dabei.

Regulus Tenebris drehte sich wieder zur Straße um. Er schaute in die Richtung, in die Akira verschwunden war und folgte ihr. Ein leichtes Lächeln umspielte nun seinen Lippen. Wer hätte gedacht, dass es so unterhaltsam sein konnte? Eigentlich hatte er sie mit der Illusion von der Wiese nur bestrafen wollen, aber dann lachte sie. So ein Lachen hatte er noch niemals zuvor gehört. Er wusste nicht einmal, dass jemand so lachen konnte. Sie hatte recht, wieso sollte jemand wie sie in der Abyss auch so fröhlich sein. Er selbst war schon das eine oder andere Mal auf der Erde gewesen, aber immer nur, um Dämonen zurückzuholen. Niemals hatte er sich dafür interessiert hierzubleiben oder die Gewohnheiten der Menschen zu studieren. Daher hatte ihn Akiras Lachen auch so kalt erwischt. Völlig davon verzaubert hatte er sie gebeten, noch einmal für ihn so zu lachen. Aber sie hatte es ihm verweigert. Ihm verweigerte niemand etwas! Er bekam immer, was er wollte. Aber sie verwehrte es ihm. Das konnte er nicht einfach so hinnehmen. Jedoch ihre Erklärung klang logisch, daher hatte er sie hierhergebracht. Doch nun wollte sie ihn es auch hier nicht noch einmal hören lassen. Aber Regulus wäre nicht er gewesen, wenn er aufgegeben hätte. Er würde nicht bekommen, was er wollte, wenn er versuchte, sie dazu zu zwingen. Das war ihm nun klar. Dieser kleine Dickschädel versuchte lieber vor ihm davonzulaufen. Sein Lächeln vertiefte sich. Dann würde er eben eine andere Taktik versuchen. Ja, sie stellte eine Herausforderung dar und er liebte Herausforderungen. Ja, es gefiel ihm eindeutig.

Akira hingegen war nicht so gut gelaunt. Sie hatte entsetzliche Angst und eilte die Straße hinunter, nur weg von ihm. Immer wieder sah sie sich panisch nach ihm um. Konnte ihn aber nicht mehr erkennen. Er konnte sie einfach wieder in diese Hölle zurückbringen. Peter hatte dafür ein Portal gebraucht, aber er hatte sie einfach nur angefasst und schon war sie hier in Memphis gewesen. Falls dies nicht doch nur eine Illusion war, war er ein deutlich mächtigerer Dämon als Peter. Vor Furcht war ihr regelrecht schlecht geworden. Hastig überquerte sie eine Straße. Sie musste hier weg. Sie musste ihm entkommen. Immer wieder sah sie sich um. Sie konnte ihn aber zum Glück nirgendwo entdecken. Vielleicht hatte sie ihn abgehängt? Rasch bog sie um die Ecke in eine Seitenstraße ein und verbarg sich in einer dunklen Ecke dieser Gasse. Bitte lass ihn mich übersehen, betete sie stumm. Bitte lass ihn mich vergessen. Sie presste sich an die dreckige Wand des Gebäudes hinter ihr und wartete zitternd. Aber nichts geschah. Er folgte ihr nicht. Akira wusste nicht, ob sie hoffen durfte.

Da stieß sie etwas am Bein an. Sie erkannte einen großen, schwarzen Straßenhund, der neben ihr stand. Sofort wich sie zurück.

Aber das Tier machte keine Anstalten, sie zu beißen. Es setzte sich ruhig hin und sah sie aus großen, schwarzen Augen an. Es bot ein schreckliches Bild. Das kurze Fell war völlig zerzaust. Es klebte Dreck und Blut daran. Na ja, vielleicht auch nur Ketchup oder roter Schlamm, so genau konnte sie es nicht erkennen. An der linken Brust und dem Vorderbein wirkte das Fell des Tieres sogar angesengt. Traurig sah der Hund sie an.

»Na du, wer bist du denn?« Sie streckte vorsichtig die Hand aus und streichelte den Hund am Kopf.

Er zuckte kurz zurück, dann aber schien ihm die Berührung zu gefallen und er ließ es zu. Sie lächelte ihn warm an und kraulte ihn weiter hinter den Ohren und unter dem Hals. »Dir scheint das Leben auch übel mitgespielt zu haben, was?« Akira ließ die Hand sinken und trat dann um das Tier herum. Leise und vorsichtig schlich sie zur Ecke und spähte aus der Gasse heraus. Erst jetzt atmete sie wieder aus. Sie hatte die Luft angehalten, weil sie fürchtete, Tenebris könnte dort bereits stehen. Aber die Straße war leer. Nur Autos und Menschen konnte sie dort erkennen. Nun trat sie wieder auf die Hauptstraße zurück und schlich weiter hinunter in Richtung ihrer Wohnung. Dabei hielt sie sich immer in den Schatten der Gebäude und sah sie immer wieder ängstlich um. Am Wohngebäude angekommen, stellte sie fest, dass der Straßenhund ihr gefolgt war. »Hey, nur weil ich dich gestreichelt habe, war das doch keine Aufforderung, mit mir zu kommen.« Sie lächelte ihn an, streichelte ihm noch einmal zärtlich über den Kopf, drehte sich dann aber um und öffnete die Tür und ging in den Eingangsflur des Mehrfamilienhauses. Sie wollte die Tür zur Straße schließen, aber das Tier ließ es nicht zu, sondern drängte vorwärts und schaute sie aus diesen schönen, dunklen Augen so unendlich traurig an. »Okay, ich verstehe ja, wie du dich fühlst. Aber ich bin berufstätig und habe außerdem noch andere Probleme. Ich kann keinen Hund versorgen. Scheiße man, ich weiß nicht einmal, ob es gut ist, jetzt in die Wohnung zu gehen. Vielleicht wartet er dort auf mich.«

Der schwarze Hund rührte sich kein Stück und wartete nur.

Seufzend gab sie es auf und er huschte in das Treppenhaus und folgte ihr weiter die Treppe hinauf bis in ihre Wohnung. Sie öffnete vorsichtig die Tür zur Wohnung und spähte hinein. Niemand war zu sehen. Erleichtert atmete sie auf. Wie selbstverständlich folgte er ihr auch in die Wohnung hinein. »Ich habe ja schon davon gehört, dass man streunende Tiere nicht loswird, wenn man sie füttert, aber dass einem das auch passiert, nur weil man sie streichelt, davon habe ich bisher noch nie etwas gehört.« Kopfschüttelnd schloss sie die Tür hinter dem großen Hund und machte das Licht an. »Hoffentlich bist du stubenrein!« Sie sah den Hund lächelnd an.

Er setzte sich vor sie auf den Boden und wartete. Dabei legte er den Kopf leicht schräg.

Akira schaltete das Licht im Flur an. »Was mache ich denn jetzt mit dir?« Sie trat auf ihn zu und streichelte ihn vorsichtig.

Da legte er seinen Kopf an ihr Bein.

»Das magst du was?« Akira sah im Licht der Wohnung die Wunden des Tieres deutlicher. »Wer hat dich bloß so verletzt?« Sie untersuchte ihn vorsichtig. »Komm mal mit ins Badezimmer. Wir sollten deine Wunden versorgen, dann sehen wir weiter.« Sie ging vor und der Hund folgte ihr. Im Badezimmer nahm sie einen Waschlappen aus dem Schrank und machte ihn mit warmem Wasser feucht. Dann begann sie damit, seine Wunden vorsichtig zu reinigen. Dabei stellte sie fest, dass einige recht tiefe Verletzungen dabei waren. Andere wiederum sahen eher aus wie Brandwunden. Während sie die Stellen reinigte, sprach sie auf den Hund beruhigend ein. Trotzdem wimmerte das Tier etwas, als sie eine tiefe Wunde versorgte. Sofort zuckte Akira zurück. »Entschuldige bitte! War das zu doll?« Sie runzelte die Stirn. Es sah fast so aus, als würde der Hund grinsen. Aber das konnten Hunde nicht.

Vorsichtig reinigte sie seine Wunden weiter. »Warte kurz hier, ich habe eine Brandsalbe in der Küche, die hole ich schnell.«

Schon kehrte sie mit der Salbe zurück und bestrich die Brandwunden damit vorsichtig. »Ist da jemand mit einem Flammenwerfer auf dich losgegangen? Du Armer.« Sie kuschelte ihr Gesicht in sein Fell. Endlich hatte sie alle Verletzungen versorgt und sah das Tier erwartungsvoll an. »Und was jetzt? Hast du vielleicht Hunger?«

Der Hund saß nur da und wartete, während er sie nicht aus den Augen ließ.

»Sicher hast du Hunger. Aber ich weiß nicht, ob ich etwas für dich hier habe. Komm mal mit in die Küche.«

Der Hund folgte ihr sofort in die Küche.

»Du verstehst wohl jedes Wort, was?« Sie öffnete den Kühlschrank und fand noch geräucherte Wurst darin. Sie nahm die Wurst, ohne zu zögern heraus und reichte sie dem Tier.

Vorsichtig nahm er die Wurst aus ihren Fingern, kaute kurz und schluckte sie dann hinunter.

Akira sah ihn an. »Du armes Ding. Du scheinst völlig ausgehungert zu sein. Ich wünschte, ich könnte mich um dich kümmern. Aber die Wahrheit ist, ich könnte jeden Moment wieder hier verschwinden, dann bist du hier ganz allein. Aber keine Angst, meine Freundin Susan würde in ein bis zwei Tagen herkommen und dich dann sicherlich freilassen. Ich sage dir das nur für den Fall, dass ich wirklich verschwinde und du Angst bekommen solltest.« Sie hob den Kopf und sah zum Fenster. »Ich rede mit einem Hund.« Sie schüttelte den Kopf und setzte sich auf das Sofa. Müde schloss sie die Augen. Die Entbehrungen der letzten Wochen spürte sie jetzt deutlicher als zuvor. Vielleicht, weil sie jetzt zur Ruhe kam? Dann öffnete sie die Augen sofort wieder, als sie spürte, wie der Hund ihr die Schnauze auf das Bein legte. Akira lächelte ihn warm und freundlich an. »Du bist so ein liebes Tier.« Schon streichelte sie seinen Kopf und schloss dabei die Augen. »Es ist schön, nicht allein zu sein.« Erschreckt öffnete sie die Augen wieder. »Aber du musst mir versprechen, dass du dich nicht einmischst, wenn hier ein Mann auftaucht. Nun ja, also eigentlich ist er ein Dämon. Wenn du dich da einmischst, dann verletzt er dich womöglich. Das möchte ich nicht. Hörst du? Da musst du dich dann raushalten.« Sollte Tenebris einen Energieball gegen das Tier schleudern, wäre der Hund sofort tot. Das wollte sie auf keinen Fall. Er konnte ja nichts dafür, dass sie sich so dumm verhalten hatte und in der Unterwelt gelandet war. Nur weil sie sich mit diesem Peter eingelassen hatte, war sie in diesen Schwierigkeiten.

Plötzlich hob der Hund die Nase und witterte. Dann lief er ins Schlafzimmer. Dort hielt er kurz an und witterte erneut in Richtung ihres Bettes. Dann sah er sich zu Akira um, die sich auf dem Sofa halb aufgerichtet hatte, um ihm hinterherzusehen. Drehte sich wieder zum Bett um und hob das Bein. Er pinkelte gegen ihre Bettdecke.

Entsetzt sprang Akira auf die Füße und lief auf ihn zu. »Nein, Pfui! Das darfst du nicht.«

Aber es war zu spät. Der Bettbezug war nass.

Akira sah den schwarzen Hund entgeistert an. »Das kann doch nicht wahr sein. Eben noch dachte ich, dein Herrchen wäre dumm, so einen wundervollen Hund zu verletzen, aber jetzt …« Sie ging hin und wollte den Bezug abmachen, aber auch die Bettdecke darunter war Urin getränkt. Angeekelt rümpfte Akira die Nase und sah den Hund noch einmal vorwurfsvoll an. Dann nahm sie kurzerhand das ganze Bettzeug und brachte es mit Laken und Kissen in ihre Waschmaschine. »Toll, dann muss ich heute wohl mit Wolldecke schlafen.« Sie holte ein neues Bettlaken aus dem Schrank und machte es über die Matratze. Dann nahm sie die Wolldecke und legte sich wieder auf die Couch. »Ich schlafe besser hier, damit du mich im Bett nicht mit deinem Lieblingsstraßenbaum verwechselst.« Müde schloss sie wieder die Augen. Es war ihr egal, ob das Tier noch woanders hinmachen würde. Sie war einfach nur fertig und brauchte dringend Schlaf.

Regulus Tenebris - Prinz der Finsternis

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