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Kapitel 4
Die Modenschau

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Auf der Fahrt nach Hause wandern meine Gedanken zurück zu dem alten Haus am See. Die Menschen, die dort gelebt haben, müssen sehr glücklich gewesen sein. Der Garten ist so liebevoll angelegt und das Haus strahlt so eine gepflegte Gelassenheit aus. Ich bin fest davon überzeugt, dass Häuser eine Seele haben. Man kann spüren, ob darin Glück oder Leid vorgeherrscht haben, und hier bin ich mir sicher, dass es Glück war. Aber leider habe ich keine Zeit, mir weitere Gedanken darüber zu machen. Viel wichtiger ist: Was ziehe ich heute Abend an? In Gedanken forste ich meinen Kleiderschrank und alle ›Nebenstellen‹ durch, komme aber zu keinem befriedigenden Ergebnis. Alle meine ›besseren‹ Kleidungsstücke sind den Damen der Familie Römfeld bereits bekannt. Warum bloß war ich in meiner Mittagspause nicht noch schnell in der Boutique ›Adina‹? Die Sachen dort sind zwar teuer, aber wenn man etwas auf die Schnelle sucht, wird man immer fündig. Und die beiden Schwestern, die den Laden betreiben, sind unheimlich nett und sogar dann noch freundlich, wenn man das Geschäft verlässt, ohne etwas zu kaufen. Wie auch immer, das löst mein Problem heute leider nicht. »Bitte, lieber Gott, mach, dass Nini zu Hause ist«, bete ich im Stillen, während ich den Mini durch den dichten Feierabendverkehr lenke. Mit ihrem tollen Modegeschmack hat sie sicher eine Idee, wie ich aus meinen vorhandenen Sachen ein schickes Outfit zaubern kann. Dank ihres Einfallsreichtums habe ich für meine Garderobe, die nun wirklich nicht aus Designerteilen besteht, schon viele Komplimente geerntet. Außerdem kann sie mit meinen Haaren noch was machen, denn um Eva anzurufen, ist es definitv zu spät. Eva ist nicht nur meine absolute Lebensretterin in Sachen Hairstyling, sondern zufälligerweise auch meine beste Freundin. Als selbstständige Friseurmeisterin betreibt sie eine Art rollenden Haarsalon, das heißt, man kann sie buchen, sie kommt ins Haus, frisiert einen und schwebt wieder davon. Die Idee dazu hatte sie vor einigen Jahren, als sie wegen ihrer kleinen Kinder nur noch zu Hause saß und sich zu Tode langweilte. Der Laden läuft eigentlich ganz gut, weil sie eine wirkliche Top-Friseurin ist und viele Damen es wie ich zu schätzen wissen, daheim gestylt zu werden und sich anschließend nur noch umziehen zu müssen. Dennoch bleibt ihr trotz ihres gut gefüllten Terminkalenders genügend Zeit für ihre großartige Familie. Sie hat einen verständnisvollen Mann, der sich liebevoll um die beiden Töchter kümmert, wenn Eva mal wieder ›auf Achse‹ ist. Aber nicht nur aufgrund ihrer fachlichen Qualitäten schätze ich sie sehr. Sie ist einfach ein fantastischer Mensch und eine supergute Freundin, die mir mit Rat und Tat zur Seite steht. Wenn es nötig ist, auch mitten in der Nacht. Leider wäre es heute nötig, aber ich will sie so kurzfristig nicht stören. Die Zeit würde ohnehin nicht reichen. Mit Ninis Hilfe und ihrem sensationellen Glätteisen muss es heute auch so gehen. Als ich die Wohnungstür aufschließe, falle ich beinahe über eine riesengroße, pinkfarbene Shopper-Tasche. Gott sei Dank, sie ist da. Doch was ist das? Direkt daneben steht ein Paar ebenfalls riesengroßer Turnschuhe, schätzungsweise Größe 47, das sicher nicht einem Mädchen gehört. Und aus ihrem Zimmer hört man leise Musik, nicht der gewohnte Technokram, sondern Jamie Cullum. O nein, hat sie etwa Herrenbesuch? Nicht, dass ich ihr das nicht gönne, aber ausgerechnet jetzt? Seufzend schleudere ich die Pumps von den Füßen und hetze unter die Dusche. Der warme Wasserstrahl und das duftende Duschgel von Chanel, das mir Nini zu Weihnachten geschenkt hat, beleben meine Sinne augenblicklich. Das schwarze Etuikleid? Zu brav. Das rote Chiffonkleid? Zu ausgeschnitten (für Katharina). Der weiße Hosenanzug? Zu sommerlich. Als ich aus der Dusche komme, steht eine grinsende Nini vor mir.

»Hi, Mami, was ist los? Du siehst so abgehetzt aus«, fragt sie.

»Und du?«, frage ich statt einer Antwort. »Hast Besuch?« Sie grinst einfach weiter.

»Marcus ist nach der Schule noch auf einen Sprung mit hergekommen. Ist doch ok, oder?«

Marcus? Ich überlege fieberhaft, ob ich diesen Namen bereits einmal gehört habe …, aber da ist nichts, was ich mit diesem Namen verbinde.

»Nini, ich habe ein ganz furchtbares Problem«, lenke ich ab.

»Leon kommt in«, ich sehe nebenbei auf die Uhr, die wir aus Sicherheitsgründen im Bad stehen haben, damit wir nicht zu spät kommen, »45 Minuten, um mich zu einer Modenschau in Schloss Salem abzuholen, und seine ganze Familie wird anwesend sein. Was, in aller Welt, soll ich anziehen?«

Sie runzelt die Stirn und sagt bedächtig: »Ooooooh, das klingt in der Tat nach einem echten Problem.«

Zuerst ist sie keine wirkliche Hilfe. Ich creme mich husch, husch ein (so viel Zeit muss sein) und schnappe mir das Riesenmonster von Fön.

»Dann will ich mal sehen, ob ich was für dich finde.« Mit diesen Worten ist sie bereits aus der Tür. Schnell noch die Zähne geputzt und den Bademantel übergezogen, und schon eile ich ihr hinterher.

Als ich mein Zimmer betrete, steht Nini vor meiner Kommode und kramt nach Schmuck. Auf meinem Bett liegt mein schwarzer Taillenrock, eine puderfarbene Seidenbluse, und davor stehen schwarze Pumps mit mörderisch hohen Absätzen. Sie zieht eine schwarze Kette von Pilgrim aus der Kommode mit einem überdimensional großen Glas-Anhänger in Form eines Herzens. Ich bin erstaunt, wie schnell sie mal wieder ein passendes Outfit zusammengestellt hat. Es ist nicht overdressed, dennoch modisch und sexy zugleich.

»Drüber kannst du entweder die cremefarbene Lederjacke ziehen oder meinen schwarzen Trench, halt, nein, das sieht zu sehr nach Beerdigung aus, nimm die Lederjacke«, und mit einem Lächeln ist sie schon wieder an der Tür.

»Und komm nicht so spät«, sagt sie noch, bevor sie rausgehen will.

Ich nehme sie kurz in die Arme und bin wieder einmal froh, dass es sie gibt. Nach ein, zwei Griffen in die Make-up-Kiste werfe ich mich in das ausgewählte Ensemble, knete kurz die Locken auf und besprühe mich großzügig mit ›Very irresistible‹ von Givenchy. Kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder? Schon klingelt es an der Tür.

Natürlich hat Leon einen Schlüssel zu unserer Wohnung, aber wenn ich da bin, zieht er es meist vor zu klingeln. Ich versuche, so schnell es auf den hohen Absätzen eben geht, die Treppe hinunterzueilen, was nicht gerade einfach ist. Und deshalb stolpere ich fast in seine Arme.

»Hoppala«, sagt er zur Begrüßung, »da bist du ja schon. Dann können wir ja gleich losdüsen. Wird zeitlich ohnehin eng werden.«

Über mein Outfit verliert er kein Wort, aber an seinem wohlwollenden Blick erkenne ich, dass es in Ordnung ist. Schwierig genug. Leon liebt es, wenn Frauen gut gekleidet sind, doch es darf nicht zu extravagant sein. Teuer soll es aussehen und feminin, aber nicht zu aufgestylt. Sein schwarzer Porsche prescht los, und ich halte mich unauffällig am Sitz fest. Er mag es nicht, wenn ich seinen Fahrstil kritisiere, doch ich habe einfach Angst, wenn er so schnell fährt. Im Nu sind wir in Salem und ich mit den Nerven am Ende. Der Parkplatz ist bereits voll, denn das Modehaus Singer aus Friedrichshafen genießt einen guten Ruf, und die Modelagentur ›visual artists‹ aus Dornbirn ist bekannt für ihre schönen Models und sensationelle Fashion-Shows mit vielen Tanzeinlagen. Natürlich hat die Familie Römfeld Karten für die erste Reihe, sind doch alle drei Damen Römfeld die besten Kundinnen des Modehauses Singer.

Wir gehen durch den Schlosshof in Richtung Bibliothek, wo die Modenschau stattfinden wird, und wieder einmal bin ich gefangen von der einzigartigen Atmosphäre an diesem Ort. Vor dem Eingang hat man einen roten Teppich ausgerollt, und so fühlt man sich selbst ein bisschen wie ein Star. Leon sieht sehr gut aus heute Abend, das liegt nicht nur an seinem perfekt geschnittenen Maßanzug, sondern auch an seinem gebräunten Teint, den er sich bei einem Ski-Wochenende am Arlberg erworben hat. Er strahlt diese gewisse Selbstsicherheit aus, die nur erfolgreiche Menschen besitzen, und ich wünschte, ich hätte heute Abend ein wenig davon. Habe ich mich zu Hause in dem engen Rock (gut, er ging kaum zu, aber dafür sitzt er auch verdammt sexy am Hintern) noch richtig schick gefühlt, so fällt jetzt mein Selbstbewusstsein angesichts der vielen schönen Menschen in sich zusammen. So viele teure Handtaschen, Schuhe und vor allem Kleider habe ich lange nicht gesehen. Und natürlich sind die Damen Römfeld schon von Weitem zu erkennen. Mein Herz klopft, und ich greife unwillkürlich nach Leons Hand. Katharina hat ihre hellblonden Haare von einem Coiffeur zu einem tadellosen, glänzenden Bob gestylt. Sie trägt einen Jil-Sander-Hosenanzug in schwarz, pures Understatement mit raffiniertem Schnitt. Die Accessoires dazu bestehen aus topmodischen, italienischen Schlangenlederpumps mit der dazu passenden Handtasche und einer exklusiven, besonders gearbeiteten Perlenkette. Als einziger Farbtupfer sind die Lippen in perfektem Rot geschminkt. Susann, Roberts schöne Frau, trägt ein Kleid von Cavalli, das ist unschwer zu erkennen. Auch ihre Haare sind wie üblich perfekt frisiert und frisch goldblond gesträhnt. Sie trägt trotz der Kälte Sandalen mit grau (!) lackierten Zehen und eine Handtasche von Hermès. Ganz anders Emily: Als kleine Reminiszenz an ihre Studentenzeit in Florenz trägt sie ein wild gemustertes Hippiekleid, und ihre naturblonden Haare hängen in dünnen Strähnen herunter. Emily ist, im Gegensatz zu Susann, nicht wirklich ›schön‹ zu nennen. Sie hat zwar ein schmales Gesicht, helle Augen und ebenmäßige Haut, aber alles an ihr ist blass, ihre Haut, ihre Haare, ihre Wimpern. Außerdem ist sie sehr groß und superdünn und hat darum etwas Spinnenhaftes an sich. Eigentlich wäre sie das perfekte Model, aber ich vermute, dass sie selbst dazu zu faul ist. Alle drei mustern mich eingehend, als wir auf sie zugehen, aber nur Emily lässt sich zu einem Lächeln herab. Neben ihnen steht eine junge Frau etwa Anfang 30, die mit ihrem hautengen schwarzen Overall und einer Zigarette in der Hand sehr lässig wirkt. Sie hat glatte, dunkelbraune, fast schwarze Haare, und der akkurat geschnittene Pony verleiht ihrem Gesicht etwas Puppenhaftes.

»Hallo, ihr beiden«, begrüßt uns Katharina und hält mir elegant die Hand hin. Ich bin versucht, einen Knicks zu machen und ihr die Hand zu küssen, aber natürlich verkneife ich mir diese Aktion, nehme mein ganzes Selbstbewusstsein zusammen und begrüße alle freundlich. Auch Robert hat sich in einen eleganten Anzug geworfen, was bei ihm sehr ungewöhnlich ist, da er sonst meist in Jeans unterwegs ist. Das war sicher Susanns Idee, denn man sieht ihm an, dass er sich darin eigentlich gar nicht wohl fühlt. Unterschiedlicher könnten die beiden Brüder wirklich nicht sein. Robert fühlt sich am wohlsten in der Natur, in den Weinbergen bei seiner Arbeit. Wieder einmal frage ich mich, was ihn zu dieser Frau geführt haben mag. Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Dennoch glaube ich, dass eine weniger anspruchsvolle, exaltierte Frau für ihn stressfreier wäre. Aber das ist ja nicht mein Problem. Susann mustert mich von oben bis unten und sagt spitz: »Na, meine Liebe, auch beim Modehaus Singer gewesen?«

Ich weiß genau, dass sie auf Anhieb erkennt, dass mein Seidenblüschen von Zara ist, schließlich geht sie oft genug shoppen. Deshalb lächle ich nur, für weitere Gespräche haben wir auch gar keine Zeit mehr, weil die Show beginnt und wir unsere Plätze einnehmen müssen. Das Licht geht aus, die Strahler auf dem Catwalk leuchten auf, und die mitreißende Musik lässt einen ebenso wie die wirklich gelungenen Tanzeinlagen fast vergessen, dass eigentlich die Mode das Hauptthema des heutigen Abends ist. Verstohlen blicke ich zur Seite und sehe, dass Leon keineswegs entgangen ist, wie schön die Models sind. Mein Gott, sind die schlank. Essen die denn gar nichts? Und die Mode ist einfach traumhaft. In solchen Momenten hätte ich schon gern etwas mehr Geld, das muss ich offen zugeben. So etwas werde ich mir wohl nie leisten können, es sei denn, ich werde doch noch ›Frau Römfeld‹. Bei dem Gedanken muss ich grinsen. Im Nu ist der erste Teil vorüber und es gibt einen Sektempfang. Hübsche junge Hostessen reichen auf Silbertabletts Prosecco, der mir richtig guttut. Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass ich noch gar nichts gegessen habe, doch angesichts der vielen dünnen Mädchen um mich herum vergeht mir ohnehin der Appetit. Katharina mit ihren schmalen Lippen sieht zu uns herüber.

»Leon, hast du Maja eigentlich schon Anouk vorgestellt?«, fragt sie süßlich. Leon macht ein verlegenes Gesicht, was so gar nicht zu seiner selbstsicheren Miene passt.

»Ääääh, nein, wir hatten leider noch keine Gelegenheit. Maja, das ist Anouk LeBlanc, unsere neue Marketing-Mitarbeiterin. Anouk, c’est Maja, une amie de la famille«, sagt er zu ihr, und ich platze fast vor Wut.

Wie bitte? Eine Freundin der Familie soll ich sein? Warum spricht Leon Französisch? Und was soll, bitte schön, die ›neue Marketing-Mitarbeiterin‹? Seit wann brauchen die Römfelds denn so was bzw. so eine? Ich dachte immer, Leon würde diesen Part mit übernehmen, schließlich hat er ja Betriebswirtschaft studiert. Er sieht meinen ratlosen Blick und erklärt: »Anouk hat schon in einigen der besten Weingüter Frankreichs gearbeitet und wird uns dabei unterstützen, das Weingut Römfeld in Deutschland und ganz Europa noch bekannter zu machen.«

Aha. Ob das wirklich vonnöten ist? Aber wahrscheinlich bin ich einfach nur eifersüchtig. Denn Anouk ist nicht nur bildhübsch und hat eine tolle Figur, sie verfügt auch über diesen unglaublich verführerischen französischen Akzent. Also damit kann sie sicher auch eingefleischte Anti-Alkoholiker vom Weintrinken überzeugen.

»Und, Maja, wie läuft es bei dir so in der Arbeit?«, fragt Susann anstandshalber und schaut abwechselnd Anouk und mich an, als würde sie uns vergleichen. Sie wartet die Antwort aber nicht ab, sondern dreht uns den Rücken zu und erzählt Katharina von ihrer neuen Putzfrau, die absolut unzuverlässig sei. Den zweiten Teil der Show bekomme ich nur noch am Rande mit. Andauernd muss ich an Anouk denken. Bestimmt will sie sich einen der Römfeld-Männer angeln. Und Robert wird es wohl nicht sein, der ist ja gut versorgt. Als die Show unter frenetischem Beifall zu Ende geht, tauchen die hübschen Hostessen wieder auf, diesmal mit Tabletts voller Gläser mit Weiß- und Rotwein des Weinguts Römfeld. Da sehr viele einflussreiche Geschäftsleute heute zugegen sind, wird dieser Abend genutzt, um Werbung zu betreiben. Für das Modehaus Singer war es sicher ein voller Erfolg, denn alle Frauen versprechen, in den nächsten Tagen »vorbeizuschauen«, um die edlen Teile zu erwerben. Also wird mir sicher das eine oder andere Stück irgendwann wiederbegegnen. Auch Leon lässt vor Frau Singer verlauten, sich demnächst mit mir in ihrem Modegeschäft sehen zu lassen. Davon wusste ich bislang ja gar nichts. Na, wir werden sehen. Anouk gibt ihr Bestes, die anwesenden Männer mit ihrem französischen Charme zu betören, indem sie blumig die Weine anpreist, selbst aber nur wenig davon nippt. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich halte bereits das zweite Glas in den Händen, was sich angesichts der Tatsache, dass ich nichts gegessen und bereits in der Pause zwei Gläser Prosecco getrunken habe, nicht allzu positiv auf mein Gleichgewichtsgefühl auswirkt. Ich entschuldige mich kurz und versuche, so gerade wie möglich zur Toilette zu gehen. Dort zieht sich Anouk die Lippen nach und sieht mich herausfordernd an. Ihr Lächeln ist freundlich, als sie »Allo, Maja« haucht, aber ich habe sie durchschaut, sie kann vielleicht die anderen einlullen, mir vermag sie nichts vorzumachen. Als ich zurückkomme, werden gerade Canapées herumgereicht, und ich versuche, eines mit Lachs zu ergattern. Hm, endlich was essen. Schon sieht die Welt ganz anders aus. Trotzdem bin ich todmüde und meine Füße schmerzen fürchterlich. Ich muss, sobald es geht, aus diesen Schuhen raus. Außerdem sollte ich ja morgen wieder frisch und ausgeruht am Schreibtisch sitzen. Nach einer mir endlos vorkommenden Zeit, die wir mit Dauerlächeln und Kontaktpflege sprich langweiligen Blabla-Gesprächen verbringen, kann ich Leon endlich zum Aufbruch bewegen. Im Auto legt er die Hand auf mein Knie und fragt, ob ich ihn noch nach Hause begleiten möchte. Todmüde wie ich bin, und nachdem er mich den ganzen Abend praktisch gar nicht beachtet hat, verneine ich, biete ihm an, die Nacht bei mir zu verbringen. Er hat jedoch morgen bereits ganz früh einen wichtigen Termin und lehnt ab. Irgendwie ist die Stimmung gedrückt und Leon spricht mich darauf an. Ich habe aber keine Lust, mit ihm über Anouk zu reden, weil ich auf keinen Fall eifersüchtig wirken will, also rede ich mich mit einem harten Tag heraus. Außerdem fährt Leon mal wieder viel zu schnell, und dies in Verbindung mit dem vielen Alkohol verursacht in meinem Magen ein ziemliches Übelkeitsgefühl. Zum Abschied küssen wir uns zwar, dennoch wanke ich mit einem miesen Gefühl die Treppe zu unserer Wohnung hinauf. Endlich die Mörderpumps abstreifen. Die Riesen-Turnschuhe sind weg, und Nini scheint schon fest zu schlafen. Seufzend stelle ich mich barfuß auf unseren kleinen Balkon und blicke zum Himmel hinauf. Es ist immer noch ziemlich kalt, aber der Himmel ist übersät mit Sternen, und es könnte sein, dass es morgen endlich einmal einen schönen Frühlingstag gibt. Mit dieser Hoffnung kuschele ich mich in mein gemütliches Bett und schlafe ohne einen weiteren Gedanken an Anouk oder Leon sofort ein.

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