Читать книгу RAF oder Hollywood - Christof Wackernagel - Страница 10

1956

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Familientreffen in Amsterdam. Meine Lieblingstante Yella14 und ihr Mann Otto waren aus London angereist, meine Tante Susi mit ihrem Mann aus Südwest-Afrika15, mein Opa Erich aus Brasilien. Wir fuhren alle zusammen in einem Boot durch die Grachten. Ich durfte auf dem Schoß von Yella sitzen und Kapitän spielen. Feuchter Wind streifte über mein erhitztes Gesicht, es roch aufregend, die Häuser sahen aus wie im Spielzeugland.

Mein Opa schwitzte und rauchte eine Zigarre. Das tat er oft. Er hatte eine lange Narbe auf der linken Wange, einen »Schmiss« – ich bewunderte diese Narbe und fand sie eklig zugleich. Er war einmal bei der Olympiade Schiedsrichter gewesen, das hatte ich auf einem Foto gesehen; darauf schwitzte er auch und diese Narbe war deutlich zu sehen.

Onkel Otto und mein Opa hatten sich vorher noch nie gesehen und redeten nun zum ersten Mal miteinander.

»Da zieht man extra ans andere Ende der Welt, um Ruhe vor den Nazis zu haben«, sagte mein Opa und schmauchte heftig, »und von wem wird man dort empfangen?«

Onkel Otto, der neben mir und vor meinem Opa saß, lächelte und nickte. »Ja«, sagte er, »sie sind überall und es geht ihnen gut.«

»Dabei«, fuhr mein Opa fort, »leben in Norte16 die meisten deutschen Juden, die es geschafft hatten! Deshalb bin ich ja dorthin.«

»Deshalb sind die Nazis ja auch dorthin«, versetzte Onkel Otto, wandte seinen Kopf nach hinten, bis es nicht mehr ging, und sagte: »Die Nazis können ohne die Juden nicht leben, das ist doch das Problem.« Er drehte sich wieder nach vorne und um seine Lippen kräuselten sich in seinem sowieso schon sehr zerfurchten Gesicht weitere zitternde, heruntergezogene Falten.

»Lasst doch diese Gespräche«, sagte meine Lieblingstante Yella. »Was soll der Christof denn denken?«

Ich dachte nichts, aber es war alles wahnsinnig spannend.

RAF oder Hollywood

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