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Vorwort

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Es ist ein Lächeln, das sich irgendwo zwischen Unverständnis und Mitleid bewegt. So kann man die Reaktion vieler etablierter Historiker beschreiben, wenn man erklärt, dass man zum Thema Geheimdienste arbeitet. Die Beschäftigung mit den Nachrichtendiensten wird von der traditionellen Zeitgeschichtsforschung immer noch als obskure Leidenschaft abgetan oder dem Bereich der Verschwörungstheorien zugeordnet. Nur allzu gern überlassen die promovierten Geschichtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler diese Materie den Journalistinnen und Journalisten. Wobei diese Berufsbezeichnung von der akademischen Kanzel herab meistens abwertend gemeint ist.

Dabei ist die Forschung im Bereich der Nachrichtendienste, etwa in den angelsächsischen Ländern, längst zu einer anerkannten wissenschaftlichen Disziplin geworden. In den USA, aber auch in Großbritannien sind die sogenannten „Intelligence Studies“ ein Teilbereich der akademischen Welt. Zudem haben Nachrichtendienste wie die US-amerikanische CIA (Central Intelligence Agency), der englische MI6 (Military Intelligence, Section 6) und inzwischen auch der deutsche BND (Bundesnachrichtendienst) eine Reihe von Historikerinnen und Historikern in ihren Reihen, die die Geschichte der eigenen Organisation akribisch aufarbeiten.

Während in Italien oder Österreich immer noch eine Kultur der völligen Abschottung, des Misstrauens und der Unzugänglichkeit nachrichtendienstlicher Archive vorherrscht (obwohl in Italien unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi per Gesetz eigentlich eine Öffnung nach 30 Jahren festgelegt wurde, hat man dieses Gesetz mangels Durchführungsbestimmungen bis heute nicht umgesetzt), sind in den USA, in England, in Deutschland oder auch in Tschechien die Archive der Dienste für Forscherinnen und Forscher sowie Interessierte im Sinne der Transparenz längst geöffnet worden.

Gerade hier aber prallen zwei Welten aufeinander: auf der einen Seite das Interesse der Forschung, Aktionen, Operationen und Hintergründe möglichst detailliert nachzuzeichnen, auf der anderen Seite die natürliche Aufgabe der Nachrichtendienste, ihre Arbeitsweise, ihre Methodik und vor allem ihre Spitzel, Agentinnen, Mitarbeiter, Informanten und Quellen vor einer Offenlegung zu schützen. Dass daraus ein kaum überbrückbarer Konflikt entsteht, wurde in den vergangenen Jahren im Rahmen der Arbeit der „Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945−1968“ (UHK) deutlich.

Doch trotz vieler Steine, die einem in den Weg gelegt werden, ist heute anhand der zugänglichen Akten und in Italien anhand vieler Akten aus verschlossenen Archiven der verschiedenen Sicherheitsbehörden, die in Gerichtsakten Hunderter Verfahren eingeflossen und damit zum größten Teil „deklassifiziert“, also freigegeben worden sind, eine seriöse Aufarbeitung dieser Vergangenheit und teilweise auch Gegenwart möglich.

Südtirol ist ein kleines und unter einigen Gesichtspunkten auch provinzielles Land an der Schnittstelle zwischen zwei Kulturen. Als wichtigste Alpentransversale war dieses Gebiet historisch dazu prädestiniert, zu einer Operationszone für Nachrichtendienste und zum Schauplatz verdeckter Aktionen verschiedenster in- und ausländischer Sicherheitsbehörden zu werden. In dieser Buchreihe werden einige dunkle und bisher unbekannte Kapitel dieser klandestinen Geschichte aufgearbeitet.

Es handelt sich um Regionalgeschichte mit einem klaren Bezug zur nationalen und internationalen Welt der Nachrichtendienste, aber auch um den Versuch, Akten aus Archiven in Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz, Tschechien und den USA zu einem Gesamtbild zu fügen, das dem Anspruch wissenschaftlicher historischer Forschung gerecht wird. Ob dieses Unterfangen erfolgreich war, wird die Zukunft weisen. Vor allem aber mögen das Berufenere beurteilen.

Auch im vorliegenden Band liegt der Fokus auf den sogenannten Südtiroler Bombenjahren. Dabei zeigt sich, dass aufseiten der Dienste immer wieder dieselben Personen am Werk waren und sich die Handlungsweisen in vielen Fällen mehr als nur ähneln. Südtirol war jahrelang die Trainingshalle für unorthodoxe, „schmutzige Aktionen“ vor allem der italienischen Nachrichtendienste. Hier wurde das vorbereitet, was man später die „Strategie der Spannung“ nannte, nämlich jene zahlreichen Terroranschläge der 1970er- und 80er-Jahre, die unter „falscher Flagge“ von italienischen Geheimdiensten, Rechtsextremisten und der Geheimloge P2 (Propaganda Due) ausgeführt wurden – mit dem Ziel, die Linke nach der Einbindung der Kommunistischen Partei (PCI) in die Regierung zu diskreditieren und den Staat zu destabilisieren. Bevor diese Aktionen auf nationaler Ebene umgesetzt wurden, erfolgte quasi der Probelauf in Südtirol.

Daraus aber den allzu einfachen Schluss zu ziehen − wie es heute von politisch motivierten Kräften immer wieder geschieht −, dass die Männer des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) allesamt Engel und gewissermaßen gewaltlos agierende Idealisten waren und alle Attentate und Vorfälle, bei denen es Tote gab, von den Geheimdiensten verübt wurden, ist nicht nur historisch falsch, sondern fahrlässig.

Was aber sicher stimmt: Einiges hat sich nicht so abgespielt, wie es bis heute dargestellt oder auch in den Gerichtsakten festgehalten wird. So etwa findet sich in diesem Buch unter anderem eine neue Lesart des blutigen Anschlages auf der Porzescharte, die sich weniger mit den Tätern als mit der Möglichkeit befasst, dass man im Nachhinein Beweise fabriziert hat, um ihrer habhaft zu werden.

Mit besonderer Genugtuung erfüllt es mich, dass das Interesse der Leserinnen und Leser an diesem Thema überwältigend ist. Zusammen mit dem vorliegenden Buch geht nämlich die dritte Auflage des 2020 erschienenen ersten Bandes „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“ in Druck. Der erste Band hat weit über Südtirol hinaus Interesse und Aufmerksamkeit erregt.

Was mich dabei am meisten überrascht hat, sind die vielen Rückmeldungen, die ich erhalten habe und immer noch erhalte. Es haben sich Dutzende Menschen gemeldet, um mir Fakten, Erlebnisse und Details mitzuteilen, die mit jenen Personen und Ereignissen zusammenhängen, die im ersten Band beschrieben werden. Es sind zum Teil Ergänzungen, aber auch neue, äußerst interessante Aspekte, die einer Vertiefung bedürfen und ganz sicher in meine weiteren Arbeiten einfließen werden.

Jenen Kollegen, Mitstreiterinnen und Freunden, die mir bei meiner Forschungsarbeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten selbstlos und kompetent mithilfe und Rat zur Seite gestanden haben und immer noch stehen, danke ich von Herzen. Ohne sie wären diese Bücher nie erschienen.

Den Leserinnen und Lesern wünsche ich eine aufschlussreiche und spannende Lektüre.

Christoph Franceschini

Segretissimo, streng geheim!

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