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Allein mit dem Trieb – die Permanenz des Wollens
ОглавлениеDas Nicht-Wollen, in schlechter Zeit resultierend aus dem Nicht-Können, offenbart sich zu zweit. Nebeneinander sind die Körper gelegt – zwanglos oder in Erwartungen gezwungen, das ist nicht weit voneinander entfernt –, da offenbaren sich die Möglichkeiten. Anders ist es allein. Pierre geht mit seinem eigenen Körper anders um als mit den neben ihm gelegten. Er folgt sich nur selbst. Er wird zum unbedingten Egoisten, wenn er seinen Trieb auf den eigenen Körper hin auslegt. Pierre entspricht eigenen Erwartungen, die er nicht unbedingt alle kennen muss, immer wieder entwickeln sich neue. Und obwohl er Tag und Nacht in seinem Körper wohnt, weiß er doch nicht alles über ihn; unter die Oberfläche sieht er nicht, er fühlt sie nur, sieht die Ausscheidungen, ein bisschen Blut dazu, Schweiß.
Wenn Pierre mit seinem Trieb allein ist, kann er sich berühren. Er kann sich mit den Händen streicheln und seine Beine samt Füßen bewegen. Er kann sich wenden, wärmen, frei von allen Decken machen, seinen eigenen Körper betten und träumen. Im Grunde bannt er die Angst, vor allem die vor jedem Schmerz. Der Schmerz wie die Triebe und Emotionen sind verbunden mit der Geschichte des Körpers und seinem Verhältnis zur Welt außer ihm. Bewegt sich das Geschehen in den Körper, spürt das Pierre in jeder seiner Fasern. Sei es die Angst, sei es das Wollen, sei es die Sehnsucht. Das kann Pierre glücklich machen oder ihn zerrütten.
Allein mit dem Trieb hat Pierre noch eine zweite Möglichkeit, einen Moment im Leben, den direkten Zugriff auf sein Glied. Dieser Umgang mit dem Körper entwickelt eine Abfolge in der Konzentration auf diesen Körperteil. Auch den Penis kann man ruhig streicheln und spüren – als Blumenkohl. Aber schon in seiner Berührung steckt etwas Erregungspotenz. Der Griff zum Gemächt kennt keine Distanz. Und er dient der Absicht sich selbst einen Samenerguss samt Orgasmus zu verschaffen, Impotenz hin oder her. Pierre braucht zur Selbstbefriedigung nicht unbedingt ein steifes Glied. Oder er erreicht es und es fällt ihm zusammen. Das macht nichts. Mit Geschick versteht er es, aus dem Ansatz seines Penis heraus soviel Lust zu entwickeln, dass er befreit sein Sperma lösen kann. Zählt die Erektion nicht, kann er sich Lust verschaffen.