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6. Die Prophezeiung

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Nachdem sich wieder alle fünf im Haus am Tisch versammelt hatten, blickte Gregor in die Runde, deutete auf Johannes und fragte dann: „Und, fällt euch nichts auf?“

Die anderen schauten etwas ratlos. „Er sieht wieder tadellos aus in den frisch gewaschenen Kleidern“, sagte Mutter Grethe und Marie ergänzte: „Kämmen wäre vielleicht nicht schlecht.“

„Nein, daß meine ich nicht, seht doch mal hierhin!“, sagte Gregor und zeigte auf den Pullover. „Hier, der Mond. Und wisst ihr, was er zu den anderen Dingen sagt? Das sei die Erde, wie man sie vom Mond aus sehen würde, und das Ding mit dem komischen Kringel drumherum, das sei der Planet Saturn – und den könnte man mit dem Fernrohr am Himmel sehen. Am Himmel sehen – versteht ihr?“

Vater Jakobus stand auf, um die Bilder besser sehen zu können. Auch Marie beugte sich vor, um mehr zu erkennen. „Hübsche Bildchen, sag' bloß, du denkst an den alten Wahrsager und seine Prophezeiung?“, fragte sie Gregor.

„Natürlich denke ich an den alten Wahrsager, oder glaubst du, das ist Zufall?“

Mutter Grethe schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen und konnte gar nichts sagen.

„Da könnte etwas dran sein, fürwahr, das sind ganz gewiss Bilder des Himmels, die noch keiner von uns gesehen hat“, stimmte Jakobus zu.

„Natürlich sind sie das. Johannes ist derjenige, den uns der Wahrsager angekündigt hat, bestimmt!“, verkündete Gregor, während Johannes ratlos in die Runde sah und schließlich fragte: „Wer hat mich angekündigt? Wer ist dieser Wahrsager und was hat der mit meinem Pullover zu tun?“

„Du wirst doch wohl wissen, was ein Wahrsager ist?“, fuhr ihn Gregor ungeduldig an.

„Nun mal langsam, Gregor, das müssen wir Johannes schon in Ruhe erklären“, bremste ihn Jakobus und holte seine Pfeife hervor. Er stopfte etwas Tabak hinein und begann zu erzählen:

„Der Wahrsager, ja, der ist ein sehr ungewöhnlicher und geheimnisvoller Mann. Man sagt, er habe viele ferne Länder bereist, um dort die Weisheiten der fremden Völker zu lernen. Jetzt zieht er durch das Land und alle paar Monate kommt er auch in unser Dorf. Er weiß sehr viel und die Menschen suchen seinen Rat, wenn sie krank sind, die Ernte schlecht war oder sie andere Sorgen plagen. Und manchmal, manchmal scheint er Dinge vorhersagen zu können, die noch niemand weiß oder ahnt. Die Leute im Dorf halten ihn für einen Seher und sie vertrauen ihm.“

„Ja, genau, ein Seher!“, fiel ihm Marie ins Wort. Sie klang schon wieder spöttisch. „Ein Seher, ein Wahrsager, vielleicht auch ein Zauberer und Wunderheiler, einige im Dorf glauben sogar, er reitet nachts auf einem heiligen Einhorn durch die Berge, diese abergläubischen Leutchen.“

Jakobus beachtete sie nicht weiter und fuhr fort: „Natürlich haben wir ihn eines Tages auch um Rat wegen des Admirals gefragt. Der Bürgermeister ging mit dem versammelten Dorfrat zu ihm und erklärte unsere Notlage. Der Wahrsager hörte gut zu und dann sagte er, daß wir es allein nicht schaffen könnten, den Admiral zu vertreiben. Und dann sagte er wörtlich: 'Ihr müsst auf denjenigen warten, der die Sieben anführen kann. Er wird euer Retter sein.' Ich war damals selber dabei und wir alle schauten uns nur ratlos an. Wir fragten, wann denn dieser Retter kommen würde und wer denn diese Sieben seien? Der Wahrsager sagte aber nur, daß wir Geduld haben müssten und nur der Retter diese Sieben kennen und finden würde. Und zuletzt fragten wir, wie wir den Retter erkennen könnten. Und da sagte er, daß wir ihn an den Bildern des Himmels, die zuvor kein Mensch gesehen hat, erkennen würden. Mehr könne er uns nicht sagen.“

Mutter Grethe nickte eifrig: „Die Sache hat sich dann im Dorf in Windeseile herumgesprochen, ein paar Tage lang redeten alle nur noch vom Retter mit den himmlischen Bildern. Aber er kam nicht, nicht nach einer Woche, auch nicht nach drei Monaten, nur der Admiral, der kam immer wieder. Mit der Zeit geriet die ganze Geschichte vom Retter dann in Vergessenheit. Bis heute.“

„Und jetzt glaubt ihr, daß ich dieser Retter bin, weil ich ein Bild von der Erde und vom Saturn auf meinem Pullover habe? Das kann doch reiner Zufall sein“, wandte Johannes ein, weil ihm der Gedanke, das Dorf vor dem Admiral retten zu müssen, gar nicht behagte und er auch nicht wusste, wer denn diese Sieben sein sollten. „Himmlische Bilder gibt es doch viele, oder?“

„Nicht hier im Dorf“, sagte Gregor knapp. „Kann es sein, daß dich der Wahrsager schon einmal getroffen hat? Vielleicht hat er ja auch schon einmal dein Dorf besucht und du hast ihn dort gesehen. Er fällt sehr auf mit seinem weißen Bart, dem blauen Mantel und dem komischen Hut, auf dem immer ein Eichhörnchen sitzt.“

Als Johannes das hörte wurde nun er ganz blass und glaubte, sich verhört zu haben: „Sag das nochmal, das mit dem Eichhörnchen.“

„Ja“, antwortete Gregor, “auf seinem Hut sitzt ein Eichhörnchen, sitzt da und knabbert Nüsse.“ Johannes schaute in die Runde und überlegte. Sollte er den anderen sagen, daß ihm solch ein eigenartiges Männlein mit Ziegenbart und Eichhörnchen im Traum erschienen war und dazu gebracht hatte, sich buchstäblich in dieses Dorf zu schaukeln? Würden sie dann nicht erst recht alle glauben, daß er tatsächlich der angekündigte Retter ist? Wie sollte er aber die Banditen vertreiben können? Er, ein achtjähriger Junge, der weder wusste, wie genau er hierher gekommen war, noch wie er wieder nach Hause kommen sollte? Dieser Gedanke war Johannes überhaupt nicht geheuer und es schien ihm daher besser zu sein, lieber nichts von seinem Traum und der Schaukel zu erzählen. „Nein, den hab ich wirklich noch nie gesehen oder getroffen.“ sagte er also.

„Spielt keine Rolle“, freute sich Gregor trotzdem, „Hauptsache, der weise Wahrsager hat gewusst, daß du kommen würdest, daran lassen die Bilder auf deinem Pu, Pu, äh Puh-Lo-Wär keinen Zweifel. Auch wenn du nicht unbedingt so aussiehst, aber du musst derjenige sein, der uns dabei hilft, den Admiral und seine Bande endgültig loszuwerden!“. Er stupste Johannes dabei mehrmals mit dem Zeigefinger auf die Brust. „Los, sag' schon, wer sind die Sieben, die du anführen wirst?“

Johannes zuckte nur mit den Schultern, er hatte keine Ahnung, wer diese Sieben sein sollten, schließlich kannte er doch in dem Dorf so gut wie niemanden.

„Du liebe Güte, wie soll der Kleine da in seiner hübschen blauen Hose denn den Admiral verscheuchen?“, fragte Marie belustigt und schüttelte den Kopf, „vielleicht in dem er ihm von seiner Reise zum Mond berichtet?“

„Sei still, Tochter!“, ermahnte sie da Jakobus. „Bis jetzt hat uns der weise Mann noch immer die Wahrheit gesagt. Du solltest mehr Vertrauen haben.“

In diesem Moment klopfte es, gleichzeitig flog die Tür auf und ein Mann kam ins Haus gestürmt ohne abzuwarten, daß ihn jemand herein bat. Es war der Bürgermeister Leopold.

„Verzeiht, daß ich so hereinplatzte“, begann er sich für sein Eindringen zu entschuldigen, „eigentlich bin ich gekommen, um mit dir, Jakobus, über die Bestellung vom Herrn Admiral zu reden, aber da hörte ich von draußen, was es mit eurem Gast auf sich hat. Nicht, daß ich gelauscht hätte, aber ihr habt recht laut gesprochen und das Fenster steht offen. Was für eine unglaubliche Geschichte!“ Leopold setzte sich an den Tisch und sah sich Johannes' Pullover genau an. „Erstaunlich, ganz erstaunlich, genau wie es der alte Mann vorhergesagt hat! Die Erde vom Mond aus gesehen, was soll man dazu sagen?“

Leopold machte immer noch einen sehr aufgewühlten Eindruck. „Dein Name war Johannes, richtig?“ fuhr er fort. „Johannes, ich denke es ist besser, du ziehst im Dorf ein anderes Hemd an. Es würde für viel Unruhe sorgen, wenn die Leute diese Bilder sehen. Was meinst du, Jakobus?“

Vater Jakobus legte die Pfeife bei Seite und sagte: „Vermutlich hast du Recht, Bürgermeister. Johannes würde dann keine ruhige Minute mehr haben und wir als seine Gastgeber auch nicht. Sie würden uns das Haus einrennen, nur um zu erfahren,was es mit dem Jungen auf sich habe und wie er den Admiral zu vertreiben gedenkt. Wenn uns Johannes wirklich helfen kann, dann soll er es in Ruhe und mit Bedacht versuchen, fürwahr.“

„Klug gesprochen, Herr Schmied“, antwortete Leopold. „Also, meine liebe Grethe, gib dem Jungen bitte ein einfaches Hemd. Und wir alle werden zunächst schweigen über das, was wir gerade besprochen haben. Johannes soll in Ruhe darüber nachdenken dürfen, ob und wie er uns helfen kann. Und ich werde mich derweilen weiter um die Liste vom Admiral kümmern. Zwei Dutzend Pferde sollen übrigens neu beschlagen werden, wenn er zurückkommt.“ Leopold stand auf, verbeugte sich und ging wieder hinaus.

„Der und schweigen!“, platzte Marie hinaus, „der ist nicht nur der größte Feigling im Dorf, sondern auch die größte Schwatzliesl!“

„Höchstens die zweitgrößte,“ antwortete Gregor, „aber du hast Recht, wenn man ein Geheimnis möglichst schnell überall bekannt machen will, dann erzählt man es am besten dem Bürgermeister!“

„Aber es stimmt“, sagte Mutter Grethe und hatte schon ein neues Hemd für Johannes zur Hand. „Es ist besser, wenn Johannes erst einmal nicht weiter mit seinem Puh-Lo-Wär auffällt.“

Johannes zog sich also wieder um und sah durch das Fenster, wie der Bürgermeister seine Runde durch das Dorf fortsetzte. „Trotzdem sollten wir davon ausgehen, daß bald jeder im Dorf glaubt, daß Johannes der lang ersehnte Retter ist. Und wir sollten uns überlegen, wie wir damit umgehen. Lasst uns in Ruhe nachdenken“, meinte Jakobus in seiner bedächtigen Art und zog wieder an der Pfeife. Und es sollte tatsächlich nicht lange dauern, bis die Kunde vom vermeintlichen Retter im Dorf die Runde gemacht hatte.

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