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G. Ausblick: Auswirkungen des Brexits

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Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) wird sich auf das unionale Rechtsschutzgefüge auswirken. Der Brexit wirft eine Anzahl ungeklärter Fragen auf, deren Beantwortung maßgeblich vom Abschluss des Austrittsabkommens i.S.d. Art. 50 II 2 ff. EUV abhängt.[55] Das am 25.11.2018 politisch beschlossene Austrittsabkommen[56] (WA) wurde vom britischen House of Commons zweimal abgelehnt. Am 20.3.2019 beantragte die britische Premierministerin Theresa May daher eine Verlängerung der Verhandlungsfrist gemäß Art. 50 III EUV bis zum 30.6.2019. Der Europäische Rat gewährte am 21.3.2019 einer Verlängerung bis zum 22.5.2019 unter der Bedingung, dass das britische Unterhaus das WA noch ratifiziert, andernfalls nur bis zum 12.4.2019. Bei Drucklegung war der weitere Verlauf des Brexit-Prozesses nicht vorhersehbar.

Das Austrittsabkommen sieht eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 vor, innerhalb derer das Vereinigte Königreich weitgehend wie ein Mitgliedstaat gestellt wäre, ohne allerdings in den EU-Organen Mitwirkungsrechte zu haben. Unionsrecht müsste vom Vereinigten Königreich weiterhin mit allen seinen spezifischen Wirkungen angewendet und durchgesetzt werden (Art. 4 WA). Die Zuständigkeit des GHEU würde sich gemäß Art. 131 WA explizit weiterhin auch auf das Vereinigte Königreich erstrecken. Für die Zeit nach Ablauf der Übergangsfrist wird ein Freihandelsabkommen angestrebt, das über einen eigenständigen Streitbeilegungsmechanismus verfügen würde, der allerdings die Autonomie des Unionsrechts und die Position des GHEU wahren müsste.

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Britisches Recht, das Unionsrecht umsetzt, bleibt auch nach einem ungeregelten Austritt gültig. Das primäre Unionsrecht – und damit auch das abgeleitete Unionsrecht – verliert jedoch am Tag des Austritts bzw. spätestens mit Ablauf der Übergangsfrist des WA seine Bindungswirkung für das Vereinigte Königreich (Art. 50 III EUV). Die britischen Gerichte sind dann nicht mehr an die Rechtsprechung des EuGH und dessen Auslegungsprimat gebunden. Sie müssen die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts in ihren Auslegungsbemühungen nicht mehr wahren. Auch die Klagemöglichkeiten nach den Art. 258 ff. AEUV und das Vorabentscheidungsverfahren stehen Großbritannien dann nicht mehr zur Verfügung.

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Allerdings sieht das WA eine Zuständigkeit des GHEU auch für bestimmte Fragen betreffend das WA bzw. das durch dieses im Vereinigten Königreich anzuwendende Unionsrecht auch über den Ablauf der Übergangsfrist, d.h. ab dem 1.1.2021 vor (Art. 86 ff., Art. 158 ff. WA). Das betrifft sowohl bereits anhängige Verfahren als auch neue Verfahren, die sich aus dem WA selbst ergeben.

§ 3 Der Gerichtshof der EU › H. Zusammenfassung

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