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H. Zusammenfassung
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Der GHEU ist das nach Art. 19 I EUV innerhalb der EU zuständige Rechtsprechungsorgan. Das Organ besteht aus dem EuGH, dem EuG und bis 2016 dem GöD als bislang einzigem Fachgericht. Wichtige Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des GHEU finden sich in den Art. 251 ff. AEUV sowie der GHEU-Satzung und den Verfahrensordnungen der Gerichte.
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Der GHEU ist für die enumerativ in den EU-Verträgen aufgelisteten Verfahren zuständig (Art. 19 III AEUV), wenn diese durch die Verfahrensbeteiligten eingeleitet werden. Die sachliche Zuständigkeitsverteilung zwischen dem EuGH und dem EuG regelt Art. 256 AEUV unipolar für das EuG, die Zuständigkeiten des EuGH ergeben sich unter Beachtung abweichender Sonderzuweisungen in der GHEU-Satzung im Umkehrschluss. Das GöD war ausschließlich für dienstrechtliche Streitigkeiten der EU-Bediensteten zuständig.
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Vor dem EuGH unterteilen sich die Verfahren in eine Einleitungsphase, das schriftliche und das mündliche Verfahren sowie den Abschluss durch Entscheidung. Sie werden durch die VerfO-EuGH näher ausgestaltet. Die Auslegungsmethoden, die der EuGH zur Entscheidungsfindung anwendet, entsprechen im Wesentlichen dem klassischen Auslegungskanon aus Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck. Die teleologische Auslegung unter Berücksichtigung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) des Unionsrechts ermöglicht dabei eine dynamische Fortentwicklung des Unionsrechts.
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Der andauernde Reformprozess am GHEU zielt darauf ab, die Verfahrensrückstände zu beseitigen und die Verfahrensdauer zu verkürzen. Die Anzahl der Richterstellen am EuG wird verdoppelt, gleichzeitig wurde das GöD abgeschafft und seine Zuständigkeit dem EuG zugeschlagen. Kritische Stimmen mahnen jedoch an, das eine bloße Erhöhung der Richterzahl die Verfahrensrückstände des GHEU nicht zwangsläufig beseitigt. Weitere Reformen, wie z.B. die Schaffung eines Fachgerichts im Bereich des geistigen Eigentums oder die Verbesserung der internen Arbeitsabläufe erscheinen dringend notwendig. Zudem wird auch die parlamentarische Mitwirkung an der Richterauswahl zur Erhöhung der demokratischen Legitimität erwogen.
Vertiefende Literatur:
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