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VI. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

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Da das Vertragsverletzungsverfahren den objektiven Schutz des Unionsrechts und gerade nicht den subjektiven Rechtsschutz des Klägers bezweckt, muss keine Klagebefugnis oder ein besonderes klägerseitiges Rechtsschutzinteresse dargelegt werden. Dies folgt auch aus der Rechtsprechung des EuGH, nach der die Feststellung einer Vertragsverletzung stets auf der rechtlichen und tatsächlichen mitgliedstaatlichen Situation nach Ablauf der im Vorverfahren gesetzten Frist basiert. Spätere Änderungen werden vom EuGH nicht mehr berücksichtigt;[45] ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis kann daher im Nachhinein auch nicht entfallen.[46] Wenn also der Unionsrechtsverstoß bis zum Ablauf der im Vorverfahren gesetzten Frist nicht beseitigt wurde, geht der Gerichtshof von einem Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses aus.

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Kein Rechtsschutzbedürfnis besteht hingegen, wenn der betroffene Mitgliedstaat sein Verhalten während der gesetzten Frist ändert. Dies wird teilweise für die Fallgruppen bestritten, in denen eine akute und konkrete Wiederholungsgefahr oder mögliche Haftungsansprüche bestehen.[47] Dem ist jedoch nicht zu folgen. Durch die Beseitigung des Verstoßes hat der betroffene Mitgliedstaat die aus der begründeten Stellungnahme hervorgehenden Verpflichtungen erfüllt. Somit ist eine Klage zwangsläufig unzulässig.[48]

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In Fall 1 beseitigte die BRD den klagegegenständlichen Nationalitätsvorbehalt nach Ablauf der Beseitigungsfrist aber noch vor Klageerhebung. Teilweise wird vertreten, dass damit die Klage unzulässig wird. Ihr Rechtsschutzziel, nämlich die Herstellung unionsrechtmäßigen Verhaltens durch die Mitgliedstaaten, sei erreicht und ein Klagebedürfnis bestehe nicht mehr. Nach dieser Ansicht fehlt es vorliegend an einem Klageerhebungsinteresse. Andererseits hat die Kommission ein solches Interesse, wenn der gerügte Unionsrechtsverstoß Folgewirkungen hat. Die dazu entwickelten Fallgruppen, die Feststellung eines haftungsrechtlich relevanten Tatbestands, Wiederholungsgefahr oder die Klärung von Rechtsfragen, die für die EU und ihr Funktionieren von grundsätzlicher Bedeutung sind, sind vorliegend nicht einschlägig. Nach dieser Ansicht entfällt das Klageerhebungsinteresse der Kommission hinsichtlich des Nationalitätsvorbehalts.

Vorzugswürdig kommt es jedoch allein darauf an, ob die Beseitigungsfrist der Kommission bereits abgelaufen ist. Denn mit seiner Untätigkeit gibt der betroffene Mitgliedstaat endgültig zu erkennen, dass er den Rechtsverstoß nicht einräumt und eine gerichtliche Klärung bevorzugt. Ferner hat es disziplinierende Wirkung, wenn der Mitgliedstaat nicht erst unmittelbar vor oder gar während eines Verfahrens vor dem Gerichtshof den Verstoß abstellen und eine Verurteilung vermeiden kann. Dieser Ansicht ist zugute zu halten, dass sie es konsequent unterlässt, ein ungeschriebenes Rechtsschutzinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung eines objektivrechtlichen Verfahrens einzuführen. Mitgliedstaaten haben während des Vorverfahrens hinreichend Zeit, Vertragsverletzungen abzustellen. Nach Fristablauf sollte ihnen keine weitere Möglichkeit gegeben werden, die Entscheidung der Kommission, Klage zu erheben, zu unterminieren. Vorliegend spricht dafür auch, dass die BRD nicht aufgrund unionsrechtlicher Bedenken den Nationalitätsvorbehalt abgeschafft hat, sondern um den Notarberuf attraktiver zu machen.

§ 4 Das Vertragsverletzungsverfahren › C. Begründetheit des Vertragsverletzungsverfahrens

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