Читать книгу Europäisches Prozessrecht - Christoph Herrmann - Страница 65

I. Vergrößerung des Europäischen Gerichts

Оглавление

135

Das EuG wird nach einer Änderung der GHEU-Satzung durch die VO (EU, Euratom) 2015/2422[46] zwischen Dezember 2015 und September 2019 auf das Doppelte seiner bisherigen Richterstellen vergrößert. Damit werden letztendlich zwei Richter je Mitgliedstaat an dem dann aus 56 (bzw. nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU noch 54) Richtern bestehendem EuG arbeiten. Gleichzeitig wurde das Gericht für den öffentlichen Dienst aufgelöst und die sachliche Zuständigkeit für dienstrechtliche Streitigkeiten dem Gericht übertragen.

136

Sowohl der Prozess, der zu dieser GHEU-Reform führte, als auch die sachliche Rechtfertigung für die Aufstockung der Richterstellen, scheinen kritikwürdig.

137

Im Jahr 2011 schlug der GHEU nämlich die Aufstockung des EuG um zwölf Richter vor, um die Arbeitsbelastung des Gerichts und die dortigen Verfahrensdauern zu reduzieren. Die Mitgliedstaaten scheuten jedoch die Mehrkosten und waren sich uneinig darüber, welcher Mitgliedstaat zwei Richter stellen sollte. Im Jahr 2013 schlug der GHEU noch neun neue Richter vor. Ein Jahr später wurde der letzte Vorschlag des GHEU, wiederum 28 zusätzliche Richter zu installieren, von den Mitgliedstaaten gebilligt.[47] Zu Gunsten dieser Veränderung wird angeführt, dass so das GHEU-System vereinfacht und durch die Möglichkeit interner Kammerbildung am EuG flexibilisiert werde. Außerdem müssten einzelne Mitgliedstaaten anders als früher beim GöD oder bei neuen Fachgerichten nicht auf einen „eigenen“ nationalen Richter verzichten.

138

Obgleich die Verfahren zugenommen haben, hat der GHEU in den letzten Jahren Verfahrensrückstände aufarbeiten können. Der Anstieg an Rechtssachen muss darüber hinaus ins Verhältnis zu einer durch die EU-Beitritte sich stetig erhöhenden Richterzahl betrachtet werden. Die bloße Erhöhung der Richterstellen könnte daher teure Überkapazitäten schaffen. Alternativvorschläge wären etwa die Erhöhung der Zahl der Rechtsreferenten am EuG oder die Schaffung eines Fachgerichts (vgl. Art. 257 AEUV) für Klagen im Bereich des geistigen Eigentums, die 2014 immerhin ca. 33 Prozent aller neuen Rechtssachen ausmachten.[48] Alemanno und Pech geben zu bedenken, dass die Arbeitsabläufe innerhalb der Gerichte verbessert werden müssten und machen dazu ebenso wie der ehemalige EuGH-Richter Dehousse detaillierte Vorschläge.[49] Die als Vorteile genannten Gründe der Reform seien nicht evidenzbasiert.[50] Möglicherweise um dieses Versäumnis nachzuholen, sieht das GHEU-Reformprogramm vor, dass ein Bericht die Arbeitsweise des Gerichts und die Zuständigkeitsverteilung für Vorabentscheidungen evaluieren soll. Ende des Jahres 2020 soll der Bericht – begleitet von (neuen) Vorschlägen zur Änderung der GHEU-Satzung – fertiggestellt werden.

Europäisches Prozessrecht

Подняться наверх