Читать книгу DER KELTISCHE FLUCH - Christoph Hochberger - Страница 6
Mahr
ОглавлениеTarcic stöhnte im Schlaf. Schweißnass klebten die Haare an Stirn und Hals des Sehers. Seine Augenlider zuckten heftig und den Lippen entfuhren immer wieder undeutliche Worte. Unruhig wälzte er sich auf seinem Lager hin und her. Keine Frau lag neben ihm, die ihn hätte wecken und beruhigen können, denn er hatte sich schon lange nicht mehr vermählen lassen.
Plötzlich fuhr er schreiend hoch, die Hände zu Fäusten verkrampft, die Augen weit aufgerissen. Einen Augenblick saß er so, dann kehrten seine Sinne zurück. Verwirrt blickte er sich um. Als er begriff, dass er nur geträumt hatte, ging sein schwerer Atem in ein erleichtertes Schluchzen über.
Nachdem er sich etwas beruhigt hatte, warf er das Schlaffell beiseite und erhob sich von seinem schweißdurchtränkten Lager. Sein Blick fiel auf das Trinkhorn, das auf einem Tischchen neben der Feuerstelle in seiner Halterung steckte. Seine Kehle fühlte sich an, als würde sie verbrennen.
Er eilte auf das Horn zu und ergriff es, doch seine Hände zitterten so stark, dass es zu Boden fiel. Fluchend packte er einige Scheite Feuerholz und warf sie auf die ausglimmenden Reste des Vorabends. Anschließend pustete er so heftig in die Glut, dass das Feuer mit einem prasselnden Schlag wieder aufflammte. Nun wagte er einen zweiten Versuch. Er bückte sich, nahm mit zittrigen Fingern das Horn vom Boden auf, füllte es mit Met und kippte es in einem Zug herunter. Anschließend ließ er sich auf die Sitzfelle fallen, die überall um die Feuerstelle herum lagen, und goss sich das Horn erneut voll. Er leerte das Gefäß abermals, ohne abzusetzen, bis auf den Grund. Einen Augenblick lang saß er mit geschlossenen Lidern da und atmete tief durch, dann füllte er das Horn ein drittes Mal.
„Bei allen Göttern!“, stöhnte er.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte sich an die Träume zu erinnern, doch was ihn eben noch in nackte Angst versetzt hatte, zog sich nun in die dunklen Regionen seines Unterbewusstseins zurück.
Er erhob sich und schritt zum Ausgang seiner Hütte. Er warf einen Umhang über, schob die Felle, die den Eingang verschlossen, beiseite und trat nach draußen. Eiskalte Luft schlug ihm entgegen. Noch war es dunkel, und das Dorf lag in tiefem Schlaf, doch am östlichen Himmelsrand kündigte sich bereits der kommende Tag an. Vom Dach des Versammlungshauses zogen Rauchschwaden gen Himmel. Dort drinnen brannte wie immer das große Feuer, an dem sich die Wachen, die auf den Stegen des Holzwalls, der das Dorf umgab, Wache hielten, zwischendurch aufwärmen konnten. Er sah nach oben. Die Wolken zogen schnell und gaben nur ab und an einen Blick auf den sichelförmigen Mond preis.
Warum ich?, dachte er.
Die Götter schwiegen.