Читать книгу Power Pricing in der Hotellerie - Christoph Nussbaumer - Страница 16
2.2 Gewinntreiber Preis
ОглавлениеWir wollen nun die Erfolgsfaktoren des Gewinns unter die Lupe nehmen und verschiedene Simulationen eines fiktiven Hotelbetriebes durchführen. In der Realität können wir die Erkenntnisse aus diesen Simulationen aus vielen Beratungsprojekten bestätigen.
Unser Beispielhotel hat im Vergleichsjahr 10.000 Nächtigungen zu einem durchschnittlichen Netto-Preis von 120 Euro erzielt. Der Umsatz beträgt 1.200.000 Euro. Die fixen Kosten haben wir mit 800.000 Euro angenommen, die variablen Kosten mit 35 Euro pro Bettennächtigung. Bei Gesamtkosten von 1.150.000 Euro (800.000 Euro + 10.000 x 35 Euro) ergibt sich ein Gewinn vor Steuern in Höhe von 50.000 Euro. Dieser Gewinn entspricht einer Umsatzrendite von 4,2 Prozent, eine Performance, die leicht unter dem Branchendurchschnitt von 6,4 Prozent27 liegt.
Wenn wir die Stellschraube Kosten bewegen und die fixen Kosten um zehn Prozent senken, dann würde sich der Gewinn von 50.000 Euro auf 130.000 Euro um 160 Prozent erhöhen, was einer überdurchschnittlichen Performance entspricht ( Abb. 5). Ob eine Fixkostensenkung um zehn Prozent realistisch ist, spielt bei dieser Betrachtung keine Rolle, wesentlich ist die Erkenntnis, dass der Gewinn mit dieser Stellschraube massiv gesteigert werden könnte.
Simulation Verbesserung um 10%BasisFixkosten
Abb. 5: Simulation Verbesserung um zehn Prozent durch Fixkostensenkung
Ein Senken der variablen Kosten um zehn Prozent von 35 Euro auf 31,50 Euro scheint wenig zu sein ( Abb. 6). 3,50 Euro pro Bettennächtigungen einzusparen würde eine Gewinnsteigerung um 70 Prozent bringen, eine beachtliche Steigerung. Die Umsatzrendite würde sich allein durch diese Maßnahme über den Branchendurchschnitt heben.
Simulation Verbesserung um 10%BasisVariable Kosten
Abb. 6 Simulation Verbesserung um zehn Prozent durch Senkung der variablen Kosten
Abb. 7: Simulation Verbesserung um zehn Prozent durch Erhöhen der Anzahl Nächtigungen
Die Veränderung der Menge hätte ähnliche Gewinneffekte wie die einer Fixkostensenkung. Wir erhöhen die Anzahl der Übernachtungen von 10.000 auf 11.000 Nächte. Der Gewinn würde sogar um 170 Prozent steigen ( Abb. 7). Nun kann man bei diesem Beispiel einwenden, dass eine Steigerung der Anzahl Nächtigungen nur durch einen höheren Marketing- und Vertriebsaufwand möglich ist oder nur durch Preissenkungen. Das mag sein, ist jedoch bei dieser Betrachtung irrelevant. Fakt ist, dass die Erhöhung der Menge diese Gewinnsteigerung möglich macht.
Abb. 8: Simulation Verbesserung um zehn Prozent durch Erhöhen des Preises
Was passiert, wenn wir den Preis um zehn Prozent erhöhen und alle anderen Faktoren konstant halten? In der Abbildung 8 erkennen wir, dass der Gewinn um 240 Prozent steigen würde. Die Umsatzrendite wäre mit 12,9 Prozent im Spitzenfeld der Hotellerie. Als Fazit kann festgehalten werden, dass der Preis bei Verbesserungen im Vergleich zu den anderen Einflussfaktoren des Gewinns (fixe und variable Kosten, Anzahl Nächtigungen) der mit großem Abstand stärkste Gewinnhebel ist.
Und was passiert, wenn wir, ausgehend von den Basiskennzahlen unseres Hotelbetriebes, eine Verschlechterung von fünf Prozent simulieren? Kleine Veränderungen laufen manchmal unter der Wahrnehmungsschwelle, das bedeutet, man merkt es kaum, wenn sich die Dinge verschlechtern. Daher ist ein konsequentes Controlling in jedem Fall auch bei kleineren Hotelbetrieben zu empfehlen. Sehen wir uns deshalb an, was mit dem Gewinn passiert, wenn sich eine fünfprozentige Verschlechterung einschleicht.
Abb. 9: Simulation Verschlechterung um fünf Prozent durch Erhöhen der Fixkosten
Eine Erhöhung der Fixkosten um fünf Prozent entspricht einer Kostensteigerung von 40.000 Euro. Das lässt sich recht einfach bewerkstelligen, indem zum Beispiel ein Mitarbeiter für die Verwaltung engagiert wird, der nicht zu Umsatzsteigerungen und auch nicht zu anderen Kostensenkungen führt. Solche Fälle soll es schon gegeben haben. In diesem Fall wäre der Gewinn sozusagen pulverisiert. Die Maßnahme würde den Gewinn um 80 Prozent reduzieren, aus Sicht des Gewinns ein kaum erstrebenswerter Zustand.
Die Abbildung 10 zeigt eine Simulation mit einem kleinen Anstieg der variablen Kosten um 1,75 Euro pro Nächtigung auf 36,75 Euro. Das Ergebnis zeigt einen um 35 Prozent verringerten Gewinn. Als Beispiel kann eine Verbesserung des Frühstücksangebots herangezogen werden. Wenn durch die Qualitätsverbesserung die Auslastung nicht steigt und auch die Preise konstant gehalten werden, hat diese Maßnahme trotz eines kleinen Betrages einen spürbaren Effekt auf die Gewinnperformance.
Abb. 10: Simulation Verschlechterung um fünf Prozent durch Erhöhen der variablen Kosten
In Abbildung 11 simulieren wir einen Rückgang der Nächtigungen um fünf Prozent. Die Verringerung der Nächtigung um fünf Prozent hat in etwa den Effekt wie eine Steigerung der Fixkosten um denselben Prozentsatz.
Abb. 11: Simulation Verschlechterung um fünf Prozent durch Rückgang der Nächtigungen
Was bedeutet eine fünfprozentige Preisreduktion für den Gewinn? Ich finde dieses Beispiel eine schöne Präsentation zur Bedeutung und Wirkung von Rabatten. Wie schnell hat man fünf Prozent Rabatt gegeben? In der Hoffnung durch Preiszugeständnisse mehr Auslastung zu erzielen, werden schnell einmal Rabatte eingeräumt. Wie oft hat man es verabsäumt, die Preise jährlich entsprechend der Inflation anzuheben?
Abb. 12: Simulation Verschlechterung um fünf Prozent durch Preisreduktion
Wer eine durchschnittliche Gewinnperformance hat und auf dieser Basis seine Preise um fünf Prozent reduziert, vernichtet damit den kompletten Gewinn und rutscht sogar in die Verlustzone. Nun könnte man bei diesem Beispiel einwenden, dass eine Preisreduktion auf jeden Fall zu einer Auslastungssteigerung führen wird. Das kann durchaus passieren, doch genau wissen wir das für dieses Hotel nicht. Wie sich die Auslastung bei Preisänderungen entwickeln würde, kann mit Hilfe der Preiselastizität festgestellt werden. Damit werden wir uns in einem späteren Kapitel befassen.
Wir werden uns nun mit einer Sonderform der Simulation befassen. Bei Veränderung einer Stellschraube können wir mit Auswirkungen auf andere preisrelevante Faktoren rechnen. Ein leicht nachvollziehbares Phänomen ist die Preissenkung, mit der Hoffnung, dadurch die Auslastung zu erhöhen. Leider wird dieser Mechanismus in der Praxis viel zu häufig angewendet. Ist die Auslastung nicht so wie gewünscht, werden in manchen Häusern die Preise gesenkt. »Wir müssen etwas tun« ist in der Regel ein Unheil bringendes Statement und ein Beispiel für die Wirkung des Psychoeffektes Action Bias ( Kap. 7), über dessen Konsequenzen offenbar viele Verantwortliche nicht oder nur teilweise Bescheid wissen.
Abb. 13: Simulation Preissenkung um zehn Prozent und Auslastungssteigerung um zehn Prozent
Wann ist eine Preissenkung erfolgreich? Wie in der Abbildung 13 ersichtlich ist bei einer Preissenkung um zehn Prozent und einer dadurch erzielten Steigerung der Auslastung um zehn Prozent nichts gewonnen. Im Gegenteil, wird auch mit dieser Maßnahme der Gewinn vernichtet. Aus unserer Beratungspraxis müssen wir immer wieder auf diesen desaströsen Effekt auf den Gewinn hinweisen. Wir können mit einer solchen Maßnahme zwar das Ziel Auslastung erhöhen durchaus erreichen, doch dieser »Sieg« ist teuer erkauft. Nun kann man argumentieren, dass eine zehnprozentige Preissenkung zu einer noch höheren Auslastung führen wird. Schauen wir uns auch diesen Effekt an.
Abb. 14: Simulation einer Preissenkung um 10 Prozent und einer Auslastungssteigerung um 15 Prozent
Ich bin überzeugt, dass die meisten Hoteliers diesem Tausch in der ersten Reaktion positiv gegenüberstehen würden. Wir geben einen Rabatt von zehn Prozent und erhalten im Gegenzug eine Steigerung der Auslastung um 15 Prozent. Betriebswirtschaftlich rechnet sich nicht einmal diese erhebliche Erhöhung der Auslastung. Die Preisreduktion schneidet massiv in die Gewinnperformance. Das sollte jedem für Preise Verantwortlichen bewusst sein. Natürlich kommt bei starken Auslastungssteigerungen irgendwann der Break-Even-Point, bei dem der Gewinn wieder ansteigt. In unserer Simulation und auch in Praxisbeispielen liegt dieser Punkt bei 16,5 bis 20 Prozent. Das bedeutet, eine Preisreduktion von zehn Prozent sollte mindestens eine Erhöhung der Auslastung um 20 Prozent bringen, sonst sollte man lieber die Finger davonlassen.
Eine 20-prozentige Steigerung der Auslastung ist massiv. Falls jemand diese Option genauer analysieren möchte, muss berücksichtigt werden, dass solche Steigerungen mitunter zu sprungfixen Kosten führen können. Eventuell werden zusätzliche Mitarbeiter benötigt. Auch die Instandhaltungen werden durch mehr Übernachtungen steigen. Besonders problematisch wird eine solche Maßnahme dann, wenn durch Preissenkungen Gäste gewonnen werden, die preissensibler sind als die Stammgäste, und Gäste, die mehr auf die Qualität achten könnten, durch zu niedrige Preise von der Buchung abgehalten werden. Wie bereits erwähnt ist der Preis auch ein Qualitätsindikator und Preissenkungen könnten andeuten, dass die Qualität gesenkt worden ist.
Wir wollen nun ein weiteres spezielles Phänomen untersuchen, das sowohl in Simulationsrechnungen als auch in der Praxis zu Überraschungen führt. Was passiert, wenn die Preise nicht reduziert, sondern erhöht werden? In einer ganzen Reihe von Preis-Strategie-Projekten haben wir ein interessantes Phänomen beobachtet. Man kann die durchschnittlichen Preise erhöhen, ohne die Auslastung nennenswert zu senken. Auf dieses Thema werden wir später eingehen. In unserer nächsten Simulationsrechnung werden wir untersuchen was passiert, wenn wir die Preise um zehn Prozent anheben und dafür die Auslastung um zehn Prozent senken.
Abb. 15: Simulation einer Preiserhöhung um zehn Prozent und einer Auslastungssenkung um zehn Prozent
Das oben abgebildete Beispielhotel würde bei einer solchen Konstellation den Gewinn um 46 Prozent erhöhen. Wir verlieren zwar zehn Prozent an der Auslastung, gewinnen durch die höheren Preise jedoch eine höhere Marge, die zu einem deutlich höheren Gewinn führt. Diese Preis-Strategie implementieren wir in der Regel bei denjenigen Hotelbetrieben, die trotz einer hohen Auslastung eine bescheidene Gewinnperformance haben. Durch den Verzicht auf Übernachtungen steigern wir paradoxer Weise den Gewinn.
Ich möchte auf einen weiteren Aspekt dieser Beispiele hinweisen, der vor allem für diejenigen von Interesse sein sollte, die Yield Management betreiben. Yield Management bedeutet die praktische Umsetzung, Steuerung und Lenkung der Nachfrage. »Ziel ist die Erhöhung des RevPAR/Yield (= Netto-Logisumsatz : verfügbare Zimmer) durch tägliche Steuerung von Preisen und Kapazitäten, unter anderem durch Buchungsbedingungen und Preis-Strategien. Yielden (steuern, lenken) bezeichnet die tägliche Steuerung der Kapazitäten und Preise.28 Wenn wir Systeme und Strategien einsetzen, die den Netto-Logisumsatz optimieren, können Konstellationen entstehen, die zwar zu einem höheren Netto-Logisumsatz führen, aber nicht den Gewinn optimieren. Höhere Umsätze bedeuten nicht zwangsweise höhere Gewinne, im Gegenteil, Umsatzmaximierungen können auch negative Effekte auf den Gewinn bewirken.
Generell sind hohe Umsätze niedrigen vorzuziehen, aber nur unter der Bedingung, dass auch die Gewinne steigen. Ein Tunnelblick auf Umsatz- oder Auslastungsmaximierung kann den Gewinn zerstören. Ein Yield Managementsystem wird aufgrund der Zielsetzung Umsatzmaximierung eher die Konstellation der Abbildung 14 anstreben (Umsatz 1.242.000 Euro; Gewinn 39.000 Euro), da der Umsatz um 54.000 Euro höher ist als der der Konstellation in Abbildung 15 (Umsatz 1.188.000 Euro; Gewinn 73.000 Euro). Paradoxerweise ist der Gewinn aufgrund der Hebelwirkung des Preises bei weniger Umsatz um 34.000 Euro höher.
Einer unserer Hotelkunden hatte ein solches System im Einsatz und ist im ersten Jahr voll in diese Falle getappt. Die Auslastung ist deutlich angestiegen, aber der Gewinn gleichzeitig spürbar eingebrochen. Diesen Effekt konnten wir durch einschneidendes Gegensteuern zügig beseitigen. In der Folge gingen die Nächtigungen zum Teil dramatisch zurück, die Preise aber stiegen stark an. Durch das monatliche Controlling konnten wir die positiven Effekte sofort erkennen, der Gewinn stieg bei leicht sinkenden Umsätzen wieder an. Falls Sie ein Yield Managementsystem einsetzen, achten Sie auf Ihre Gewinnperformance und nicht auf den höchsten Umsatz.