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1.3 Preise finden

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Haben Sie sich schon einmal gefragt wie Ihre Preise, die Sie als Hotelier für Ihre Leistungen von den Gästen verlangen, zustande gekommen sind? Warum haben Sie die heutigen Preise und nicht andere? Wie ist die Historie Ihrer Preis-Politik? Woran orientieren Sie sich, wenn Sie die Preise anpassen, am Wettbewerb, am Bauchgefühl, an den Reaktionen eines Gastes bei der letzten Beschwerde? Warum haben Ihre Zimmerkategorien ausgerechnet die Namen, und passen die Zimmernamen zu Ihrer Positionierung? Passen die Preisunterschiede Ihrer Zimmerkategorien, oder ist Ihre Preisspanne suboptimal? Haben wir die Inflation jedes Jahr berücksichtigt, oder hatten wir auch Jahre, in denen wir keine Preisanpassungen vorgenommen haben? Und wenn die Preise jährlich angepasst worden sind, um wieviel wurden sie angepasst? Um ein paar Euro, um einen Prozentsatz des Vorjahrespreises?

Neue Hotelbetriebe haben den Vorteil, ihre Preise Zero Based18 gestalten zu können. Die Preise haben keine Historie, alles ist neu und die Gäste lernen ein völlig neues Angebot kennen. Der Nachteil bei neuen Hotels ist auf keine Preishistorie Bezug nehmen zu können. Die Festsetzung des richtigen Preises ist bei neuen Hotels mit einem größeren Risiko verbunden, aber auch mit einer großen Chance. Im optimalen Fall wird die Preis-Strategie vor dem Bau oder Umbau erarbeitet, damit Einfluss auf die Gestaltung der Zimmer aus Preis-Sicht genommen werden kann. Leider werden Hotelneubauten zu wenig im Vorfeld preisstrategisch hinterfragt.

In der Regel plant der Architekt und präsentiert das Ergebnis. Wenige Hoteliers schauen auf die ausgewogene Gestaltung der Kategorien. Das ist bedauerlich, zumal ein Input durch die Preis-Strategie einen erheblichen Vorteil schaffen kann. Denken Sie z. B. an die Gestaltung einer optimalen Preisspanne. Das ist der Unterschied zwischen dem preiswertesten Zimmerangebot in der günstigsten Saison und dem teuersten Zimmerangebot in der teuersten Saison. Diese Festlegung ist Teil der Positionierung und beeinflusst das Verhalten Ihrer Zielgruppen. Sie wollen ein Angebot schaffen, welches exakt zu Ihrer Zielgruppe passt. Die Zimmer sollen nicht zu teuer, aber auch nicht zu billig sein. Zusätzlich benötigen Sie eventuell mehrere Kategorien, damit Sie unterschiedliche Gästebedürfnisse erfüllen können. Macht es vielleicht Sinn, eine Top-Suite anzubieten und dafür zwei kleinere Zimmer zu opfern?

Die Ausgestaltung der Zimmergrößen sollte nicht nur dem Architekten überlassen werden. Wie wir noch sehen werden, kommen bei Entscheidungen zu Kategorien und vor allem zu den Abständen der Kategorien zueinander strategische, strukturelle und psychologische Effekte ins Spiel, und ich kann Ihnen versichern, dass diese Effekte eine große Rolle spielen werden bei der Performance Ihres Hotelbetriebes. Wir werden im Kapitel 5 die psychologischen Effekte der Preis-Strategie behandeln und vor allem die Psychologie sollte in der Optimierung der Zimmergrößen eine Rolle spielen.

Jedes bestehende Hotel hat eine Preishistorie, und die meisten Hotelbetriebe haben ihre Preishistorie noch nie richtig analysiert und hinterfragt und schon gar nicht strategisch optimiert. Nach einem Power-Pricing-Vortrag kam ein Hotelier mit rotem Kopf auf mich zu und sagte, er habe über meine Frage nach seiner Preishistorie nachgedacht und habe jetzt die Antwort gefunden. Seine Preise stammen von seinem Vater, der ihm das Hotel vor 35 Jahren übergeben hatte. Er habe die Preise zwar immer wieder angepasst, also die Inflation mehr oder weniger berücksichtigt, aber die Kategorien, die Namen, die Preisspannen, die Rabatte, die Kinderpreise etc. und viele weitere Aspekte seiner Preis-Politik nie hinterfragt und auch nie grundlegend geändert. Zwar habe er nach Investitionen die Preise angepasst, aber nie den tatsächlichen Gästenutzen hinterfragt. Es falle ihm wie Schuppen von den Augen und er müsse gestehen, viele Preis-Potenziale nicht genutzt zu haben.

Er war gerade dabei das Unternehmen an seine Tochter zu übergeben, und gleichzeitig planten sie eine erhebliche Investition in Verbesserungen und in eine Kapazitätserweiterung. In der Folge erarbeiteten wir gemeinsam mit ihm und seiner Tochter die Unternehmens-Strategie und danach die Preis-Strategie. Dieser Input hatte erhebliche Auswirkungen auf die neuen Preise. Wir überzeugten die Hoteliersfamilie auch die Zimmerkategorien zu optimieren und statt zwei Standardzimmer eine Suite zu bauen. Diese Maßnahme war für eine optimale Preisspanne sehr wichtig, worauf wir im Kapitel 5 (Power Pricing) im Detail zu sprechen kommen. Ein Jahr nach der Investition bestätigte der Hotelier, dass die Entscheidung eine Top-Suite zu bauen und dafür auf zwei kleine Zimmer zu verzichten, richtig gewesen sei. Er hätte sogar zwei Top-Suiten bauen sollen. Durch die Top-Suite hatte der Hotelier mehrere Vorteile lukriert. In den Folgekapiteln werden wir uns mit diesem Phänomen noch näher befassen. Das Finden der richtigen Preise ist eine fortlaufende Aufgabe, eine Arbeit am Unternehmen und somit von strategischer Relevanz. Die Brisanz der andauernden Beschäftigung mit den Preisen möchte ich anhand eines fiktiven Beispiels erläutern.

Nehmen wir an, ein Hotelier übernimmt im ersten Fallbeispiel das Hotel von seinen Eltern im Jahr 2020 mit einem Nettoumsatz von einer Million Euro und erhöht die Preise aufgrund der Inflation im Durchschnitt jedes Jahr um zwei Prozent. Die Kapazitäten bleiben konstant, ebenso die Anzahl Nächtigungen pro Jahr. Sein Umsatz im Jahre 2049 beträgt 1,77 Millionen Euro, der kumulierte Nettoumsatz nach 30 Jahren beläuft sich auf 40,6 Millionen Euro. Im zweiten Fallbeispiel übernimmt der Hotelier dasselbe Hotel, erhöht ebenfalls die Preise aufgrund der Inflation um zwei Prozent und lässt die Kapazitäten und die Anzahl Nächtigungen konstant. Nun beschäftigt sich der Hotelier im zweiten Fallbeispiel gleich zu Beginn mit seiner Preis-Strategie, optimiert jährlich seine Preise und erzielt dadurch zusätzlich zur zweiprozentigen Teuerung jedes Jahr einen um 0,6 Prozent höheren Durchschnittspreis. Alternativ könnte auch jedes zweite Jahr eine Optimierung um 1,2 Prozent erfolgen, mit dem annähernd gleichen Effekt.

Der Unterschied der beiden Fallbeispiele ist gravierend. Der Nettoumsatz beträgt im zweiten Fall 2,1 Millionen Euro im Jahre 2049, der kumulierte Nettoumsatz nach 30 Jahren beträgt mit Preis-Strategie 44,6 Millionen Euro. Der Unterschied der beiden Fallbeispiele beim Nettoumsatz beläuft sich auf über vier Millionen Euro. Ein höherer Umsatz bei gleichen Kosten kommt eins zu eins im Ergebnis an. Der kumulierte Gewinn nach 30 Jahren ist um über vier Millionen Euro höher. Bei einem EGT (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) von zehn Prozent vom Umsatz wäre der kumulierte Gewinn im ersten Fallbeispiel über vier Millionen Euro, im zweiten Fallbeispiel beläuft sich der kumulierte Gewinn auf über acht Millionen Euro, das entspricht einem Unterschied von 100 Prozent. Das heißt, die Beschäftigung mit der Preis-Strategie würde in diesem Fallbeispiel den kumulierten Gesamtgewinn in 30 Jahren verdoppeln. Hätten Sie das gedacht? Wir haben bei diesem Beispiel bewusst keine strategischen Verbesserungen im Gästenutzen angenommen.

Und welche Preise sollten bei einem Hotel gewählt werden, das ganz neu auf den Markt kommt? Manche Hoteliers tendieren dazu, hohe Einführungsrabatte zu gewähren, damit das neue Produkt gleich gut ausgelastet ist, sich herumspricht und Marktanteile und Kunden gewonnen werden. Dieser Gedanke ist nachvollziehbar, jedoch nicht unproblematisch. Durch rabattierte Preise entfällt der Preis als Qualitätsindikator, zumindest in der Anfangsphase. Da das Produkt neu und unbekannt ist, haben die potenziellen Kunden keinen internen Referenzpreis und können nicht beurteilen, ob ein verlangter Preis angemessen ist. Durch den niedrigen Einführungspreis ist die Qualitätsanmutung niedriger, als wenn der optimale Preis verlangt wird. Das günstige Angebot kann dazu führen, dass Schnäppchenjäger zuschlagen und die Kapazitäten blockieren, die eigentlich für die anvisierten Zielgruppen gedacht sind. Im schlimmsten Fall verhindert eine Niedrigpreis-Einführungsstrategie das neue Produkt den Wunschkunden vorzustellen, da die Kapazitäten von Kunden genutzt werden, die nur aufgrund des attraktiven Schnäppchenpreises gebucht haben. Diese Kunden werden später – dann zu regulären Preisen – nicht buchen, da der Preis außerhalb ihres Budgets liegt. Bei der Vermarktung eines neuen Produktes sollte eher mit Knappheit argumentiert werden. Knappheit suggeriert eine hohe Qualität und steigert die Zahlungsbereitschaft.19

In der Praxis konnten wir durch Preis-Strategien schon Steigerungen des Nettoumsatzes um 15 Prozent nach einem Jahr realisieren, und das ohne Investitionen. Mit der Preis-Strategie sollte man sich jedes Jahr befassen, es zahlt sich aus. Mit diesem einfachen Beispiel möchte ich die Bedeutung des richtigen Preises unterstreichen. Es ist nie zu früh, sich mit seiner Preis-Strategie zu befassen, aber Sie können viel Geld verlieren, wenn Sie sich zu viel Zeit lassen.

Power Pricing in der Hotellerie

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