Читать книгу Power Pricing in der Hotellerie - Christoph Nussbaumer - Страница 6
Vorwort
Оглавление»In jedem Markt gibt es zwei Narren. Der eine hat zu hohe, der andere zu niedrige Preise.« (russisches Sprichwort)
Der Preis ist ein Thema, über das in der Hotellerie selten mit großer Begeisterung gesprochen wird. Man ist sich nie sicher, ob der Preis, den man für Hotelleistungen verlangt, zu hoch oder zu niedrig ist. Und die Entscheidung für einen bestimmten Preis ist in der Regel eine hochemotionale, die vor allem in Familienbetrieben mitunter zu heftigen Auseinandersetzungen führen kann. Wenn eine Person allein für die Festsetzung der Preise verantwortlich ist, dann lastet eine riesengroße Verantwortung auf deren Schultern. Werden die Preise im Team festgelegt, dann dominiert normalerweise der Chef oder die Chefin, der oder die entweder mutig die Preise anpasst oder sich ängstlich an den bestehenden Preisen vom letzten Jahr klammert, oder sich an den Preisen der Wettbewerber orientiert. Insgesamt ist die Preisfestsetzung in der Hotellerie mit sehr viel Bauchgefühl verbunden.
In unseren Diskussionen mit Hotelinhabern, Hoteldirektoren und Führungskräften hören wir ständig, die Preisfindung bereite viel Kopfzerbrechen und werde immer komplizierter. Die Unsicherheit bei der jährlichen Überarbeitung der Preisliste ist groß, man will keine Fehler machen und klammert sich an das bisher bewährte Procedere, das seit Jahren mehr oder weniger funktioniert und passt die Preise eher zu vorsichtig an, indem die Preise pro Personen-Nächtigung um ein paar Euro erhöht werden. Man will vor allem die Stammgäste nicht erschrecken, die seit vielen Jahren regelmäßig kommen. Und wenn der Wettbewerb nur geringe oder gar keine Preisanpassungen vornimmt, dann traut man sich nicht einmal die Teuerung durch die Inflation weiterzugeben.
In einem Gespräch mit einer Hoteldirektorin fragte ich wie sie die Preise für die kommende Saison anzupassen gedenke. Sie erwiderte, dass sie die Preise nicht verändern werde, denn sie seien »eh schon teuer« und »am oberen Plafond«. Das permanente Gefühl, zu hohe Preise zu haben, ist in der Hotellerie weit verbreitet. Die meisten Hoteliers geben zwar zu, bei den Preisen »noch etwas Spielraum nach oben« zu haben, trauen sich dann aber nicht, diesen Spielraum zu nutzen. Das ist schade, denn der Preis ist der mit großem Abstand stärkste Gewinnhebel.
Meistens schwingt die Angst mit, durch zu hohe Preise die Auslastung zu ruinieren oder eben die Stammgäste zu vergraulen. Die Hotellerie ist eine Branche, die vor allem auslastungsorientiert denkt und handelt. Eine möglichst hohe Auslastung ist aus Sicht vieler Hoteliers das wichtigste Ziel überhaupt. Ist der Parkplatz vor dem Hotel voll, dann geht es dem Hotel gut, so ist zumindest die durchgängige Meinung, nicht nur bei Hoteliers.
Selten finden wir Unternehmer und Unternehmerinnen, die selbstbewusst und mutig ihre Preise festlegen und durchsetzen. Die von ihnen geführten Unternehmen sind meistens solche, die eine gute bis sehr gute Performance erzielen, d. h. sie haben eine Umsatzrendite vor Steuern von weit über zehn Prozent. Sie sind auch diejenigen, die ihre Preise regelmäßig hinterfragen und die Inflation in ihren Preisen abbilden und weitergeben.
Immer mehr Hoteliers beginnen das Phänomen des Preises zu hinterfragen und zu überlegen, wie die Preis-Politik in ihrem Unternehmen verbessert werden kann. Das Wissen um den Preis hat sich in den letzten Jahren erheblich erweitert und vertieft. Nicht nur die Ökonomie, sondern auch die Psychologie, die Entscheidungstheorie, die Neurowissenschaften, die Marketingwissenschaften, die Marktforschung und auch das Strategische Management haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Neue Technologien und Instrumente haben dazu geführt, das hochkomplexe Phänomen des Preises zu durchleuchten und Strategien zu finden, die in der Praxis funktionieren.
Warum habe ich dieses Buch geschrieben, und wie komme ich dazu? Ich befasse mich seit dem Jahr 2003 mit der strategischen Beratung von Hotelbetrieben. Zu den Kunden meines Beratungsunternehmens zählen vor allem Unternehmen aus der Privathotellerie im deutschsprachigen Alpenraum. Die Umsätze dieser Betriebe liegen zwischen weniger als einer Million bis weit über 25 Millionen Euro. Vor 2003 zählten mittelständische und große Unternehmen aus der Industrie zu unseren Beratungskunden. Die Faszination der Hotelbranche hat uns darin bestärkt, die Hotellerie als Fokusmarkt zu sehen und die eigene strategische Entscheidung zu treffen, unsere Energie der Hotellerie zu widmen. Seither haben wir hunderte Strategie-Konzepte für Hotelbetriebe erarbeitet und durch die mit unseren Hotelkunden erzielten Erfolge eine ganze Reihe von Auszeichnungen und Preise gewonnen.
Ein Schwerpunkt unserer Beratungsarbeit ist die Entwicklung und Umsetzung von Preis-Strategien für Hotelbetriebe. Dass der Preis eine große Rolle für die betriebswirtschaftliche Performance spielt, wissen wir aus den Strategie-Simulationen, die wir für Hotelbetriebe bei der Entwicklung von Unternehmens-Strategien rechnen. Diese Simulationsrechnungen ermöglichen eine exakte quantitative Bewertung strategischer Alternativen. Sie erlauben hochkomplexe Investitionsentscheidungen abzubilden und deren Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung, die Planbilanz, den Cashflow- und den Finanzplan für die nächsten Jahre darzustellen. Sie sind eine unschätzbar große Hilfe, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der strategische Durchschnittspreis je Nächtigung ist diejenige (magische) Zahl, die den stärksten Stellhebel bei der Erzielung von Gewinnen und Cashflows darstellt.
Bis 2014 haben wir die Preisfindung und Preisdurchsetzung eher als Aufgabe des Marketings gesehen. Im Marketing ist die Preis-Politik eine von vier Marketing-Mix-Elementen (Leistung, Kommunikation, Vertrieb und Preis). Doch wie funktioniert das Marketing in einem Hotel? Ist das Marketing der richtige Bereich, um Preise festzulegen? Soll die Preis-Politik wirklich dem Rezeptionisten oder der Marketingleiterin allein überantwortet werden?
Je mehr wir uns mit dem Preis befasst haben, desto klarer kamen wir zu folgender Erkenntnis: Die Preis-Politik darf nicht einfach wegdelegiert werden, sondern zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Top-Managements eines Hotels. Aus dieser Erkenntnis und umfangreichem Literaturstudium haben wir das Beratungsmodul Preis-Strategie entwickelt, das wir seit 2014 in über hundert Projekten in der Hotellerie einsetzen konnten. Parallel dazu haben wir eine ganze Reihe von Power-Pricing-Seminaren und -Foren für Hoteliers durchgeführt und viele Vorträge gehalten. Die gewonnenen Erkenntnisse möchte ich in diesem Buch weitergeben.
Für wen habe ich dieses Buch geschrieben und welches Ziel verfolge ich damit? Dieses Buch ist für Hoteliers, Hoteldirektoren, Marketingleiter und Rezeptionisten und all jene Menschen geschrieben, die sich professionell mit dem Thema Preisfindung und Preisdurchsetzung in der Hotellerie befassen. Ziel ist das Phänomen des Preises für Hotelbetriebe systematisch zu erfassen und Wege aufzuzeigen, um den optimalen Preis zu finden und durchzusetzen. Ich möchte das Bewusstsein stärken, dass der Preis der mit Abstand stärkste Gewinnhebel ist und entsprechend sorgfältig eingesetzt werden sollte. Vor allem möchte ich die Angst vor Veränderungen der Preis-Politik nehmen.
Es war mir ein großes Anliegen, gewonnene Erkenntnisse und Fachwissen in einer leicht lesbaren Form bereit zu stellen. Daher habe ich mir die Freiheit genommen, mal weibliche und mal männliche Formen zu verwenden. Ich hoffe damit allen Ansprüchen – vor allem dem der guten Lesbarkeit – gerecht geworden zu sein.