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Einleitung

0.1. Zur Beobachtung großer Zyklen in der Wirtschaft

Dass es im Prozess der Wirtschaft zyklische Veränderungen gibt – und zwar im großen Maßstab, mit Perioden von mehreren Jahrzehnten –, dieser Gedanke wurde erstmals 1926 von Nikolai Kondratieff auf Deutsch publiziert [1], also vor nun 90 Jahren, aber zeitnah auch auf Englisch, Russisch und Französisch [2]. Und bis heute hat er als Diskussionsgegenstand hohe Aktualität, ohne dass jedoch die – zumal prognostische – Belastbarkeit dieser Auffassungen geklärt wäre [3].

Enorme Ausdehnung

Und dabei geht es um zyklische Vorgänge, die offenbar 30 bis 60 Jahre überwölben – also nicht etwa nur um vorübergehende konjunkturelle Schwankungen von wenigen Jahren oder um bloße Störungen des ökonomischen Gleichgewichts durch Zufälle oder identifizierbare und korrigierbare Fehlentwicklungen.

Fast möchte man, in Anlehnung an einen geschichtsphilosophischen Begriff, sagen, es handele sich um eine Theorie des ökonomischen Schicksals. Beispielsweise fänden junge Menschen zu unterschiedlichen Zeitaltern höchst verschiedene wirtschaftliche Bedingungen vor; nicht anders Menschen in ihren mittleren Jahren ebenso wie Ältere: immer je nach der gesamtwirtschaftlichen Situation, in die die Lebensphase der einzelnen fällt. – Und das läge nicht an äußeren Ereignissen oder am Unvermögen von Wirtschaftspolitikern, sondern entspräche der Natur der Wirtschaft selbst. Nicht zu jeder Zeit ließen sich in gleicher Weise Wachstum und Prosperität generieren.

Potentielle prognostische Relevanz

Kurz: Sofern sich derartige Zyklen der Wirtschaft analytisch „festmachen“ lassen, sind sie von großer prognostischer, zeitanalytischer, wirtschaftspolitischer Relevanz. Diese erstreckt sich auf Unternehmensentscheidungen, öffentliche Investitionen, die Währungspolitik der Zentralbanken und nicht zuletzt die Zukunftsplanungen der privaten Haushalte. – Aber es ist bislang bei einer potentiellen Relevanz geblieben. Denn der bisherige Forschungsstand weist offene und ungeklärte Fragen auf.

Offene und ungeklärte Fragen

Diese offenen Fragen – man könnte auch sagen, dieser „Klärungsbedarf“, diese wissenschaftlichen Desiderate –

 betreffen sowohl die genaue zeitliche Gestalt der Zyklen

 als auch ihre Erklärung durch stringente Ursachen.

Beschleunigt sich die Abfolge der Zyklen möglicherweise? Wie gut trifft die Wellenform zu? Beginnt bereits ein weiterer Zyklus (wie von Leo Nefiodow postuliert)? [4] Überlagern sich verschiedene Zyklen? Fallen sie künftig ganz aus? Oder waren sie – auch das wird diskutiert – ohnehin eher ein theoretisches Konstrukt? [5]

Zyklen über die Wirtschaft hinaus: Zivilisationszyklen

Dazu möchte dieser Essay neue Aspekte beitragen: Im „Hintergrund“ der Wirtschaftswelt vollzieht sich nämlich, wie zu zeigen ist, ein machtvoller Zivilisationswandel. Wer sich – wie der Autor – der Analyse dieses Vorgangs verschrieben hat, erkennt daran unschwer dessen partiell-zyklische Gestalt.

Und weiter: In vielfältiger Weise unterliegt die Welt der Wirtschaft diesen Einflüssen des Zivilisationswandels – ohne dass es sich um deterministische Einflüsse handeln würde (nicht anders als in der Kultur, der Politik, der Religion). Eine ganze Reihe von Wirtschaftsphänomenen lassen sich, wie zu argumentieren ist, auf diese Weise besser – oder überhaupt – verstehen. Auch solche, die Konjunkturverläufe betreffen. Doch genauer:

Zyklische Veränderungen der modernen Zivilisation und Wirtschaft

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