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Herr von Wartburg

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Ja, dort auf dem Foto, die Frau mit Hut, das ist sie. Nie wäre meine Mutter in ein Altersheim gegangen, nie! Sie war so stolz und schön und immer stilvoll gekleidet; sie hatte sich selbst und alle anderen im Griff. Ach, meine Mutter, wenn die mich in meiner Aufmachung sähe! Sie wollte immer, dass aus mir mal was wird. Ob Bankdirektor, Bäcker oder Bauarbeiter, das spielte eine Rolle, aber nicht eine derart entscheidende. Die Hauptsache war, wo und in welchem Beruf auch immer, anständig, tüchtig und vor allem: flott zu sein. Anständig, tüchtig und flott, das war man nicht dauerhaft; man musste es immer wieder von neuem werden. Es war Arbeit: die schmutzige Hose gegen eine saubere austauschen. Die abgestossenen Schuhe eincremen und polieren. Die widerspenstigen Haare kämmen. Nicht mit vollem und auch nicht mit halbvollem Mund reden. Langsam essen; das Messer gehört in die rechte, die Gabel in die linke Hand, langsam trinken. Jedermann laut und deutlich grüssen. Das Geld ins Sparschwein stecken und nicht am Kiosk verputzen. Nicht rauchen, nicht trinken. Jeden Tag dafür beten, dass man mal eine hübsche Frau, eine hübsche Wohnung finden würde. Man konnte nie genug früh damit anfangen, sich ins Anständig-, ins Tüchtig- und Flottsein einzuüben.

Was für ein flottes Hemd du hast! Was für ein flotter Bub du bist, ach mein Mäuschen Maximilian! Aus dir wird mal ein flotter Oberministrant!, sagte sie am Sonntag zu mir, bevor ich in die Kirche zum Ministrantendienst ging. Flott, wie ich dieses Wort hasste. Das Wort «flott» flutschte angepasst und widerstandslos durchs Leben. Es hatte keine Ecken, keine Kanten. Es kam darin kein knirschendes K, kein bremsendes R, kein verlangsamendes H vor. Flott. Ogottogott! Ich wollte nicht an­ständig, ich wollte nicht tüchtig, ich wollte, verdammt noch mal, nicht flott sein.

Noch heute höre ich Mutter, wenn mein Blick an meinem Spiegelbild hängen bleibt, zu mir sagen: Nein, Maximilian, das geht nicht, das macht mir Sorgen. Wie läufst du herum! Schämst du dich nicht? Dein Hemd, es hat Flecken. Deine Hose, abgewetzt und ausgewaschen. Und deine Schuhe, das sind keine Schuhe, das sind Latschen! Geh in die Stadt zum Schild und kauf dir was Flottes!

Der Staubwedel muss mit

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