Читать книгу Der Staubwedel muss mit - Christoph Schwyzer - Страница 25

Frau Deiss

Оглавление

Ein Bett, ein Bad und drei Mahlzeiten – das ist schon alles, alles, was man braucht zum Leben, wer mehr braucht, leistet sich Luxus, sagt sie. Und sie braucht mehr: einen Bleistift, Papier, die Bibel. Auch einen Stuhl und einen kleinen Tisch. Morgens liest sie, schaut aus dem Fenster; nachmittags schreibt sie, schaut aus dem Fenster. Ihre Hände sind gekrümmt, ihre Füsse auch. Sie sitzt im Rollstuhl, gehen kann sie nur mit Mühe. Gicht, sagt sie. Den Bleistift schiebt sie in eine Lücke zwischen den hakenförmigen, geröteten Fingern. Sie hält ihn mit sanftem Druck. Die Schmerzen wären sonst unerträglich. Beim Schreiben wackelt der Bleistift. Im Geheimen, durch die Hand verdeckt, entstehen die Buchstaben. Zum Vorschein kommen grosse, zitterige Wesen, jedes ein Kunstwerk. Vor dem Nachtessen faltet sie das Blatt. Es ist auf beiden Seiten beschriftet, und es vibriert vor Lebendigkeit. Umständlich schiebt sie das Blatt in ein Couvert. Ein Brief pro Tag, sagt sie. Meine Freundinnen sollen wissen: Ich lebe.

Der Staubwedel muss mit

Подняться наверх