Читать книгу Verschollen am Mount McKinley / Die Wölfe vom Rock Creek - Christopher Ross - Страница 9

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»Heya! Lauft, ihr Lieben!« Julie hielt ihr Gesicht in den eisigen Fahrtwind und genoss die rasante Fahrt über die feste Schneedecke der Park Road. »Hier könnt ihr euch mal richtig austoben! Bleib an Carol dran, Chuck! Lass dich nicht abhängen! So gut wie Skipper bist du schon lange! Vorwärts, Chuck!«

Julie fuhr im Windschatten von Carol, die Knie leicht angewinkelt, um Schneeverwehungen oder Bodenwellen besser abfedern zu können. Auf dem festen Schnee und in der Gewissheit, keinen Gegenverkehr zu haben, machte das Fahren besonders großen Spaß. Ihre Hunde freuten sich, nach der unbequemen Fahrt auf dem Pick-up wieder laufen zu können, und hetzten in weiten Sprüngen über den Schnee, legten es manchmal sogar darauf an, das andere Gespann zu überholen und ließen sich nur widerwillig wieder zurückfallen.

Von Carol konnte sich Julie einiges abschauen. Die Rangerin fuhr noch ruhiger und gleichmäßiger als sie und stand so locker auf den Kufen , als steuerte sie den Schlitten über festes Eis. Scheinbar ohne Anstrengung meisterte sie jedes Hindernis, und ihre Befehle waren so kurz und knapp, dass sich Julie jedes Mal wunderte, wie schnell ihre Huskys reagierten. Besonders Skipper, ihr Leithund, war ein intelligenter Bursche, der auch Chuck noch einiges an Kraft und Schnelligkeit vorauszuhaben schien. Rowdy benahm sich öfter mal daneben, bellte wütend nach vorn oder drehte sich vorwurfsvoll zu den anderen Huskys um, gehorchte aber schnell, wenn Carol mahnend seinen Namen rief. So routiniert und gelassen verhielt sich nur eine erfahrene Musherin, die mehrmals an großen Hundeschlittenrennen teilgenommen hatte.

Wie fast jede junge Musherin hatte auch Julie schon darüber nachgedacht, am Iditarod teilzunehmen, den Gedanken aber gleich wieder verworfen. Nicht, weil ihre Huskys den Anforderungen dieses harten Rennens nicht gewachsen wären. Chuck war ein erfahrener Leithund, der sich selten aus der Ruhe bringen ließ. Bronco lief neben ihm und war so kräftig, dass er den Schlitten auch allein gezogen hätte. Curly benahm sich manchmal wie ein ungezogener Junge, schaffte es aber auch, die anderen Huskys aufzumuntern, wenn es mal nicht so lief. Apache war trotz seiner Jugend schon sehr erfahren und würde Chuck einmal als Leithund ablösen. Blacky und Nanuk, die beide direkt vor dem Schlitten liefen, brachten Kraft, Ruhe und Ausdauer mit. Ein erfahrenes Gespann, auf das man sich verlassen konnte und das auch den hohen Anforderungen der Park Ranger in einem Nationalpark gewachsen war.

An einem Aussichtspunkt am östlichen Ufer des Jenny Creek hielt Carol ihr Gespann an. Julie lenkte ihren Schlitten neben sie. Inzwischen war die Sonne aufgegangen, und der helle Streifen am östlichen Horizont überzog das verschneite Land mit rötlichem Licht, das selbst die eisigen Hänge im Norden einladend aussehen ließ. Feiner Nebel hing über den zugefrorenen Flüssen und stieg bis in die Ausläufer des mächtigen Mount McKinley empor, der wie ein gewaltiges Monument aus dem Land ragte und alle anderen Berge der Alaska Range um ein Vielfaches überragte. Majestätisch thronte er über den verschneiten Tälern. Sein Gipfel, nur für Sekunden sichtbar, verschwand sofort wieder hinter den dichten Wolken, die sich im Norden zusammengeballt hatten, doch selbst jetzt ahnte man noch seine majestätische Größe. Ein Berg, wie es ihn nicht einmal im Himalaya gab, rauer und abweisender, für viele Betrachter aber auch faszinierender als der Mount Everest.

»Ist das nicht ein toller Anblick?«, fragte Carol. »Wenn man den Gipfel nicht sehen kann, finde ich den Berg noch beeindruckender und geheimnisvoller. Deshalb habe ich mich um eine Stelle im Denali National Park beworben. Ich halte jedes Mal hier, obwohl ich schon seit ein paar Jahren hier arbeite.«

»Und wo warst du vorher?«

»Yosemite«, antwortete die Rangerin, »unten in Kalifornien. Auch so ein Park, der sich vor Bewerbungen nicht retten kann, aber ich habe mich dort nie so richtig wohlgefühlt. Kalifornien ist nichts für mich. Ich bin in Alaska aufgewachsen und würde dieses Land für kein Geld der Welt eintauschen. Als die Stelle im Denali frei wurde, habe ich mich sofort beworben.« Sie lächelte zufrieden. »Meine Vorfahren stammen aus Deutschland, da gibt es überhaupt keine Berge, jedenfalls keine so hohen wie hier. Sie kamen während des Goldrausches am Klondike. Reich wurden sie nicht, aber das Land muss sie so fasziniert haben, dass sie hierblieben und einen Laden in Willow eröffneten. Ich bin in der Wildnis aufgewachsen, hier draußen fühle ich mich wohl.«

»Mir geht es ähnlich«, stimmte Julie ihr zu. »Ich könnte nie in einer Stadt wie New York oder Los Angeles leben. Wir kommen aus Montana. Mein Vater war Chirurg an einem Krankenhaus in Billings, da lernte er auch meine Mutter kennen, die ebenfalls dort arbeitete. Doch als das neue Krankenhaus in Fairbanks gebaut und meinem Vater der Posten als Chefarzt angeboten wurde, zogen wir nach Alaska. Ich war damals zwölf. Das Beste, was mir passieren konnte, denn Huskys hatten es mir schon in Montana angetan, und ich nahm sogar an einem Rennen teil. Ich wurde Zweite. Auf einem Hundeschlitten fühle ich mich am wohlsten, deshalb habe ich mich auch für das Winterhalbjahr gemeldet. Es ist einfach wunderbar hier … wie in einem Märchen.«

Sie fuhren auf die Park Road zurück und ließen ihren Huskys, die schon ungeduldig geworden waren, wieder freien Lauf. Im fahlen Licht des beginnenden Tages steuerten sie ihre Schlitten über die verschneite Straße, vorbei an weit ausladenden Fichten, deren Zweige unter dem Gewicht des Schnees weit nach unten hingen. Außer dem Scharren der Schlittenkufen war kaum ein Laut zu hören, nur manchmal drang das Krächzen eines Raben aus dem Wald. Ein Schneehase huschte durch den hellen Bodennebel ins Unterholz.

Am Savage River lenkte Carol ihr Gespann zu einer Blockhütte, die zwischen den Bäumen kaum zu sehen war. Sie sicherte ihren Schlitten, begrüßte einen älteren und lahmenden Husky, der neben der Hütte im Schnee lag und dankbar winselte, als Carol ihm das Fell kraulte, und verschwand in der Hütte. Mit einem Eimer Hundefutter kehrte sie zurück. »Candy hat sich vor einem Jahr den rechten Vorderlauf gebrochen und kommt seitdem nicht mehr auf die Beine.« Sie füllte den Trog des Huskys, stellte den leeren Eimer ab und stieg auf ihren Schlitten. »Shorty sorgt dafür, dass es ihm gut geht.«

»Shorty?«

»Paul Short«, erklärte Carol, »einer unserer Ranger. Alle nennen ihn Shorty, obwohl er der zweitgrößte Ranger im Park ist.« Sie zog lachend den Anker aus dem Schnee. »Er hält die Stellung am Savage River und fährt jede Woche einmal zum Wonder Lake und nimmt dort am ›Projekt Vielfraß‹ teil. Einige Ranger beschäftigen sich mit dem Jagdverhalten dieser Tiere. Du lernst ihn sicher bald kennen. Ein wortkarger Bursche, der am liebsten allein ist, deshalb hat er sich auch freiwillig für den Savage River gemeldet.« Sie lachte wieder. »Woher sollte er auch wissen, dass er so bald Gesellschaft bekommt.«

Julie zog fragend die Augenbrauen hoch, bekam aber schon bald eine Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. Auf dem Campingplatz am Flussufer erhob sich ein orangefarbenes Zelt. Ein Mann und eine Frau hielten sich vor dem Zelt auf und waren gerade dabei, sich Schneeschuhe anzuschnallen.

»Mike und Ruth Linaker, nehme ich an«, sagte Carol, als sie vor dem Zelt hielten. »Ranger Carol Schneider und Julie Wilson. Alles okay bei Ihnen?«

»Alles okay«, bestätigte der Mann, ein drahtiger Naturbursche mit gebräuntem Gesicht und gewinnendem Lächeln. Beide waren um die dreißig, wirkten sehr sportlich und durchtrainiert und schienen daran gewöhnt zu sein, mitten im Winter bei arktischen Temperaturen in einem Zelt zu übernachten. »Wir üben gerade ein wenig für die Schneeschuhwanderung. Normalerweise sind wir auf Skiern unterwegs.«

»Dann kann ja nichts schiefgehen.« Carol deutete auf die Schneeschuhe. »Das neueste Modell, nicht wahr? Sie kennen sich aus, das muss man Ihnen lassen. Stimmt es, dass Sie beide mal Profisportler waren? Abfahrtslauf?«

Mike Linaker schnallte sich seinen zweiten Schneeschuh an. »Abfahrtslauf, Riesentorlauf, Slalom … alles, was bergab geht. Aber für die Medaillenränge hat es nie gereicht. Ruth war mal kalifornische Jugendmeisterin im Abfahrtslauf und hätte vielleicht die Qualifikation für die Olympischen Spiele geschafft, doch dann verletzte sie sich und eine andere nahm ihren Platz ein. Jetzt fahren wir nur noch zum Spaß und probieren auch andere Sachen aus. Auf Schneeschuhen waren wir bisher kaum unterwegs, aber wir werden noch fleißig üben bis Samstag, damit wir uns nicht blamieren. Übrigens … die Schneeschuhe stammen aus unserem Sportgeschäft in Sacramento. Von irgendwas muss man ja leben, nicht wahr?« Er lächelte schwach. »Wann geht es denn los?«

»Am Samstag um sieben Uhr vor dem Murie Center«, antwortete Carol. »Wir kommen zwar später hier vorbei, aber es wäre besser, Sie würden sich auch dort einfinden, sonst müssten wir unsere kleine Ansprache zu Beginn der Wanderung zwei Mal halten. Julie und ich werden die Wanderung führen.« Sie blickte auf das Zelt. »Und vergessen Sie nicht Ihr schönes Zelt. Sie werden es brauchen. Wir werden drei Nächte in der Wildnis verbringen.«

»Wir haben alles dabei, Ranger. Wer kommt denn noch mit?«

»Eine Frau aus Oregon, zwei junge Männer aus Anchorage, professionelle Snowboarder, wenn ich mich nicht irre, ein gewisser Scott Jacobsen aus Chicago, und heute Morgen rief ein junger Bursche aus Fairbanks an, der will ebenfalls mit.« Sie wechselte einen raschen Blick mit Julie, ohne zu verraten, was er zu bedeuten hatte. »Ich hoffe, Sie haben ausreichend Proviant dabei.«

»Alles, was man in der Wildnis braucht, Ranger.«

»Am Samstag vor dem Murie Center. Pünktlich um sieben.«

»Wir werden da sein, Ranger.«

Wieder auf der Park Road, wartete Carol, bis Julie mit ihrem Schlitten aufgeschlossen hatte. »Der junge Mann aus Fairbanks hat übrigens nach dir gefragt«, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln. »Wie hieß er noch gleich?«

»Josh Alexander?«

»Josh Alexander … richtig! Er wollte nur auf die Schneeschuhwanderung mitkommen, wenn du auch dabei bist.« Sie lächelte wieder. »Ein Verehrer?«

»Ach, was!«, beeilte sich Julie zu sagen. »Ich habe ihm aus der Patsche geholfen, das ist alles. Er war von seinem Hundeschlitten gefallen, und ich kam zufällig vorbei, konnte den Schlitten aufhalten und Josh von einem steilen Hang hochziehen. Jetzt denkt er wahrscheinlich, ich will was von ihm. Dabei ist er gar nicht mein Typ. Ich mag keine Angeber, und er ist ganz sicher einer. Kaum hatte ich ihn aus der Klemme befreit, hielt er sich schon wieder für den Größten.« Sie schnaubte unwillig. »Müssen wir ihn unbedingt mitnehmen?«

»Dies ist ein freies Land«, erwiderte Carol amüsiert, »und ich kann ihm die Teilnahme nicht verbieten. Benimm dich professionell, dann kann dir gar nichts passieren. Schlimm wäre es nur, wenn du deine persönlichen Probleme mit in den Nationalpark bringen würdest. Das sieht der Super gar nicht gern.«

Julie wirkte finster entschlossen. »Keine Angst! Das tue ich nicht!«

Doch als sie weiterfuhren, blieb das Bild des jungen Mannes in ihrem Gedächtnis haften, und sie verspürte plötzlich ein seltsames Kribbeln in ihrer Magengegend, ein Gefühl, das sie schon beinahe verdrängt hatte, weil ihre Karriere ihr momentan am wichtigsten war. Julie konnte gerade alles brauchen, nur keinen aufdringlichen Freund, der ihr ständig auf der Pelle saß, sie bis in den Nationalpark verfolgte und ihre Aufstiegschancen zunichtemachte.

Trotz allem konnte sie jedoch nicht leugnen, dass sich sein Lächeln und sein eindringlicher Blick immer wieder in ihre Gedanken stahlen. Und dann tat es gut zu wissen, dass sie ihn bald wiedersehen würde und er nur ihretwegen nach Denali kam.

Mach dich nicht lächerlich, rief sie sich im gleichen Augenblick zur Ordnung, du kennst den Kerl doch gar nicht. Kaum hattest du ihn gerettet, fing er an, auf den Putz zu hauen, von wegen, er würde das Iditarod gewinnen, und schon wenige Stunden, nachdem er sich mit dir verabreden wollte, ist er mit einem anderen Mädchen um die Häuser gezogen. Auf so einen kannst du verzichten!

Julie hielt ihr Gesicht in den Fahrtwind. Die eisige Kälte vertrieb die unbequemen Gedanken und half ihr, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der Job im Nationalpark erforderte ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit, und sie durfte sich auf keinen Fall dabei stören lassen, weder von einer Beziehung noch von sonst irgendwas.

Hinter dem Savage River war die Park Road für Besucher gesperrt, es sei denn, sie befanden sich in Begleitung eines Rangers. Aber die Straße war auch hier geräumt, und sie kamen zügig vorwärts. Das Tageslicht, das nur durch wenige Wolken gedämpft wurde, erleichterte ihnen das Fahren. In der Ferne war der Mount McKinley inzwischen fast vollkommen hinter Wolken und Nebelschwaden verschwunden, ein Zeichen dafür, wie schnell sich das Wetter in diesen Breiten ändern konnte, und wie widerwillig der Berg sich zeigte. Selbst lang gediente Ranger konnten die Tage, an denen der Mount McKinley seine ganze Pracht zur Schau stellte, an den Fingern einer Hand abzählen. Wie die Landschaft in einem geheimnisvollen Märchen breiteten sich die Ausläufer der Alaska Range vor ihren Augen aus, nur unterbrochen von dunklen Fichten, die sich wie Scherenschnitte gegen den Schnee abhoben.

Hinter dem Sanctuary River bogen sie nach Süden ab. Über eine schmale Straße, die den Rangern vorbehalten war, fuhren sie am Ufer des zugefrorenen Flusses entlang. Die Straße war nur notdürftig geräumt, und ihnen blieb nichts anderes übrig, als alle paar Schritte von den Kufen zu springen und den Hunden durch hohe Schneeverwehungen zu helfen. Hier blieb Julie keine Zeit mehr, über Josh nachzudenken, der Trail erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit, und sie musste sich gewaltig anstrengen, um in den Augen der erfahrenen Carol nicht als Anfängerin zu gelten. Mit lauten Zurufen dirigierte sie ihre Hunde über die verschneite Straße und an den Hindernissen vorbei, stets darum bemüht, mit dem Schlitten nicht aus der Spur zu kommen und im Tiefschnee zu landen. »Weiter so, Chuck! Ihr schafft das … so ist es gut! Weiter!«

Nach ungefähr einer Stunde hielt Carol im Schatten einiger Bäume. Sie warf Julie einen anerkennenden Blick zu und sagte: »Du kannst mit einem Gespann umgehen. Besser als die meisten anderen …« Sie stutzte und blickte misstrauisch nach Südwesten. Ihre Augen verengten sich. »Hörst du das?«

Julie lauschte angestrengt. Aus der Ferne wehte der Wind das Motorengeräusch zweier Snowmobile heran. Noch war es kaum zu hören, doch als der Wind auffrischte, wurde es lauter, und sie glaubte sogar, die dunklen Schatten der beiden Jugendlichen im schwindenden Tageslicht zu erkennen. »Die beiden Jungs«, sagte sie leise, als hätte sie Angst, dass sie jemand hören könnte, »dort unten auf der Lichtung!« Sie seufzte. »Die holen wir doch nie ein!«

Carol zog einen Feldstecher aus ihrer Anoraktasche und blickte genauer hin. »Ganz im Gegenteil«, widersprach sie, »einer der beiden ist gestürzt! Wenn wir uns beeilen, brauchen wir die beiden Strolche nur einzusammeln.«

Die Rangerin trieb ihre Hunde über die Böschung und schob den Schlitten durch den Tiefschnee am Waldrand, fuhr im Schutz der Bäume am Wald entlang und über einen vom Wind kahl gefegten Hang ins Tal hinab. Julie blieb ihr dicht auf den Fersen, musste ihre ganze Kraft aufwenden, um durch den Tiefschnee zu kommen, und war froh, als sie endlich den Hang erreichte.

Von dort waren die beiden Jungen deutlich zu erkennen. Einer der beiden war mit seinem Snowmobil gestürzt und lag hilflos im Schnee, das rechte Bein unter der schweren Maschine. Der andere Junge hatte angehalten, gab aber sofort Gas, als er sie kommen sah, und wollte zur Straße entkommen. Doch schon nach wenigen Metern stürzte auch er und landete kopfüber im Schnee. Sein Snowmobil fuhr allein weiter und blieb in einer Schneewehe stecken. Der Motor verstummte, und gespenstische Stille legte sich auf die Senke.

»Mein Fuß!«, jammerte der Junge, der versucht hatte, zur Straße zu entkommen. »Ich hab mir den Fuß verletzt! Helfen Sie mir! Ich glaube, er ist gebrochen!« Er versuchte sich zu bewegen und sank sofort wieder zurück. »Verdammt, tut das weh! Sie müssen mir helfen, Ranger! Er ist gebrochen!«

Carol hielt den Schlitten an und untersuchte den Fuß des Jungen. »Du hast Glück gehabt, er ist nur verstaucht. Hättet ihr die Vorschriften beachtet, wäre das nicht passiert. Ihr wisst doch, dass ihr im Nationalpark nicht fahren dürft, oder könnt ihr nicht lesen? Wundern würde es mich nicht.« Sie zog den Jungen zum Schlitten und ließ seine Arme los. »Mach’s dir auf der Ladefläche bequem. Die Snowmobile holen wir später. Wenn eure Eltern kommen.«

»Unsere Eltern?«, riefen beide Jungen gleichzeitig.

»Eure Eltern«, bestätigte Carol ungerührt. »Und ich bin sicher, sie werden nicht gerade erfreut sein, wenn sie hören, was ihre Söhne angestellt haben. Ihr seid euch doch darüber im Klaren, dass euer Vergehen eine heftige Geldstrafe nach sich ziehen wird. Ihr fahrt schließlich nicht zum ersten Mal hier herum.«

»Eine Geldstrafe? Aber wir haben kein Geld!«

»Dann werden es eure Eltern wohl auslegen müssen. Ihr könnt sicher in den Ferien irgendwo arbeiten und genug verdienen, um es zurückzuzahlen.«

»Verdammter Mist!«

»Fluchen hilft euch jetzt auch nicht weiter. Auf den Schlitten!«

Julie war erstaunt, wie rigoros ihre ältere Kollegin gegen die Jugendlichen vorging und wie wenig sie Gnade vor Recht ergehen ließ. Aber vielleicht wollte sie ihnen auch nur ein wenig Angst einjagen, um sie für ihre Dummheit büßen zu lassen. Verdient hatten es die Jungen. Mit ihren lauten Snowmobilen erschreckten sie die wilden Tiere und brachten sich unnötig selbst in Gefahr. Der Sturz hätte ihnen eigentlich zeigen müssen, wie gefährlich es war, allein durch den Park zu fahren, wenn man sich dort nicht auskannte.

Sie hatte inzwischen den anderen Jungen unter seinem Snowmobil hervorgezogen und zu ihrem Schlitten geführt. Er war glücklicherweise unverletzt. Mit schuldbewusster Miene setzte er sich auf die Ladefläche. »Muss das sein, dass Sie unsere Eltern holen?«, jammerte er. »Lassen Sie uns laufen … bitte!«

Julie wusste nicht, was sie antworten sollte, und Carol reagierte gar nicht. Stattdessen zog sie ihr Funkgerät aus der Tasche und rief die Zentrale: »Zentrale, hier Schneider. Wir haben die beiden Jugendlichen gefunden …«

Die beiden Jungen sagten gar nichts mehr.

Verschollen am Mount McKinley / Die Wölfe vom Rock Creek

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