Читать книгу Allein am Stony Creek / Schutzlos am Red Mountain - Christopher Ross - Страница 8
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ОглавлениеAm nächsten Morgen wartete Ranger Erhart mit seinem Geländewagen auf Julie. »Steigen Sie ein«, forderte er sie auf. »Sie begleiten mich zu Hector Morrison. Seine Frau regt sich immer furchtbar auf, wenn ich ihn verhöre, und Sie sollen mir die rabiate Dame vom Leib halten. Der Super weiß schon Bescheid.«
Julie stieg ein und schnallte sich an. Sie hatte die Huskys bereits vor dem Frühstück gefüttert und sich besonders intensiv um die Welpen gekümmert. Jenny und Noatak waren nervös und würden wohl einige Tage brauchen, um sich an ihre neue Umgebung zu gewöhnen. »Hector Morrison? Den verdächtigen Sie immer, wenn im Park gewildert wird. Warum eigentlich?«
»Weil ich ihm schon ein paarmal dicht auf den Fersen war und mir nur ein handfester Beweis gefehlt hat. Der Kerl ist gerissener, als er aussieht. Nicht mal seiner Frau verrät er, was er anstellt. Er hat Angst, sie könnte sich verplappern. Natürlich ahnt sie was. Sie ist nicht bescheuert. Aber selbst, wenn wir im Mittelalter leben und sie foltern würden, könnte sie uns nichts verraten.«
Julie blickte aus dem Fenster. Es schneite leicht, und die Straße war mit einer knöcheltiefen Schneeschicht überzogen. Noch waren die Räumfahrzeuge in dieser verlassenen Gegend nicht unterwegs. »Warum tun Menschen so etwas?«, fragte sie. »Warum fahren sie in ein Naturschutzgebiet und schießen Tiere ab, die wir zu schützen versuchen? Und das noch außerhalb der Saison. Alaska ist doch groß genug. Sie könnten doch ganz legal auf die Jagd gehen.«
»Bei uns haben sie es einfacher. Die Tiere fühlen sich im Park sicher, sind unvorsichtiger und laufen den Wilderern manchmal praktisch vor die Gewehrmündung. Viele Wilderer nehmen nur die besten Fleischstücke mit, andere nehmen alles und verkaufen das Fleisch unter der Hand weiter. Es geht um den Profit, so wie damals im Wilden Westen, als weiße Jäger die Büffel zu Hunderten abschlachteten und ihnen teilweise nur die Zungen herausschnitten. Die waren eine Delikatesse.«
»Ekelhaft … und feige dazu.«
»Einigen geht es auch um den Nervenkitzel, die Gefahr, in die sie sich begeben, wenn sie mit einem Snowmobil durch den Park fahren. Sie genießen es, uns an der Nase herumzuführen. Die lachen uns aus, weil sie genau wissen, dass wir nichts unternehmen können, solange wir keine Beweise finden.«
»So wie Hector Morrison.«
»Er kommt mir wie dieser Morgan in einem der frühen Audie-Murphy-Western vor. Immer die große Klappe, weil er genau weiß, dass ihm niemand was anhaben kann. Bis es zum entscheidenden Duell kommt und Audie ihm eine Kugel mitten ins Herz jagt. Leider fällt mir der Titel nicht mehr ein.«
Julie kannte weder Audie Murphy noch den Western-Schurken, den Erhart erwähnt hatte, hütete sich aber, eine Frage zu stellen. Greg Erhart sah mit seinem energischen Gesicht und seinem Schnauzbart nicht nur wie ein Sheriff im Wilden Westen aus, er war auch ein wandelndes Lexikon über Western-Filme. Wenn er einmal anfing, über einen Film oder Schauspieler zu erzählen, hörte er nicht mehr auf. »Sie haben hoffentlich schon von Audie Murphy gehört«, fuhr er deshalb auch fort. »Audie war einer der bekanntesten Westerndarsteller der 1950er- und 1960er-Jahre und der einzige Schauspieler, der auch im wirklichen Leben ein Held war. Er war einer der höchstdekoriertesten amerikanischen Soldaten des Zweiten Weltkriegs, wussten Sie das? Die Medal of Honor, der Silver Star, das Purple Heart … es gab keine Auszeichnung, die er nicht hatte.«
Inzwischen hatten sie Cantwell erreicht, eine winzige Siedlung südlich von Healy, und fuhren weiter über den Parks Highway. Ungefähr eine Meile hinter der Tankstelle, an der sich jeden Sommer die Fahrzeuge der Touristen stauten, bogen sie nach rechts auf einen kaum sichtbaren Feldweg ab und folgten ihm am Ufer eines Baches entlang. Erhart hatte den Allradantrieb zugeschaltet und lenkte mit beiden Händen, verzichtete sogar auf eine Fortsetzung seiner Audie-Murphy-Story, um im Schnee nicht die Kontrolle über seinen Wagen zu verlieren. Die Lichtkegel der Scheinwerfer tanzten auf dem Schnee, der beinahe kniehoch auf der Schotterstraße lag.
Wenn Morrison am vergangenen Nachmittag mit seinem Snowmobil über diese Straße gefahren war, lagen seine Spuren längst unter der dicken Schneedecke verborgen. Und selbst wenn sie zu sehen gewesen wären, hätten sie nichts bewiesen. Morrison war ein gerissener Bursche, und wenn er tatsächlich der gesuchte Wilderer war, besaß er genügend Grips, um sich nicht erwischen zu lassen. Schon lange, bevor Julie im Park angefangen hatte, verdächtigte man den Mann.
Seine Blockhütte lag ungefähr eine Meile vom Highway entfernt am Rand einer Lichtung. Daneben stand ein Schuppen. Selbst aus der Ferne erkannte Julie, dass die Tür mit einem Vorhängeschloss gesichert war, eher ungewöhnlich für einen Schuppen, worin in dieser Gegend normalerweise Werkzeuge und Ersatzteile für das Snowmobil und andere Maschinen und Motoren lagerten. Das Snowmobil stand, mit einer Plane bedeckt, neben dem Eingang.
Erhart hielt ebenfalls vor dem Haus und überprüfte seinen Revolver, den er am Gürtel trug. Eine Routine, auf die er niemals verzichtete, wenn er einen Verdächtigen besuchte. »Sie kümmern sich um die Frau«, sagte er zu Julie. »Das letzte Mal, als ich hier war, ging sie mit einem Besen auf mich los.«
Julie unterdrückte nur mühsam ein Grinsen. Die Vorstellung, eine wütende Frau mit einem Besen auf den Polizeichef der Ranger losgehen zu sehen, war einfach zu komisch. Als die Tür der Hütte aufging, wurde sie jedoch gleich wieder ernst. Der Anblick der Morrisons war eher einschüchternd als komisch.
Hector Morrison war ein untersetzter Mann mit dem Gesicht eines ehemaligen Boxers, der zu viele Kämpfe verloren hatte. Seine Nase schien mehrmals gebrochen gewesen zu sein. Er trug ausgebleichte Jeans mit roten Hosenträgern und hielt eine Schrotflinte in den Händen. Ruth, seine Frau, war ebenfalls keine Schönheit, trug ein altmodisches Schürzenkleid und ein geblümtes Kopftuch.
»Was wollen Sie?«, fragte der ehemalige Fallensteller.
»Chief Ranger Greg Erhart«, antwortete der Ranger ruhig. Seine Hand lag auf der Revolvertasche. »Ich bin der Polizeichef im Denali National Park. Sie erinnern sich vielleicht an mich. Nehmen Sie sofort Ihre Schrotflinte runter, sonst muss ich Sie festnehmen.«
Morrison gehorchte zögernd. Ein flüchtiges Grinsen huschte über sein Gesicht, als er die Waffe gegen den Türrahmen lehnte. »Chief Ranger Greg Erhart«, wiederholte er scheinbar genüsslich. »Ist immer ’ne Freude Sie wiederzusehen. Wenn ich mich richtig erinnere, dachten Sie das letzte Mal, ich würde im Nationalpark wildern, mussten mich aber wieder laufen lassen, weil Sie keine Beweise gegen mich hatten. Wollen Sie es noch mal versuchen?« Er musterte Julie von Kopf bis Fuß. »Diesmal mit Verstärkung?«
Erhart ließ sich nicht provozieren. »Park Ranger Julie Wilson, meine Kollegin.« Er nahm seine Hand von der Revolvertasche. »Gestern wurde ein Elch am Double Mountain erlegt. Dürfen wir uns ein wenig bei Ihnen umsehen?«
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
»Noch nicht«, sagte Erhart, »aber ich kann einen bekommen. Dauert ungefähr eine Stunde, dann bringen mir die Trooper einen vorbei. Wir würden so lange vor Ihrer Tür warten.« Er deutete ein Lächeln an. »Wenn Sie nichts mit der Sache zu tun haben, wollen Sie sich diese Umstände sicher ersparen.«
»Wieso immer wir?«, keifte Ruth Morrison los. Wenn sie wütend war, sah sie noch hässlicher aus. »Warum schauen Sie nicht bei unseren Nachbarn vorbei? Oder beim Bürgermeister? Warum fahren Sie nicht nach Fairbanks und sehen dort nach? Jeder kann den Elch erschossen haben. Oder haben Sie vielleicht Spuren gefunden, die zu uns führen? Sie tappen doch im Dunkeln.«
»Wir tun nur unsere Pflicht«, beruhigte Julie die aufgebrachte Frau. Sie wartete, bis Ruth Morrison sie ins Haus bat, und begleitete sie in die offene Küche hinter dem Wohnzimmer. Zu ihrer Überraschung war sie tadellos aufgeräumt, auch das Wohnzimmer war blitzsauber. Alles ein wenig altmodisch, der Wandschrank mit dem Geschirr, die geblümte Tapete, die abgewetzte Couch. An der Wand hing ein gerahmtes Ölgemälde, das einen Jäger zeigte, der mit seinem Gewehr auf einen ausgewachsenen Grizzly anlegte. Das passte doch, dachte Julie.
»Ich habe gerade erst sauber gemacht«, wehrte sich die Frau, »und jetzt kommen Sie daher und wollen alles wieder schmutzig machen. Und solche Leute arbeiten für unsere Regierung. Haben Sie denn nichts Besseres zu tun, als in die Häuser unschuldiger Bürger einzudringen und alles zu verwüsten?«
»Wir verwüsten nichts, Mrs. Morrison.« Sie bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. »Würden Sie mir den Kühlschrank und die Gefriertruhe zeigen?«
Die Frau ging zum Kühlschrank und öffnete die Tür mit einem solchen Ruck, dass beinahe der Milchkarton herausfiel. »Bitte sehr. Wenn Sie unbedingt in unserer Privatsphäre schnüffeln wollen. Heute Abend gibt es Forellen. Mein Mann war letzte Woche beim Eisfischen auf dem Quartz Lake, und Sie werden es nicht glauben, er besitzt sogar eine Lizenz. Sonst würden Sie uns wohl noch die State Trooper auf den Hals hetzen, hab ich recht?«
Julie überhörte die Frage und durchsuchte den Kühlschrank. »Negativ«, rief sie Erhart zu, nachdem sie die Fächer und Schubladen gecheckt hatte. Gefunden hatte sie das Übliche: Salat, Gemüse, Butter, Käse, Milch, ein paar Flaschen Bier, die gefrorenen Forellen, die auf einem Teller zum Auftauen lagen. Sie schloss den Kühlschrank; sie hatte nichts anderes erwartet. Wenn Morrison der Wilderer war, würde er seine Beute wohl kaum in den Kühlschrank legen. In die Gefriertruhe schon eher. Sie stand im Vorratsraum.
Doch dort bot sich ihr ein ähnliches Bild. Die übrigen Forellen, sieben prächtige Fische, Rindfleisch, Hamburger-Brötchen, Gemüse in Gefrierbeuteln, ein Behälter mit Suppe, was man eben so in einer Gefriertruhe findet. Julie suchte gründlich, verlor beinahe das Gleichgewicht, als sie sich zu weit nach vorn beugte, um auf dem Boden der Gefriertruhe zu suchen, und richtete sich achselzuckend wieder auf. »Hier ist nichts«, sagte sie, »alles sauber.«
»Sag ich doch«, triumphierte Ruth Morrison, griff nach einem Putzlappen und wischte den Rand der Gefriertruhe sauber. »Mein Mann ist kein Wilderer. Wozu auch? Mit den Gelegenheitsjobs verdient er beinahe mehr als früher, als er noch Fallensteller war. Und jedes Wochenende, wenn er beim Kentucky Fried Chicken in Fairbanks aushilft, bringt er sogar Hühnchen mit.«
Julie kehrte ins Wohnzimmer zurück und erkannte an der Miene des Polizeichefs, dass er genauso erfolglos gewesen war wie sie selbst. Sonderlich überrascht schien er aber nicht zu sein. Nur ein Narr ließ belastende Beweise herumliegen.
»Und jetzt der Schuppen«, ließ Erhart nicht locker.
Morrison blickte ihn verwundert an. »Den Geräteschuppen? Was wollen Sie denn da? Meine neue Kettensäge bewundern? Die Mäuse aufscheuchen?«
»Warum sichern Sie den Schuppen mit einem Vorhängeschloss?«
»Weil ich nicht will, dass mir jemand die Kettensäge klaut. Oder mein Snowmobil, das fahre ich abends auch rein. Oder einen Kanister mit Benzin mitnimmt. Sie wissen doch, wie in dieser Gegend neuerdings geklaut wird.«
Das stimmte allerdings. Seit einigen Monaten hatten es einige Unbekannte anscheinend darauf abgesehen, sich mit der Polizei anzulegen. Hauptsächlich Inuit und Indianer, behaupteten manche Weiße. Weiße Wohlstandskinder, die aus Langeweile nach dem Kick suchten, hielten Inuit und Indianer dagegen.
»Kann ich dennoch mal reinsehen?«
Morrison blieb nichts anderes übrig, als seinen Schlüsselbund aus der Tasche zu kramen und Erhart zum Schuppen zu führen. Julie und seine Frau folgten ihnen. Julie glaubte, eine leichte Nervosität bei Ruth Morrison zu erkennen, als der ehemalige Fallensteller das Vorhängeschloss öffnete, war sich aber nicht sicher, denn die Frau schaltete sofort wieder auf Angriff und schimpfte: »Das ist Schikane! Das Haus und den Schuppen unschuldiger und friedfertiger Bürger zu durchwühlen, als wären wir Terroristen … ich werde mich an höchster Stelle beschweren. Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass mein Mann einen Elch erlegt hat.« Sie wandte sich an den Ranger. »Sie haben sein Gewehr doch gesehen. Nehmen Sie es mit und lassen Sie es untersuchen. Er hat es schon seit Wochen nicht mehr benutzt.«
»Der Wilderer war mit Pfeil und Bogen auf der Jagd«, erwiderte Erhart, »und jetzt sagen Sie mir nicht, dass Ihr Mann damit nicht umgehen kann.«
»Sieht er vielleicht wie ein Indianer aus?«
Morrison hatte das Schloss geöffnet und stieß die morsche Tür nach innen. Erhart und Julie hatten beide ihre Taschenlampen eingeschaltet und ließen die Lichtkegel durch den Schuppen wandern. Die neue Kettensäge hing mit den anderen Werkzeugen und Geräten an der Wand. Darunter standen vier Kanister. Das Benzin, von dem Morrison gesprochen hatte. Die Stirnseite nahm eine Werkbank ein, neben dem Hobel lagen zwei leere Bierflaschen. Ein Kalender mit Pin-up-Girls vor luxuriösen Oldtimern zeigte den letzten März an.
»Zufrieden?«, fragte Morrison ungeduldig. Man sah ihm an, dass er die beiden Ranger so schnell wie möglich loswerden wollte. »Oder glauben Sie, ich hab den Elch unter einer Plane versteckt?« Er zog die schmutzige Plane von einem Four Wheeler herunter, den er anscheinend im Sommer benutzte.
Erhart drehte sich um und richtete den Lichtstrahl seiner Taschenlampe auf die Wand neben der Tür. Er brummte zufrieden, als er einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen an einem Haken hängen sah. Er zog die Pfeile heraus und betrachtete die Metallspitzen. »Ungewöhnlich sauber«, wunderte er sich. Er strich mit dem rechten Zeigefinger über das Metall. »Waren Sie in letzter Zeit damit auf der Jagd? Ein kluger Jäger benutzt seine Pfeile mehrmals, nicht wahr? Nach der Jagd säubert er sie und steckt sie in den Köcher zurück.«
»Das tue ich auch«, sagte Morrison. Seine Lider flackerten nervös, und auf seiner Stirn glaubte Julie einen leichten Schweißfilm zu erkennen. Mit einem Lächeln holte er sich seine Selbstsicherheit zurück. »Aber auf die Jagd gehe ich nur während der Saison. Ich will es mir schließlich nicht mit dem Gesetz verderben.« Jetzt grinste er frech. »Trotzdem übe ich jede Woche mit Pfeil und Bogen.« Er deutete auf die Zielscheibe, die unter dem Bogen an der Wand lehnte. »Meines Wissens gibt es kein Gesetz, das diesen Sport verbietet. Und das Säubern der Pfeile gehört dazu. So wie man eine Schusswaffe reinigt.«
»Wo waren Sie gestern Nachmittag?«, fragte Erhart.
»Gestern Nachmittag?« Wenn Morrison schuldig war, hatte er genug Zeit gehabt, sich eine Antwort zu überlegen. »Bis Mittag war ich an der Tankstelle. Schneeräumen und so. Und nachmittags war ich zu Hause auf der Couch.«
»Und Sie können das sicher bestätigen?«, fragte der Ranger Morrisons Frau.
»Natürlich«, antwortete sie. »Warum sollte ich lügen?«
»Na, schön«, gab Erhart auf. Er hängte den Köcher zurück und gab Julie mit einem Blick zu verstehen, dass sie fertig waren. »Dann gehen wir wieder. Tut mir leid, wenn wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet haben. Sie wissen natürlich, dass es nichts bringen würde, einen Ranger zu belügen. Dazu sind Sie viel zu klug. Wenn Sie schuldig wären, würden Sie es zugeben und vielleicht sogar mildernde Umstände bekommen, weil Sie Reue zeigen. Wir haben bis jetzt noch jeden Wilderer gefasst. Irgendwann verrät sich jeder, und dann gibt es meist die Höchststrafe. Aber das wissen Sie, nicht wahr?« Er blickte Ruth Morrison an. »So wie Sie wissen, dass man auch wegen einer Falschaussage vor Gericht landen und bestraft werden kann, Mrs. Morrison.«
Sie verabschiedeten sich und kehrten zu ihrem Wagen zurück. Im Vorbeigehen blickten sie in den dunkelroten Dodge Ram der Morrisons, einen älteren Pick-up mit großer Ladefläche. Am Innenspiegel baumelten zwei schwarze Plüschwürfel. Auf dem Beifahrersitz lag ein Waffenmagazin.
Sie gingen achselzuckend weiter und stiegen in ihren Geländewagen. In einem niedrigen Gang fuhren sie zum Highway zurück. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien, sodass zwischen den Wolken der Mond und einige Sterne zu sehen waren.
»Ich hätte schwören können, dass in dem Schuppen was nicht stimmt«, sagte Erhart. »Haben Sie gesehen, wie sie einander angesehen haben? Als wollten sie sich über uns lustig machen. Ich bin sicher, er ist unser Mann. Wenn wir ihm nicht schon ein paarmal auf den Fersen gewesen wären, würde ich sagen, ich hab mich da vielleicht in was verrannt, weil ich den Kerl nicht ausstehen kann. Aber er war schon beim letzten und beim vorletzten Mal unser Hauptverdächtiger, und wir hatten schon so viele Indizien beisammen, dass es beinahe für eine Anklage gereicht hätte. Auf keinen Fall ist er das Unschuldslamm, als dass er sich ausgibt. Er wildert, da gibt es keinen Zweifel, und ich bin ziemlich sicher, dass er auch den Elch auf dem Gewissen hat.«
»In der Gefriertruhe war kein Wild«, betonte Julie noch einmal, »und im Kühlschrank erst recht nicht. Obwohl ich auch nicht glaube, dass sie unschuldig sind. Seine Frau war ziemlich nervös, als er das Schloss zum Schuppen geöffnet hat.«
»Dann haben sie das Fleisch vielleicht doch im Schuppen versteckt«, überlegte Erhart laut, »aber wo?« Er überholte eine ältere Dame in einem Kleinwagen und brummte einen leisen Fluch. »Der Kerl ist gerissen, aber genau das wird ihm das Genick brechen. Wenn sich ein Straftäter der Polizei überlegen fühlt, begeht er meist einen Fehler, und so wird es auch bei ihm sein.«
»Schön wär’s«, sagte Julie. »Können Sie mich bei den Hunden absetzen?«
Ranger Erhart bog zum Nationalpark ab und hielt den Wagen oberhalb der Hundezwinger an. »Danke fürs Mitkommen«, sagte er. »Ich weiß, Sie wollen als Interpretive Ranger arbeiten, aber an Ihrer Stelle würde ich mir das noch mal überlegen. Bei unserer Truppe sind gute Leute immer willkommen.«
»Ich werd’s mir überlegen, Ranger. So long.«
»So long«, erwiderte er ihren Westerngruß.