Читать книгу Vom höchsten Gut und vom größten Übel - Cicero, Georg Heinrich Moser - Страница 27

Kapitel III.

Оглавление

Darauf erwiderte Jener lächelnd: Das wäre wahrhaftig wunderbar, wenn Der, welcher die Lust für das Endziel alles Begehrens erklärt oder für das äusserste und höchste Gut, nicht gewusst hätte, was sie selbst sei und wie sie beschaffen sei! – Aber, sagte ich, entweder weiss Epikur nicht, was die Lust ist, oder alle Sterblichen auf dieser Erde wissen es nicht! – Wie meinst Du dies, bemerkte er. – Weil unter Lust Alle das verstehen, was den Sinn, wenn er es aufnimmt, erregt und mit einer gewissen Annehmlichkeit erfüllt.

§ 7. Wie, erwiderte er, Epikur sollte diese Lust nicht kennen? – Nicht immer, sagte ich, obgleich er sie mitunter nur zu sehr kennt; denn er versichert, nicht einsehen zu können, wie es irgendwo noch ein Gut geben könne, ausser den in der Speise, dem Trank, dem Ohrenschmaus und der sinnlichen Wollust enthaltenen. Sind dies nicht seine Worte? – Als ob ich, sagte er, mich derselben schämen müsste, oder als ob ich nicht zeigen könnte, in welchem Sinne dies gesagt worden! – Allerdings, sagte ich, zweifle ich nicht, dass Du dies leicht kannst; auch brauchst Du Dich nicht darüber zu schämen, dass Du einem Weisen beistimmst, der allein, so viel mir bekannt, sich selbst für einen Weisen zu erklären gewagt hat. Selbst Metrodor that das nicht, sondern lehnte, als Epikur ihn so nannte, diese Auszeichnung ab, und jene sieben Weisen haben diesen Namen nicht nach ihrem eigenen, sondern nach dem Ausspruch aller Völker erhalten.

§ 8. Aber ich will hier annehmen, dass Epikur unter diesen Worten denselben Begriff von Lust versteht, wie alle Andern; denn Jedermann nennt die angenehme Erregung, welche die Sinne ergötzt, im Griechischen hêdonê und im Lateinischen voluptas (Lust). – Was verlangst Du also weiter? sagte er. – Ich werde es sagen, erwiderte ich, und zwar mehr, um zu lernen, als um Dich und den Epikur zu tadeln. – Auch ich, sagte er, lerne lieber, wenn Du mir etwas bietest, als dass ich Dich tadle. – Weisst Du also, sagte ich, was der Rhodier Hieronymus für das höchste Gut erklärt, auf welches nach seiner Meinung Alles bezogen werden müsse? – Ich weiss es, sagte er, die Schmerzlosigkeit galt ihm für das Höchste. – Aber wie, was ist denn dessen Meinung über die Lust?

§ 9. Er bestreitet, dass sie um ihrer selbst willen zu suchen sei. – Also, sagte ich, gilt ihm die Schmerzlosigkeit nicht für dasselbe wie die Lust? – Allerdings, sagte er, befindet Hieronymus hier sich in einem grossen Irrthume, denn wie ich eben dargelegt habe, das Ziel aller Lustvermehrung ist die Beseitigung allen Schmerzes. – Ich werde, sagte ich, später sehen, was die Schmerzlosigkeit bedeutet; allein Du wirst doch, wenn Du nicht zu hartnäckig sein willst, zugeben müssen, dass die Lust und die Schmerzlosigkeit verschiedene Dinge sind. – Und doch, erwiderte er, wirst Du mich hier hartnäckig finden; denn nichts kann wahrer sein, als jener Ausspruch. – Empfindet, fragte ich, der Durstende beim Trinken nicht Lust? – Wer wollte das leugnen? – Ist dies dieselbe Lust wie nach gestilltem Durst? – Doch nur in einer andern Art, sagte er; denn die Lust aus dem gestillten Durst ist ruhender Natur, während die Lust des Stillens selbst eine Lust in Bewegung ist. – Wie kommt es da, dass Du zwei so verschiedene Dinge mit einem Worte bezeichnest?

§ 10. Erinnerst Du Dich nicht, sagte er, dass ich vorher gesagt, wie nach Beseitigung allen Schmerzes die Lust nur wechseln, aber nicht sich steigern könne? – Ich entsinne mich dessen sehr wohl, sagte ich, allein Du hast dies zwar gut in unsrer Sprache, aber doch wenig klar ausgedrückt. Denn varietas (der Wechsel) ist ein Wort, was zunächst für ungleiche Farben benutzt wird, aber dann auf vieles Andere übertragen wird; wechselnd ist z.B. ein Gedicht, wechselnd eine Rede, wechselnd die Sitte, wechselnd das Glück; auch die Lust nennt man wechselnd, die man aus verschiedenen Dingen verschieden empfindet. Wenn Du dies einen Wechsel nennst, so verstehe ich es, auch wenn Du es nicht erklärst; aber ich verstehe nicht recht, was der Wechsel ist, wenn Du sagst, dass man dann, wenn man von Schmerzen frei sei, die höchste Lust empfinde, aber dass, wenn man von den Dingen geniesse, welche die Sinne angenehm erregen, die Lust in Bewegung sei, was zwar einen Wechsel in der Lust bewirke, aber jene Lust der Schmerzlosigkeit nicht vermehre. Ich kann nicht einsehen, weshalb Du letztere eine Lust nennst.

Vom höchsten Gut und vom größten Übel

Подняться наверх