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LILIAS TROTTER


GOTTES REICH AN ERSTER STELLE

Sie hätte eine der größten lebenden Künstlerinnen ihrer Zeit in England werden können. Ihr Talent stimmte sogar den harschen Kunstkritiker John Ruskin um, der bis dahin davon überzeugt war, Frauen könnten nur liebliche und minderwertige Kunst vollbringen. Doch als er die „ungeschulten“ Zeichnungen von Lilias Trotter zu Gesicht bekommt, ist er von der umwerfenden Gabe gefesselt, die in der 25-Jährigen schlummert.

Ruskin möchte Lilias als Mentor fördern, unterrichten und zu Bekanntheit bringen. Der Preis ist für Lilias hoch: Sie muss sich für die Kunst aufgeben. Nach schwerem innerem Kampf entscheidet sich die junge Frau gegen die reizvolle Perspektive, ihr Potenzial zur vollen Entfaltung zu bringen. Sie will kompromisslos für Gott und sein Reich leben.

Wohlhabend im viktorianischen London aufgewachsen, engagiert sie sich bereits als junge Frau – wie viele Töchter aus höherem Haus – für wohltätige Zwecke. Stark geprägt durch geistliche Bewegungen und Aufbrüche wie die Keswick-Konferenzen und die Evangelisationen Dwight L. Moodys, ist ihr Glaube von völliger Hingabe an Gott und den Dienst am Nächsten geprägt. Bei ihrem Einsatz für Arbeiterinnen und Prostituierte fühlt sie sich in ihrem Element. Bis sie mit 34 Jahren bei einer Missionskonferenz klar Gottes Ruf nach Algerien hört. Doch aufgrund ihrer schlechten Gesundheit nimmt keine Missionsorganisation Trotter an. So macht sie sich mit zwei anderen Frauen auf eigene Faust auf den Weg.

In Algier angekommen, kennen die drei Engländerinnen keine Menschenseele, sprechen kein Wort Arabisch und wissen auch nicht, wo sie beginnen sollen. Ganz auf Gott geworfen, beten sie, studieren eifrig die Landessprache und knüpfen erste Kontakte. Bald ziehen sie aus dem französischen Quartier, in dem sonst alle Europäer wohnen, in das enge, von Leben überfließende arabische Viertel und laden zu verschiedenen Treffen ein. Erste Muslime vertrauen ihr Leben Jesus an, mehr Mitarbeiter kommen hinzu.

Doch Lilias spürt ein Drängen, Gottes Licht dorthin zu bringen, wo es noch keine Missionsarbeit gibt. Unerschrocken machen sich die Frauen auf lange, teils lebensbedrohliche Reisen in die Sahara – unter sengender Hitze, auf Kamelen und in Zelten campierend. Lilias und ihre Begleiterinnen erobern die Herzen der Wüstenbewohner, die Menschen sehnen sich nach mehr Literatur, bitten die Frauen, bei ihnen sesshaft zu werden und ihnen mehr zu erzählen von dieser wunderbaren Erlösung.

Am Ende ihrer 40-jährigen Hingabe an die Menschen in Algerien ist die Arbeit auf 30 Mitarbeiter gewachsen und ganze 13 Missionsstationen sind in noch „unerreichten“ Wüstenregionen etabliert. Die unter Lilias’ Leitung 1907 gegründete Missionsgesellschaft „Algiers Mission Band“ hat in ihrem Vorgehen und ihrer gelebten Liebe für die Araber einen kulturintegrativen Ansatz bewiesen, der seiner Zeit weit voraus war:

Unter anderem gab es ein arabisches Café, in dem christliche Veranstaltungen stattfanden, von Trommeln begleitete, rezitativisch vorgetragene Bibellesungen, illustrierte Karten mit kalligrafierten Bibelversen auf Arabisch, Stickkurse für Mädchen und andere Angebote, die Zugang zu den Herzen und Traditionen der arabischen Muslime fanden.

Bis heute orientieren sich Programme und missionarische Kurse an den innovativen Ansätzen von Lilias Trotter.

(AS)


ISABELLE LILIAS TROTTER,

1853–1928, Missionspionierin unter den Muslimen

Algeriens, Künstlerin und Verfasserin

illustrierter Andachtsbücher.

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