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MARGARETE STEIFF


EINE GENIALE GESCHÄFTSFRAU MIT HANDICAP

Vier Tage bangen die Eltern der kleinen Margarete um ihr Leben. Was für eine Erleichterung, als das Fieber endlich sinkt! Aber die Kraft kehrt nicht wieder in Margaretes Körper zurück. Die Beine und der linke Arm gehorchen ihr nicht mehr. Jahre später diagnostizieren Ärzte bei ihr Kinderlähmung. Im Leiterwagen wird sie durch den Ort gezogen, auf eine Decke gesetzt, von wo sie sehnsüchtig die anderen Kinder beim Spiel beobachtet. Wird sie ihr ganzes Leben lang auf die Hilfe anderer angewiesen sein?

Aber die besorgten Eltern unterschätzen die Durchsetzungskraft ihrer Tochter. Margarete beeindruckt durch ihr Selbstbewusstsein. Und sie schaut nicht auf das, was sie nicht kann, sondern auf das, was sie kann. Als „Inklusion“ noch ein unbekanntes Fremdwort ist, drängt sie zielstrebig darauf, die Schule der gesunden Kinder zu besuchen. Von vielen Händen getragen und geschoben glänzt sie dort mit überdurchschnittlichen Leistungen. Natürlich setzt sie wie so oft ihren Kopf durch und besucht später die Nähschule. Gegen den erklärten Willen des Vaters, der sie vor der Enttäuschung bewahren will, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Trotz ihres schweren Handicaps lernt sie hervorragend Schneidern. Und wer kauft die erste Nähmaschine am Ort? Natürlich Margarete, denn wenn sie etwas ganz besonders ausgeprägt besitzt, dann ist es ein tüchtiger Geschäftssinn. Und sie hat Visionen. Denkt groß. „Geht nicht“ gibt’s nicht.

1877 gründet sie eine Schneiderei unter dem elterlichen Dach. Bald hat sie eine angestellte Näherin und ist spezialisiert auf Kinder- und Damenbekleidung. „Konfektionsware“ heißt das neue Zauberwort. Sie ersetzt teure maßgeschneiderte Kleidung.

Manchmal braucht man zum ganz großen Erfolg auch eine ordentliche Portion Glück. Margarete Steiffs großer geschäftlicher Durchbruch kommt, als sie schon einen florierenden Familienbetrieb führt. Der Verkaufsschlager sind Nadelkissen in Tierform, die sich als beliebte Spielzeuge herausstellen. Elefanten sind der Knüller. Schon bald sind die niedlichen Tiere als Spielzeuge beliebt, denn weiches Spielzeug war bis dahin unbekannt.

Margarete nutzt bald wieder eine neue Idee: Sie betreibt einen Versandhandel. 1902 ist Teddys Geburtsstunde. Ihr kreativer Neffe Richard entwickelt einen Stoffbären mit beweglichen Armen und Beinen aus besonders flauschigem Plüsch. Etwas ganz Neues! Auf der Leipziger Messe soll der kleine Bär bekannt gemacht werden. Was für ein Glück: Er findet auch den Weg über den Atlantik und wird dort zum durchschlagenden Erfolg. Der kleine Bär erobert sogar das Herz des amerikanischen Präsidenten „Teddy“ Roosevelt. Das ist der Startschuss einer unglaublichen Teddykarriere.

Das Unternehmen wächst und Margarete bleibt mittendrin. Fährt jeden Tag im Rollstuhl durch die lichtdurchfluteten Fabrikhallen. Ihre warmherzige, freundliche Art motiviert die Mitarbeiterinnen und hält auch in schwierigen Zeiten das riesige Familienunternehmen zusammen. Vielleicht ist ein Geheimnis ihres Lebens nicht der Knopf im Ohr, der die Qualität ihrer Plüschtiere und somit den Firmenerfolg schützen soll, sondern ihr Konfirmationsspruch: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

Eine Zusage, mit der Margarete oft hadert und die sie gleichzeitig hält.

(CF)


MARGARETE STEIFF,

1847–1909, baute trotz ihrer Behinderung

ein Unternehmen von Weltrang auf.

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