Читать книгу Prinzessin oder Räuber - Claudia Pöttgen - Страница 11
„BoFo“
ОглавлениеIch war mit Fahren lernen beschäftigt und Achim stöberte auf Suche nach passender Infoformation im Internet. So stieß er auf das „Boxer-Forum“. Ein Internetforum von und für BMW-Fahrer, die hauptsächlich Motorräder mit Boxer-Motoren hatten. Da sich bei derartigen Motoren die beiden Zylinder seitlich des Motorblocks befinden, ähnelt er dem Euter einer Kuh, darum heißen die Mopeds in Insider-Kreisen auch „Kühe“ oder „Qe“. Übrigens befinden sich selbige Boxer-Motoren auch im VW-Käfer und in einigen Porsche-Typen.
Ich bin bekennender Anti-Vereinsmeier, deswegen führte Achim mich leise, aber sicher ans „Boxer-Forum“ heran. Wohlweislich benutzte er dabei meine bekannte, große Neugier. Claudia entdeckte einen Teil der vielfältigen Nutzbarkeit des Internets anhand des Forums. Ja was tummelten sich hier nicht alles für wunderliche, schillernde und außergewöhnliche Menschen. Anonyme und benannte, mehr männliche, als weibliche, aber allesamt äußerst unterhaltende User schrieben hier. Ich bin ein sehr kontaktfreudiger Mensch, der mit Vergnügen kommuniziert. Vereinzelt wird sogar behauptet, ich würde ohne Unterbrechung reden. In diesem Forum eröffnete sich mir ein breites Wirkungsfeld. Mit Vergnügen stürzte ich mich auf ein paar wenige technische Infos, gab dafür umso ungehemmter zu verschiedensten Themen meine Kommentare und Meinungen ab. Ich gab Witze zum besten, verulkte mich und andere und beteiligte mich lebhaft an Diskussionen, die die Welt nie brauchen würde. Es ergaben sich schnell einzelne, spezielle Kontakte mit Menschen, bei denen die gedankliche Wellenlänge übereinstimmte. Viele davon lernten wir durch diverse Motorradveranstaltungen bald persönlich kennen. Man traf sich zufällig bei einem Händler und kam über die Vorzüge der neuen Handschuhe, Stiefel oder Regenkombi zwangsläufig ins Gespräch. Bei Stammtischtreffen in Augsburg und München erzählte jeder gerne über vergangene und zukünftige Touren und Erlebnisse, und bei Motorradtreffen saßen oft „Boforisti“ gemeinsam vor einem Zelt. „Jahaha, Du bist also die „gutemine“. Du sprichst genauso, wie Du schreibst.“ Ein Satz, den ich oft hörte. „gutemine“ war mein Nick-name im Forum. So ergaben sich viele neue Bekanntschaften, auch ein paar sehr bereichernde Freundschaften, kamen zustande.
Natürlich befanden sich unter den über 10.000 Usern auch unangenehme Zeitgenossen. Und somit ereigneten sich Dispute, bis hin zu heftigen Streits, die teilweise auch weit unter die Gürtellinie gingen. So hatte ich mit einem neuen Mitglied einen kurzen Wortwechsel. Nach maximal vier bis fünf Sätzen grub er, wortwörtlich, das Kriegsbeil zwischen uns aus. Ich hatte ihm für seine Begriffe nicht adäquat genug geantwortet. 'Denn, wenn ich glaubte, in dieser Weise mit ihm sprechen zu können, dann würde ich schon sehen, dass er ganz anders könne, aber ganz anders!' Tatsächlich hatte ich mich erdreistet, ihm vorher mitzuteilen, dass ich Schreiber, die sich nur der Kleinschreibung bedienen, und auch sonst nicht unbedingt grammatikalisch auf der Sonnenseite wohnen, nicht wirklich ernst nehme in ihren Äußerungen. Wir trafen ein paar Wochen später persönlich aufeinander. Er war ein eher schmächtiger Mann, mittleren Alters, der sich nur kurz an mir vorbei drückte und dabei raunte: „Also du bist „gutemine.“ Dann sah und hörte ich ihn nie wieder. Leider verlieren sich in der Anonymität des Internets bei vielen Menschen gerne Hemmungen und Benehmen. Aber ich lernte mit enormem Spaß ungemein dazu, gerade auf zwischen-menschlicher Ebene. Schnell wurde ich unter meinem Nicknamen ein Begriff im Forum und ein gewisses Image eilte mir voraus.