Читать книгу Prinzessin oder Räuber - Claudia Pöttgen - Страница 5

Prolog

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Ich kann mich noch genau an die Stelle in der Hecke vom Pfarramt erinnern, wo wir unser Hauptquartier hatten. Wir, eine Handvoll ABC-Schützen aus der Grundschule eines kleinen Dorfes im Dachauer Hinterland, brachten so manchen geheimnisvollen Schatz in diese Hecke, hielten unsere Versammlungen ab und baldowerten harmlosen Schabernack aus.

Nicht, dass ich nicht gerne gekuschelt habe oder mit Puppen gespielt hätte. Ich liebte meine „Negapubbi“, bekochte sie liebevoll in meiner Puppenküche und habe sie später, immer noch heiß geliebt, an meine erste Nichte weiter vererbt. Ich wurde auch nicht emotional von meinen Eltern oder meiner Familie vernachlässigt, und da weder die Emanzipation eine große Rolle spielte, noch Schulen pädagogisch wertfrei waren, durfte ich als ziemlich normal und durchschnittlich gelten. Nein, es war vielmehr so, dass alle typischen Mädchenspiele und -aktionen mir unglaublich langweilig erschienen.

Ein Mäderl sollte sich nicht dreckig machen, es sollte nicht auf Bäume oder Zäune steigen. Alles was interessant erschien Frösche, Kaulquappen, Eidechsen, Mäuse, Vogelnester, Weberknechte, Fliegen, die man fangen und dressieren konnte, Wasserläufe, Pfützen, Steine, Felsen usw. sollten ein Mädchen eher ängstigen als brennend interessieren.

Dagegen hätte man Zöpferl flechten, häkeln, sticken und stricken lernen sollen. Kratzige Strumpfhosen aus einer Kunstfaser namens Helanca, unbequeme und dazu unpraktische Schuhe UND! Kleiderl waren die gängige Kleidungstücke. Ebenso hatte ein Mäderl vermehrt auf völlig übertriebene Körperpflege zu achten. Haare, Ohren, Hände einschließlich der Fingernägel musste man als Mädchen schon sehenswert halten. Was für eine Zeitverschwendung! Ebenso sah man es zu dieser Zeit nicht gerne, wenn ein eher zierliches Mädchen seine Vorzüge oder sein Können in körperlich orientierten Bereichen beweisen wollte. Es sollte nicht unbedingt als Beschützer von Schwächeren auftreten, weder für vermeintlich schwächere Mädchen, und schon gar nicht für Jungs.

Bis heute hab ich noch nicht wirklich den Umgang mit Kosmetika und Mode gelernt. Trotzdem passte ich mich im Laufe der Jahre an, und sehe so manches Mal ganz annehmbar aus. Ich kann mittlerweile nicht nur eine sehr feminine Seite zeigen, sondern es gefällt mir sogar, manchmal.

Aber zu meinen Disco-Zeiten trug ich nur selten Kleider, geschweige denn Minis. Waren doch meine Schienbeine meistens ziemlich zerschrammt von unterschiedlichsten Freizeitaktionen. Ein nicht wirklich dramatischer Umstand,dieser wurde aber ein kleines Problem, weil mich die begehrenswerten Jungs, in meinem sportlich-praktischen Outfit, nur als „Pferde-stehl-Spezl“ oder Kummerkasten für ihre Beziehungen mit Mädels ansahen.

Aus dieser Zeit ist mir das völlige Desinteresse an femininen Modetrends geblieben und eine dazu gehörende Begeisterung für Produkte mit Markennamen fehlt mir ebenso.

Aber der Hang, mich Herausforderungen zu stellen, die ein bisschen mit Abenteuer und Freiheit zu tun haben, steckt seitdem in mir. Alles Außergewöhnliche und Fremde fasziniert mich, negativ und positiv. Und Sätze wie „das ist nichts für Dich“ oder „das schaffst Du sowieso nicht“, sind die Garantie dafür, das ich zu Höchstleistungen auflaufe und selten locker lasse.

So wurde ich z.B. Maler und Lackierer, natürlich mit bestandener Gesellenprüfung. Ich lernte das Skifahren durch und mit einheimischen Tiroler Kindern, wild und quer durch die Wälder. Konnte Schneeketten alleine im Dunkeln am Berg anlegen, ließ mich in eine Gletscherspalte abseilen, bestieg den Großvenediger in Österreich und erlebte noch die eine oder andere Kuriosität mehr.

Ich wurde auf meine Weise erwachsen, habe meinen Lebenspartner gefunden und mit ihm zwei Kinder bekommen und groß gezogen.Und bis zu unserem 13 Ehejahr hatte ich den kleinen Abenteurer in mir etwas in den Hintergrund geparkt.

Ehe, Kinder und Familie waren eine ganz andere Art von Herausforderung, die mich faszinierte, unheimlichen Spaß machte, mich körperlich und nervlich forderte, aber auch immense Energie und Stärke gab. Ein ganz einmaliges, besonderes und anderes Abenteuer.

Im Frühjahr 2002 lag unser Steuerbescheid im Briefkasten und läutete einen neuen Abschnitt in meinem Leben ein.

Prinzessin oder Räuber

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