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Gleich nach dem Begräbnis bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten

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Das Verhältnis der Familie Kröger zur römisch-katholischen Kirche war ein grundsätzlich gutes, so wie es üblich ist in kleinen Städten im Norden. In Hamm war die Aufteilung der Glaubensgemeinschaften immer ziemlich ausgeglichen mit 50 Prozent Katholiken und 50 Prozent Protestanten. Wir Kinder wurden im christlichen Sinne erzogen, so wie das auch schon bei meinen Eltern der Fall war. Wir waren nicht strenggläubig, auch der obligatorische sonntägliche Kirchgang war nicht üblich, aber wir glaubten an Gott und sahen einen Sinn in dessen weltlicher Dependance, der Kirche.

Aus dem Religionsunterricht konnte ich einiges fürs Leben mitnehmen. Was ich aber gehasst habe, war das sinnlose Auswendiglernen von Psalmen oder Gedichten. Keiner erklärte uns, warum wir das machen sollten, und so artete es in Zwang aus. Vielleicht war ich deshalb nie im Kirchenchor und habe nie als Ministrant bei einem Gottesdienst assistiert.

Im Zusammenhang mit der christlichen Lehre hat mich in meiner schwarz-weiß gefärbten jugendlichen Welt vor allem die Frage nach dem Guten und dem Bösen, nach Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit interessiert. Aber dafür habe ich schon damals nicht unbedingt die katholische Kirche benötigt. Jede Religion, ob Islam, Buddhismus oder Christentum, richtet nach gewissen Gesetzmäßigkeiten, also ist es im Prinzip ziemlich egal, an welchen Gott man glaubt. Regeln, denen man sich unterwerfen muss, haben sie alle – ob beim Chanten, beim Beten in Richtung Mekka oder bei den Ritualen im Katholizismus.

Die katholische Sichtweise „Bist du gut, kommst du in den Himmel; bist du böse, schmorst du in der Hölle“ habe ich schon früh abgelehnt. Wer sagt denn, dass es da oben über den Wolken schöner ist als unten, wo es doch viel wärmer ist? Mir haben immer die Beweise gefehlt, um daran glauben zu können.

Greg, mein erster Freund, mit dem ich in Berlin zusammengelebt habe, war praktizierender Buddhist, und soweit ich weiß, ist er es heute noch. Durch ihn habe ich einen kurzen Ausflug in eine andere spirituelle Welt unternommen. Das war sehr aufschlussreich und ich konnte sinnvolle Anregungen für mein geistiges Leben übernehmen. Es ist mir einmal mehr klar geworden, dass man keinen Ort oder Katalysator braucht, um mit seinem Gott oder mit Jesus sprechen zu können.

Den Glauben an religiöse Institutionen verlor ich schon bald. An ein antiquiertes Wesen, das man mit Wünschen und egozentrischen Fürbitten überhäufen muss, konnte ich nicht glauben. Ich glaube an eine höhere Macht als Energie- und Kraftquelle in allen Lebenssituationen. Jeder muss wissen, wie er mit seinem Gott umgeht, wie er ihn erreichen kann, aber sicher nicht durch Institutionalisierungen. Ich habe mich richtig geschämt für die Bild-Schlagzeile „Wir sind Papst!“ und zweifle sehr daran, dass selbst ein aufgeschlossener Papst wie Franziskus irgendetwas an dem mittelalterlichen System der Kirche verändern kann. Da müsste zuerst die gesamte Menschheit aus Fehlern lernen. Der Mensch ist und bleibt ein Wiederholungstäter. Die Kirche bietet die Möglichkeit der Vergebung: Du betest fünf Vaterunser und schon ist eine Tat, eine Absicht, ein Fehlverhalten nicht mehr existent. Sehr clever, aber einen Tatbestand kann man nicht wegbeten.

Das eigentliche Manko in unserer Gesellschaft ist das Fehlen jeglicher sozialer Intelligenz und Eigenverantwortlichkeit. Ab und zu bin ich einem liberalen, aufgeschlossenen katholischen Pfarrer begegnet oder habe mit strenggläubigen Fans wunderbare Gespräche über Gott und die Welt geführt, aber grundsätzlich ist es mir völlig egal, welches Buch jemand zur Hand nimmt. Mir geht es um jene entscheidenden Parallelen, die in allen Religionen gesetzmäßig verankert sind: Nächstenliebe, Respekt und ein Leben in Frieden mit sich selbst und der Welt.

Weder Frieden noch Respekt habe ich durch das Begräbnis meines Vaters erfahren dürfen. Der Pfarrer hat, obwohl er meine Eltern seit vielen Jahren kannte, am Anfang nicht einmal unseren Namen richtig ausgesprochen, die Grabrede war eine emotionslose Angelegenheit, und als negative Krönung wäre den Totengräbern beinahe der Sarg entglitten und in die Grube gerumpelt. Ein Horror. Mein Vertrauen in die Kirche wurde durch dieses nachhaltige Ereignis mit einem Schlag zerstört. Da zahlt man, wie mein Vater, ein ganzes Leben lang für ein schönes Begräbnis ein und bekommt eine erbärmliche Beerdigung.

Gleich am Tag danach bin ich aus der Kirche ausgetreten. Mein Entschluss, mit der Kirche zu brechen, war richtig, und kirchlich heiraten werde ich wohl auch nie.

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